Maurers Besuch zeigt das Potenzial der Schweiz im US-Iran-Konflikt
Das Treffen des Schweizer Bundespräsidenten Ueli Maurer mit US-Präsident Donald Trump in Washington war ein einzigartiges bilaterales Ereignis im Moment zunehmender Spannungen zwischen den USA und dem Iran. Obwohl nicht klar ist, was die beiden genau besprochen haben, hat sich die Presse auf die Rolle der Schweiz in der Konfrontation zwischen Iran und den USA konzentriert.
Die genaue Art des Treffens zwischen Maurer und Trump in Washington bleibt unklar. Auf amerikanischer Seite gibt es auch keine Klarheit, was die Position zum Iran betrifft.
«Man kann nur spekulieren, warum Bundespräsident Maurer und US-Präsident Trump nicht mehr über das Treffen zu sagen hatten.»
Seit Anfang Mai haben die Vereinigten Staaten eine zunehmende iranische Aggression im Persischen Golf festgestellt, einschliesslich der Unterstützung militanter Gruppen und bestimmter Stellvertreter in der Region.
Die Amerikaner behaupten, Fotografien zeigten, dass iranische Raketen von paramilitärischen Kräften auf kleine Boote im Golf geladen werden. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass sich der Iran darauf vorbereitet, amerikanische Truppen und Interessen anzugreifen.
Als Reaktion darauf ordnete das Aussenministerium eine Teilevakuierung der US-Botschaft in Bagdad an. Ein Flugzeugträger, Langstreckenbomber und andere militärische Ausrüstung wurden in die Region entsandt.
Der nationale Sicherheitsberater John Bolton, ein starker Befürworter eines Regimewechsels in Iran und auch in Venezuela, war bei der Unterredung zwischen Trump und Maurer im Oval Office dabei.
ist ein schweizerisch-amerikanischer Politikwissenschaftler und ehemaliger stellvertretender Direktor des Graduate Instituts (HEI) in Genf.
Bolton und Aussenminister Mike Pompeo sind führende Befürworter einer zunehmend härteren Gangart gegen den Aggressor Iran. Sie fordern eine starke amerikanische Reaktion, verbunden mit der Option, 120’000 US-Soldaten in die Region zu schicken.
Derweil zögern Mitglieder des US-Parlaments, europäische Spitzenpolitiker, Iraker und auch einige Mitglieder der Trump-Administration, Iran als Aggressor zu bezeichnen.
Schliesslich waren es die Vereinigten Staaten, die sich aus dem Atomabkommen mit Iran zurückgezogen haben und weiterhin strenge Sanktionen verhängen.
«Tonkin»-ähnliche Spannung?
Die Debatte über Fotos von Raketen, die auf Boote geladen werden, erinnert an den berüchtigten Vorfall im Golf von Tonkin 1964. Damals hatte die US-Regierung behauptet, dass das Schiff USS Maddox von nordvietnamesischen Streitkräften angegriffen worden sei.
Der offizielle Bericht, in dem dargelegt wird, was passiert ist, bleibt bis heute umstritten. Es gibt Hinweise darauf, dass der «Vorfall» fälschlicherweise vorgebracht wurde, um eine verstärkte Beteiligung der USA am Vietnamkrieg zu rechtfertigen.
Warum aber sollte Donald Trump Spannungen mit dem Iran heraufbeschwören? Der Spielfilm «Wag the Dog» («Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt») stellt ein Szenario dar, in dem ein Krieg «fabriziert» wird, um die Aufmerksamkeit der Wählerinnen und Wähler von einem Sexskandal des Präsidenten abzulenken.
Wenn die Vereinigten Staaten in einen gewalttätigen Konflikt mit dem Iran verwickelt wären, könnte dies die Chancen einer Wiederwahl von Präsident Trump erhöhen. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Wähler in Krisenzeiten dazu neigen, den amtierenden Präsidenten wieder zu wählen – um der Stabilität willen.
Schweizer Expertise
Was auch immer der Grund für das Maurer-Trump-Treffen ist: Das Image der Schweiz als wichtiges neutrales Land, das seine traditionellen guten Dienste anbietet, wurde gestärkt. Obwohl: Die Schweizer Gäste und das Treffen im Oval Office wurden in der amerikanischen Presse kaum erwähnt. Diese fokussiert hauptsächlich auf Spannungen innerhalb der US-Regierung.
Die Schweiz hat eine echte Chance, zur Entschärfung der US-iranischen Spannungen beizutragen. Vertritt sie doch die amerikanischen Interessen in Iran seit der Krise um die US-Geiseln 1979.
Es ist wichtig, sich an die herausragende Rolle des damaligen Schweizer Botschafters Erik Lang und seiner Kollegen bei der Befreiung von 52 amerikanischen Diplomaten und Bürgern nach 444 Tagen Haft in Teheran zu erinnern.
Es gibt aber grosse Unterschiede zwischen der spezifischen Rolle der Schweiz bei der Bewältigung der Geiselkrise von 1979 und der grösseren, komplexeren Konfrontation von heute.
Man kann nur spekulieren, warum Bundespräsident Maurer und US-Präsident Trump nicht mehr über das Treffen zu sagen hatten. Ganz abgesehen davon ist der Besuch eines Schweizer Bundespräsidenten im Oval Office jedoch schon ein wichtiges Ereignis an sich.
Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind ausschliesslich jene des Autors und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.
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