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China-Besuch zeigt Risse auf in der Schweizer Neutralität

Daniel Warner

Der jüngste Besuch von Bundespräsident Ueli Maurer in China zeigt die Komplexität der Neutralität der Schweiz angesichts der aktuellen geopolitischen Gegebenheiten.

Maurers Aufenthalt in China während sieben Tagen und Teilnahme am zweiten Belt-and-Road-Forum zur internationalen Zusammenarbeit wirft Fragen auf. Er unterzeichnete eine Absichtserklärung mit China, die sich auf Finanzen und Handel konzentriert, und hatte sogar ein offizielles bilaterales Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping.

Um seine Teilnahme am Forum zu rechtfertigen, das von den USA und Indien gemieden wurde, sagte Maurer, der Grund für die Teilnahme sei es, einen Beitrag zur Unterstützung der Initiative Belt and Road (BRI) zur Entwicklung der Beziehungen zwischen Asien und Europa zu leisten.

Er sagte auch, dass die Initiative «bei reibungsloser Umsetzung viele Vorteile für die wirtschaftliche Entwicklung und das Wohlergehen der Menschen weltweit mit sich bringen wird».

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Enthusiasmus und Angstzustände

In Europa löste die chinesische Initiative insbesondere in den italienischen Häfen von Triest und Genua sowie in Griechenland wegen der chinesischen Investitionen im Hafen von Piräus Begeisterung aus.

Aber es gibt auch eine enorme globale Angst vor dem wachsenden chinesischen Einfluss. Chinas umfangreiche Kredite – insbesondere an Länder in Afrika und Lateinamerika – wurden als «Diplomatie der Schuldenfalle» verspottet, mit Hinweis auf das Beispiel in Sri Lanka, wo China den Hafen Hambantota übernahm, als die Regierung ihren Kredit nicht zurückzahlte.

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Daniel Warner ist ein schweizerisch-amerikanischer Politikwissenschaftler und ehemaliger Stellvertreter des Direktors des Graduate Institute in Genf. Courtesy

Abwesenheit der USA und neue Neutralität

US-Präsident Donald Trump hat sich auf dem BRI-Gipfel nicht den 37 Staatschefs angeschlossen. Es gab auch keine anderen amerikanischen Vertreter. «Wir werden weiterhin Bedenken hinsichtlich undurchsichtiger Finanzierungspraktiken, schlechter Regierungsführung und Missachtung international anerkannter Normen und Standards äussern, die viele der Standards und Prinzipien untergraben, auf die wir uns verlassen, um eine nachhaltige, integrative Entwicklung zu fördern und Stabilität und eine regelbasierte Ordnung aufrechtzuerhalten», sagte Robert Palladino, Sprecher des US-Aussenministeriums, als er die Abwesenheit der USA begründete.

Besteht die Gefahr, dass die Teilnahme Maurers am BRI-Forum die USA vor den Kopf stösst? (Es gibt immer noch keinen US-Botschafter bei den Internationalen OrganisationenExterner Link in Genf). Wirft Maures Teilnahme Fragen über die Neutralität der Schweiz auf?

Ein namhafter Schweizer Jurist beschrieb mir seine gesamte Karriere in der Schweizer Regierung damit, dass er sich der Analyse der Nuancen eines Wortes widmete – nämlich der Neutralität. In diesem Fall erfordert die wachsende Rolle Chinas und der «Firstismus» der USA eine ernsthafte Analyse der Position der Schweiz gegenüber China und was diese für die Neutralität bedeutet. Neutralität ist ein sich entwickelndes Konzept.

Pragmatisch oder riskant?

Während der ersten Übersee-Reise von Präsident Xi Jinping im Jahr 2017 besuchte dieser das Büro der Vereinten Nationen in Genf und sprach vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos. In seinen Reden lobte er den Multilateralismus und bekräftigte Chinas Interesse an einer aktiven Beteiligung an der Global Governance.

Ueli Maurers Reise kann als pragmatische Anerkennung der wachsenden Bedeutung Chinas angesehen werden. Sie wirft jedoch Fragen nach der Neutralität der Schweiz und ihrer Rolle bei der Förderung traditioneller liberaler Werte auf.

(In diesem kürzlich veröffentlichten Cartoon des Schweizer Karikaturisten Patrick Chappatte sagt der chinesische Präsident seinem Schweizer Kollegen: «Wir rollen die Seidenstrasse für Sie aus!»).

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Schweizer Seelensuche

Nicht jeder in der Schweiz ist mit der Politik der Regierung gegenüber China zufrieden. In finanzieller Hinsicht besteht die offensichtliche Sorge, dass China wichtige Schweizer Unternehmen kaufen könnte. China kontrolliert bereits mehr als 80 Schweizer Unternehmen mit einem Gesamtwert von 46 Milliarden Franken. Und es gibt Bedenken hinsichtlich der Menschenrechts-Situation in China.

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Viele in der Schweiz erinnern sich auch an den Vorfall, als pro-tibetische Demonstranten den Besuch des damaligen chinesischen Präsidenten Jang Zemin im Schweizer Parlament 1999 störten.

Und die Genfer Journalisten werden sicherlich nicht vergessen, wie ihnen die Berichterstattung über die Schlussrede von Präsident Xi Jinping während des Besuchs in der Schweizer Stadt im Januar 2017 verwehrt wurde und 1600 Mitarbeiter der Vereinten Nationen gebeten wurden, den «Palais des Nations» zu verlassen, um Platz zu schaffen für die Ankunft von 200 Mitgliedern einer chinesischen Delegation und 800 geladenen Gästen.

Ein prominenter schwedischer Diplomat beschrieb mir gegenüber Neutralität einmal einfach als «die Aussenpolitik eines kleinen Landes, umgeben von grossen Nachbarn». Aber neutral zu sein ist nicht so einfach. Mit den rasanten Veränderungen in der globalen Geopolitik ist die Neutralität der Schweiz nicht mehr das, was sie in der unmittelbaren Nachkriegszeit war, als sie als zuverlässiger Vermittler zwischen dem Sowjetblock und dem Westen diente, wie das Gipfeltreffen Reagan/ Gorbatschow von 1985 in Genf zeigte.

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