Schweizer Rohstoffhändler an der Spitze der vorbildlichen Praxis
Am Dienstag berät der Ständerat den Vorschlag der Schweizer Regierung für mehr Transparenz im Rohstoffhandel. Die globalen Rohstoff-Player mit Sitz in der Schweiz sahen sich jüngst mit vermehrten Vorwürfen konfrontiert, in ihrer Tätigkeit Menschenrechte und Umweltstandards zu verletzen. Stéphane Graber, Generalsekretär des Schweizer Vereins des Rohstoffhandels und des Schiffstransportes (STSA), schreibt, weshalb die Schweiz einen Alleingang bei der Regulierung der Branche vermeiden sollte.
Der Bundesrat hat 2013 den Hintergrundbericht über Rohstoffe veröffentlicht. Darin unterstrich er die wirtschaftliche Bedeutung des Rohstoffhandels für die Schweiz, der 3,8% des Schweizer Bruttoinland-Produkts BIP ausmacht. Dazu schafft der Sektor zahlreiche Arbeitsplätze in allen Regionen der Schweiz.
Der Bericht betonte auch einige der Herausforderungen, denen der Rohstoffhandel gegenübersteht. Ebenso die Kritik einiger Nichtregierungs-Organisationen. Diese zeigt, dass es Lücken gibt im Verständnis von Rolle und Funktion des Rohstoffhandels.
In den fünf Jahren seit Veröffentlichung des Hintergrundberichts hat der Schweizer Verein des Rohstoffhandels und des Schiffstransportes (STSA)Externer Link das Gespräch gesucht. Abgestützt auf die Expertise aller ihrer Mitglieder, hat sich der STSA proaktiv und konstruktiv und an einer Multi-Stakeholder-Initiative beteiligt, an der auch die Schweizer Behörden und Vertreter der Zivilgesellschaft mitwirkten.
Resultat war die Ausarbeitung einer «Guidance on Implementing the UN Guiding Principles on Business and Human Rights (UNGPs)».Externer Link (Verhaltenskodex zur Umsetzung der UNO-Leitprinzipien über Wirtschaft und Menschenrechte).
Der neue Kodex wurde von den Schweizer Behörden am 28. November veröffentlicht. Es ist ein wichtiger Meilenstein in diesem Prozess des kontinuierlichen Dialogs. Der Kodex hilft, ein besseres Verständnis der Tätigkeit des Rohstoffhandels und der Herausforderungen betreffend Menschenrechten zu schaffen.
Er unterstreicht die Menschenrechte als zentrale Priorität für Unternehmen. Dazu sind praktische Beispiele aufgeführt, was bei der Umsetzung von den Unternehmen erwartet wird.
Der STSA setzt sich uneingeschränkt für die Stärkung der UNO-Leitprinzipien über Wirtschaft und Menschenrechte ein, auch mit dem neuen Verhaltenskodex. Dieses Engagement spiegelt sich in der Einführung eines speziellen Trainings zum STSA-Zertifikat über Wirtschaft und Menschenrechtewider, das am 13. November stattfand.
Die Vereinigung hat auch eine Online-Plattform aufgeschaltet,um den Austausch über bewährte Praktiken für Unternehmen, die im Rohstoffhandel tätig sind, zu erleichtern. Dieser Austausch hilft, Probleme anzugehen und zu lösen, mit denen beispielsweise kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU) konfrontiert sind. Diese verfügen oft nicht über die Mittel, um in Hochrisikoländern direkt mit lokalen Gemeinschaften in Kontakt zu treten. Sie müssen deshalb nach alternativen Wegen suchen, wie sie vorgehen sollen.
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Der STSA und ihre Mitglieder hören aber nicht hier auf. Sie haben sich als Mitglied des Beirats des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte (SKMR) aktiv am Aufbau einer nationalen Menschenrechts-Institution in der Schweiz beteiligt. Diese Institution basiert auf den Pariser Prinzipien der UNO von 1993.
Parallel dazu haben die STSA-Mitglieder ihre Systeme des Risikomanagements weiterentwickelt. Dies unter besonderer Berücksichtigung der Menschenrechte in einem zunehmend herausfordernden internationalen Umfeld. Zu diesen Herausforderungen gehören die negativen Auswirkungen auf die lokalen Gemeinschaften, falls sich ein Unternehmen nach der Verhängung von Sanktionen zurückzieht.
Angesichts des internationalen Charakters der Rohstoffhandels-Tätigkeit wären einseitige Massnahmen der Schweiz zur Bewältigung der Herausforderungen der modernen Lieferkette weitgehend wirkungslos. Eine angepasste Regulierung in diesem Bereich kann nur international und multilateral sein.
Aus diesem Grund sind der STSA und seine Mitglieder im Pilotprojekt zur Umsetzung des Kodex für eine verantwortungsvolle Versorgungskette in der Landwirtschaft der OECD-FAO aktiv (Guidance for Responsible Agricultural Supply Chains). Ziel des Projekts ist es, Unternehmen und Verbänden eine Plattform für den Austausch über vorbildliche beste Praktiken zu bieten.
Der STSA begrüsst den neuen Bericht der Schweizer RegierungExterner Link, der die aktuelle Situation und die Perspektiven des Schweizer Rohstoffsektors beurteilt. Aufbauend auf mehreren Vorberichten, die am 30. November veröffentlicht wurden, würdigt dieser Bericht die Arbeit, welche die Akteure des Rohstoffhandels in diesen fünf Jahren geleistet haben. Ebenso die Bedeutung der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Rohstoffhandels in der Schweiz, der 25 Milliarden Franken Umsatz für das Land beiträgt.
Die Schweiz bleibt ein attraktiver Standort, steht aber aufgrund der Attraktivität von Singapur, Dubai und London unter ständigem Druck. Die Sicherstellung guter Rahmenbedingungen ist daher entscheidend. In diesem Zusammenhang besteht die eigentliche Herausforderung darin, die best Practice der Schweiz weltweit zu verbreiten und für alle dieselben Bedingungen zu schaffen. Eine isolierte Aktion der Schweiz wird nicht dazu beitragen, die Ziele zur Verbesserung der Integrität der globalen Lieferketten zu erreichen.
Die Herausforderungen von morgen werden jedoch durch das Aufkommen neuer Technologien und die Digitalisierung völlig anders sein. Wir glauben, dass einige der hochkomplexen Themen wie Rückverfolgbarkeit oder Transparenz, mit denen wir heute konfrontiert sind, in naher Zukunft leichter angegangen werden können.
Die Sicherstellung guter Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, an der Spitze der Innovation zu stehen, wird daher für den Schweizer Rohstoffhandel in den kommenden Jahren entscheidend sein.
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