«Ja» zur Hornkuh-Initiative «für das Tierwohl»
Ein Verfassungstext, der das Enthornen von Kühen nicht verbietet, sondern die Landwirte ermutigt, diese Praxis im Namen des Tierschutzes aufzugeben. Der grüne Nationalrat Michael Töngi fordert das Schweizer Stimmvolk auf, am 25. November die Hornkuh-Initiative anzunehmen.
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Kühe und Hörner: Das gehört für uns zusammen – nicht umsonst hat die Milka-Kuh oder jene von Swissmilk Hörner. Kein Werber würde auf hornlose Kühe setzen. Doch die Realität in den Ställen sieht anders als in der Werbung aus: Immer mehr Kühe werden enthornt. Wenige Wochen nach der Geburt werden den Kälbern die Hornansätze ausgebrannt.
Tierhörner sind aber kein totes Material: Sie sind durchblutet, von Nerven durchzogen und sie wachsen das ganze Tierleben lang. Sie sind wichtig für das Sozialverhalten der Tiere, für ihre Kommunikation untereinander, aber auch für die Hygiene. Wenn Tiere mit Hörnern zur Welt kommen, so gehören diese auch zum Tier.
Die Folgen des Enthornens haben weder Regierung noch Parlament interessiert: Es gebe keine Hinweise, dass die Tiere unter der Enthornung litten, wurde argumentiert, und die Regierung lehnte eine Studie ab, um das Thema vertiefter zu diskutieren.
Im letzten Sommer – gerade nach der Parlamentsdebatte – wurden nun Zwischenresultate einer Untersuchung publik. Sie geben zu denken: Viele Kälber leiden auch Monate nach der Enthornung unter einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit. Sie spüren schon bei leichter, normalerweise nicht schmerzhafter Berührung Schmerz und reagieren empfindlicher auf schmerzhafte Reize als nicht enthornte Artgenossen.
Die Langzeitschmerzen von Kälbern dürfen uns nicht egal sein. Wissenschaftler von Agroscope weisen zudem darauf hin, dass Kühe mit Hörnern sorgfältiger miteinander umgehen. Während diese ihre Kämpfe um die Rangfolge oft ohne Körperkontakt austragen, käme es bei Streitigkeiten unter Kühen ohne Hörner häufiger zu Kopfstössen und Verletzungen.
Wer sich für das Tierwohl einsetzen will, unterstützt Landwirte, wenn sie ihre Tiere nicht enthornen. Im Laufstall brauchen sie etwas mehr Platz und etwas mehr Betreuung.
Genau hier setzt die Initiative an. Bereits heute verlangt die Bundesverfassung wirtschaftlich lohnende Anreize für eine besonders naturnahe, umwelt- und tierfreundliche Landwirtschaft. Neu wird festgehalten, dass auch die Haltung von Tieren mit Hörnern wirtschaftlich lohnenswert sein soll.
Dies lässt sich problemlos in die heutige Landwirtschaftspolitik der Schweiz integrieren. Sie kennt verschiedene Förderinstrumente und hat gute Erfahrungen mit der Förderung tierfreundlicher oder ökologischer Standards gemacht. Dabei würde es um nur gerade etwa ein halbes Prozent des Landwirtschaftsbudgets des Bundes gehen.
Die Initiative fordert also nicht, dass alle Tiere Hörner tragen müssen. Sie setzt auf Freiwilligkeit, auf den Entscheid der Bäuerinnen und Bauern und will einzig den Mehraufwand fair entschädigen. Das ist ein milder Ansatz.
Die Initiative ist ein Musterbeispiel eines Engagements für die Sache: Der Landwirt und Initiant Armin Capaul hat sein Ziel von den jurassischen Hügeln aus mit Leidenschaft verfolgt. Erst nachdem sein Anliegen bei Gesprächen, Briefen, parlamentarischen Vorstössen und einer Petition keinen Erfolg hatte, lancierte er die Volksinitiative. Ohne grosse Organisation im Rücken kam die Initiative zu Stande.
Die Sammlung von 120‘000 beglaubigten Unterschriften hätte dem Parlament einen Wink sein sollen, das Anliegen jetzt ernst zu nehmen. Doch weit gefehlt: Das Parlament zeigte trotz dieser eindrücklichen Aktion dem Anliegen die kalte Schulter. Es verweigerte einen Gegenvorschlag und die Integration der Förderung behornter Tiere in die aktuelle Landwirtschaftspolitik. Darum braucht es von den Stimmberechtigten jetzt eine Korrektur und ein Ja zur Hornkuh-Initiative.
Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind jene des Autors und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.
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