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«Ernährungssouveränität: ein Ja für unsere lokale Landwirtschaft»

Swissinfo Redaktion

Die Initiative für Ernährungssouveränität stärke den direkten Handel zwischen Bauern und Konsumenten sowie die regionalen Strukturen, was Arbeitsplätze auf den Höfen und im ländlichen Raum sichere, schreiben Ulrike Minkner und Mathias Stalder von Uniterre, der Westschweizer Bauerngewerkschaft.


Standpunkt

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Die Agrarpolitik (AP) und der Zahlungsrahmen für Direktzahlungen werden jeweils im hektischen 4-Jahres-Rhytmus neu diskutiert und festgelegt. Vereinbarungen aus der letzten AP, auf die sich Bäuerinnen und Bauern verlassen haben, werden bereits wieder in Frage gestellt.

Die Initiative für Ernährungssouveränität gibt der Politik über eine Ergänzung in der Verfassung eine stabile und zukunftsfähige Ausrichtung und den Konsumenten und Konsumentinnen sowie Bäuerinnen und Bauern verlässliche und nachhaltige Rahmenbedingungen.

Freie Märkte führen nicht zu befreiten Bauern. Anfang November 2017 brüskierte der Bundesrat mit der «Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik» die bäuerlichen Organisationen, aber auch die Stimmbevölkerung. Diese hatte sich am 24. September deutlich mit knapp 78% Ja-Stimmen für den Gegenentwurf zur Ernährungssicherheits-Initiative und für die einheimische Agrarwirtschaft ausgesprochen.  

Was kommt auf uns zu? Die Politik des Bundesrats, den Markt weiter zu liberalisieren und Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten (u.a. Brasilien und Argentinien) sowie Malaysia und Indonesien (Palmölproblematik) auszuhandeln, kollidiert mit diesem klaren Votum. Das Ziel: Normen und Handelsregeln sollen abgebaut werden.

Das Votum des St. Galler Bauernvertreters und Nationalrats Walter Müller (FDP.Die Liberalen) «Schweizer Löhne gleich Schweizer Preise für Nahrungsmittel. (…) Grenzschutz für Löhne verlangt nach Grenzschutz für Agrarprodukte; so einfach ist das», ist sehr klar.

Eine Frau lacht in die Kamera
Ulrike Minkner ist Bäuerin in Mont Soleil und Mitglied des Führungsteams von Uniterre seit 2010. zvg

«Gleich lange Spiesse für alle!» Die Zukunft beschert uns weitere Initiativen, gerade weil gesunde Ernährung ein grosses Anliegen der Bevölkerung geworden ist. Die kommenden Initiativen (Trinkwasser-Initiative, Pestizidfreie Schweizer Landwirtschaft, keine Massentierhaltung, u.a.) fordern höhere Standards für die Produktion von Lebensmitteln hier in der Schweiz.

Werden diese auch angenommen, hätten die Bäuerinnen und Bauern immerhin den Trumpf in der Hand, dass auch importierte Lebensmittel diesen hohen Standards entsprechen müssen. Das wird für den Erhalt der Landwirtschaft in der Schweiz entscheidend sein.

Setzen wir die richtigen Rahmenbedingungen. Die Schweiz schützt den heimischen Markt bereits heute und reguliert die Einfuhrmengen. Die Initiative fordert nicht mehr Regulierungen des Marktes, sie fordert eine Regulierung nach anderen Kriterien. So würde nicht wie heute einzig die Menge gesteuert, sondern es würden Qualitätsstandards abgefragt.

Regulierende Massnahmen wie Zollschutz beibehalten. Wir fordern das Beibehalten eines differenzierten Zollschutzes bis hin zu Importverboten (Artikel 18 des Landwirtschaftsgesetzes) auf Produkte, die unsere Standards nicht erfüllen (z.B. Hormonfleisch, GVO).

Der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann stellt denn auch klar fest: «Zölle sind weltweit keine Ausnahme, sondern die Regel. Also halten wir uns daran. Wenn wir eine wirklich nachhaltige Landwirtschaft ausgestalten möchten, gilt es ökologische, soziale wie auch ökonomische Aspekte zu vereinen, wie die Initiative für Ernährungssouveränität dies tut.»

Kein Dumping mit Überschüssen. Eine zukunftsgerichtete Milchmarktordnung braucht ein funktionierendes Mengenanpassungssystem, um auf Marktschwankungen reagieren zu können. Das bedeutet keine staatliche Mengensteuerung oder Preisfixierung, sondern Rahmenbedingungen, die das Angebot auf die Bedürfnisse abstimmen können.

Nehmen wir den Milchmarkt als Beispiel. Seit über zehn Jahren wird zu viel Milch produziert, was zu Überschüssen führt. Diese werden dann zu Dumpingpreisen im Ausland «entsorgt». Leidtragende sind die Milchbauern hüben wie drüben.

Lenkungsmassnahmen, die den Staat entlasten. Ernst Frischknecht, Biobauern, schreibt dazu: «Die Initiative ist nicht nur aus volkswirtschaftlicher und unternehmerischer Sicht das Vernünftigste, sie führt auch zu den billigsten und effizientesten Lenkungsmassnahmen.»

Frischknecht führt weiter aus: «Eine mit hohen Betriebsmittel-Importen auf möglichst hohe Ertragsmenge ausgerichtete Landwirtschaft täuscht eine falsche Sicherheit vor. Mit der Annahme der Initiative wird die Landwirtschaft vom teuren Sorgenkind, zum geschätzten Partner einer nachhaltigen Volkswirtschaft.»

Echte Lösungen aus der Klimakrise. Der Weltagrarbericht (2008) sowie die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Hungers und zur Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft sind wichtige Wegweiser für unsere Initiative. Auch die Klimaszenarien sind eindeutig: Hitzewellen, Starkniederschläge, sprich Wetterextreme, nehmen zu. Die Landwirtschaft muss sich darauf einstellen. Lokal angepasste Sorten, artenreiche, ressourcenschonende Agrarökosysteme sind die Antworten.

Demokratisierung versus Monopolisierung. Die Initiative stärkt den direkten Handel zwischen den Bäuerinnen und Bauern und den Konsumentinnen und Konsumenten sowie die regionalen Verarbeitungs-, Lagerungs- und Vermarktungsstrukturen. Das sichert und schafft Arbeitsplätze auf den Höfen und im ländlichen Raum und schlägt Brücken zwischen Stadt und Land. Es ermöglicht gerade der jungen Generation, wieder eine Zukunft in der Landwirtschaft zu finden.

Die Initiative für Ernährungssouveränität bietet uns die einzigartige Möglichkeit, die Verantwortlichen zum Umdenken aufzufordern, und dies mit der aktiven Mitsprache der Bevölkerung. Sie fordert einen Wechsel von einer Agrarpolitik hin zu einer Politik, die den Menschen, die Umwelt, die Natur und eine gesunde lokale Produktion von Lebensmitteln ins Zentrum rückt. Eine sichere Ernährung ist eine globale Herausforderung.

Stadt und Land, solidarisch mit unseren Kolleginnen und Kollegen weltweit. Mit Ihrem «Ja» können Sie diese Anliegen am 23. September 2018 in die Debatte über unsere zukünftige Ernährungspolitik einbringen. Mehr Informationen unter www.ernährungssouveränität.ch.

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