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«Wer rechnet, stärkt die AHV»

Swissinfo Redaktion

Eine Erhöhung der Renten um 10%, wie es die Volksinitiative "AHVplus" vorsehe, sei finanzierbar, sagt Vania Alleva. Laut der Präsidentin der Gewerkschaft Unia führt eine Annahme der Initiative zu einer Stärkung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), "als stabilste, fairste und günstigste Säule" des Schweizer Rentensystems.

Am 25. September geht es um die Zukunft unserer Altersvorsorge. Die Lage ist dramatisch: In der 2. Säule senken die Pensionskassen Jahr für Jahr die Renten. Die rechtsbürgerliche Mehrheit im Parlament will zudem mit der «Altersvorsorge 2020» weitere massive Rentenkürzungen und das Rentenalter 67 für alle durchsetzen – nicht umsonst sprechen die Medien bereits von einem «Rentenmassaker».

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Die Volksinitiative AHVplus will diesen Rentenabbau stoppen. Mit AHVplus werden die AHV-Renten um 10 Prozent erhöht. Das sind im Schnitt pro Monat 200 Franken mehr für Alleinstehende und 350 Franken mehr für Ehepaare. Das ist dringend notwendig, denn die AHV-Renten hinken seit langem der Lohnentwicklung hinterher. Gleichzeitig steigen Krankenkassenprämien und Pflegekosten ungebremst an. Wir sagen: Wer ein Leben lang gearbeitet hat, hat ein Recht auf eine sichere und anständige Rente.

AHVplus ist finanzierbar

AHVplus kostet rund 4 Milliarden Franken. Das ist finanzierbar. Wir alle bezahlen die AHV mit Abzügen von unserem Lohn. Eine leichte Anhebung der Lohnbeiträge um 0,4% für Arbeitnehmer und Arbeitgeber reicht aus, um AHVplus zu finanzieren. Für einen Angestellten mit einem Bruttolohn von 5000 Franken kostet das nur 20 Franken im Monat. Dafür erhält er nach der Pensionierung monatlich 200 Fr. mehr Rente.

Vania Alleva, 47, ist seit 2012 Präsidentin der Gewerkschaft Unia. Zunächst leitete sie die grösste Gewerkschaft der Schweiz im Job-Sharing mit Renzo Ambrosetti. Als dieser 2015 in Rente ging, wurde Alleva zur alleinigen Präsidentin gewählt. Sie arbeitet seit den 1990er-Jahren bei der Gewerkschaft, wo sie zuvor verschiedene Führungspositionen innehatte. Keystone

Zum Vergleich: Bei einer Pensionskasse müsste jemand 40’000 Franken ansparen, um später 200 Franken mehr Rente pro Monat zu erhalten. Das private Sparen in der 3. Säule ist sogar noch teurer und nur für Leute mit sehr hohem Einkommen überhaupt eine Option. Das zeigt: Wer rechnet, stärkt die AHV!

AHVplus stärkt die AHV als stabilste, fairste und günstigste Säule unserer Altersvorsorge. Die AHV ist stabil, weil die Beiträge im Umlageverfahren direkt als Renten ausbezahlt werden. Im Gegensatz zu den Pensionskassen ist die AHV nicht Zinsschwankungen und Spekulation an den Finanzmärkten ausgesetzt.

Die AHV ist fair, weil sie solidarisch finanziert wird: Auch Superreiche zahlen auf ihrem gesamten Einkommen AHV-Beiträge, erhalten aber die gleiche Maximalrente (2350 Fr.) wie alle anderen. Dieser solidarische Grundgedanke hat die AHV als zentrale soziale Einrichtung unseres Landes stark gemacht.

Die AHV ist auch günstig: Dank des genialen Finanzierungssystems, das die Lohnentwicklung und Produktivität berücksichtigt, mussten die Beiträge seit 40 Jahren nie erhöht werden, obwohl sich die Zahl der Rentner und Rentnerinnen mehr als verdoppelt hat. Die Renten werden immer problemlos ausbezahlt, und die AHV verfügt über Reserven von über 44 Milliarden Franken.

Ein guter Deal für Frauen und Junge

Frauen profitieren besonders von AHVplus. Für fast 40 Prozent der Frauen ist die AHV im Alter das einzige Einkommen – sie sind existenziell auf gute AHV-Renten angewiesen. Jene Frauen, die eine Pensionskasse haben, erhalten im Schnitt nur halb so hohe Renten wie die Männer. Grund dafür sind Beitragslücken wegen Lohnungleichheit, Babypausen oder Teilzeitarbeit. Die AHV trägt demgegenüber der Erziehungs- und Betreuungsarbeit Rechnung. Hier sind die Renten zwischen Mann und Frau im Schnitt fast gleich hoch.

Auch für die jüngere Generation ist AHVplus ein guter Deal. Viele junge Menschen arbeiten nach ihrer Ausbildung zuerst in schlecht bezahlten Praktika und Mini-Jobs. Oft können sie kaum etwas in eine Pensionskasse einzahlen. Der Aufbau einer 2. Säule kommt sie viel teurer zu stehen als die AHV, wo die Beiträge deutlich günstiger sind als bei den Pensionskassen.

Das heisst, mit einer Stärkung der AHV bleibt jungen Menschen mehr Geld zum Leben – gerade in Zeiten, in denen sie es am nötigsten haben, etwa als junge Eltern. Eine starke AHV hält den Jungen den Rücken frei und sichert die Renten für die Zukunft.

Ob jung oder alt, ob in Ausbildung, berufstätig oder bereits pensioniert: Wer rechnet, stärkt die AHV. Aus diesem Grund empfehle ich allen, am 25. September ein Ja für AHVplus einzulegen.

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind ausschliesslich jene der Autorin und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.

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