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Steuerabkommen: Der Widerstand eines Senators

Rand Paul stemmt sich als einziger Senator gegen das Abkommen mit der Schweiz. Reuters

Das Doppelbesteuerungs-Abkommen (DBA) zwischen der Schweiz und den USA ist im Kongress wegen dem Widerstand eines einzigen Senators blockiert. Insgesamt fallen die Reaktionen in den USA auf das neue Abkommen aber positiv aus.

Rand Paul, der Senator aus Kentucky und Sohn des republikanischen Abgeordneten Ron Paul aus Texas, ist der einzige, der sich im Senat offen gegen das 2009 von der Schweiz und den USA unterzeichnete DBA sperrt.

Dieser Widerstand verhindert, dass das Abkommen im Konsens verabschiedet werden kann. Dies ist ein «Schnellverfahren», das der Senat zur Verabschiedung der Mehrheit der Vorlagen nutzt, wenn diese einmal die Hürde der parlamentarischen Kommissionen genommen haben.

Der von den libertären Prinzipien seines Vaters inspirierte Rand Paul steht der ultrakonservativen Tea-Party-Bewegung nahe. Seiner Ansicht nach gibt das Abkommen der US-Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) zu viel Macht, zum Nachteil des Rechts auf Privatsphäre.

Durch seinen Widerstand erscheint Rand Paul sowohl als Verbündeter von Schweizer Bankkonten-Inhabern, die sich wegen der Steuerbehörde IRS Sorgen machen, als auch des Schweizer Bankgeheimnisses.

Das Büro des Senators aus Kentucky hat auf eine Interview-Anfrage von swissinfo.ch nicht reagiert. Der Sprecher der Schweizer Botschaft in Washington erklärte auf Anfrage, dass Botschafter Manuel Sager Senator Paul gegen Ende des letzten Jahres getroffen habe.

Gegen grössere Machtfülle des IRS 

«Der Botschafter hat ihn vor etwa vier Monaten im Senat getroffen. Dabei hat ihm Senator Paul erläutert, was ihn an dem Abkommen störe: Generell gesagt, befürchtet er, dass das Abkommen dem IRS zu viel Macht einräumt», erklärte Norbert Bärlocher.

Scott Michel, ein US-Anwalt, der Dutzende von Kunden der UBS und anderer Schweizer Banken gegenüber dem IRS und dem amerikanischen Justizministerium vertritt, bezeichnet die Blockadehaltung von Senator Rand Paul als «skandalös».

Ein ehemaliger hochrangiger Vertreter des US-Finanzministeriums, der unter Wahrung seiner Anonymität mit swissinfo.ch sprach, weil er erst jüngst von seinem Amt zurückgetreten ist, unterstrich, dass «es nichts Einfacheres gibt für einen Senator, als ein Steuerabkommen zu stoppen».

Er erklärt, dass die Mehrheit der Senatoren sich nicht wirklich für solche Fragen interessierten, nicht nur weil diese sehr technisch seien, sondern auch, weil sich ihre Wählerschaft nicht gross dafür interessiere. Angesichts der Passivität der Mehrheit der Senatoren zeige Rand Paul «seine Prinzipien», was die Begrenzung der Rolle der Regierung angehe, vor allem was das Steuerarsenal betreffe, erläutert diese Quelle weiter.

In der Tat hat der Widerstand von Senator Paul gegenüber dem Abkommen mehr zu tun mit seinen sehr klaren Positionen, was die Macht der Bundesregierung angeht, als mit der Schweiz.

Norbert Bärlocher, der Sprecher der Schweizer Botschaft, weist auch darauf hin, dass das «Abkommen mit der Schweiz nicht das einzige ist, das nicht vorankommt, auch andere Abkommen mit anderen Staaten» steckten in einer Warteschlaufe. In der Tat blockiert der unbeugsame Rand Paul auch die Verabschiedung von Steuerabkommen mit Luxemburg und Ungarn.

Mehrheitlich positive Reaktionen 

Wie auch immer, die Reaktionen auf die Verabschiedung des Abkommens und eines Zusatzes zum Amtshilfeverfahren durch das Schweizer Parlament im März sind in den USA mehrheitlich positiv ausgefallen.

So hat Donald Beyer, der US-Botschafter in Bern, den Entscheid des Parlaments als «sehr positive und nützliche Massnahme» bezeichnet. Auch der ehemalige Mitarbeiter des Finanzministeriums qualifiziert das Abkommen als «sehr positiv für beide Länder».

Der Anwalt Scott Michel unterstreicht seinerseits, das Abkommen falle für die USA besser aus als für die Schweiz. «Das Abkommen schwächt die Gesetzgebung zum Schweizer Bankgeheimnis und räumt den USA mehr Handlungsspielraum ein als vorher», schätzt er.

Nun auch Gruppenanfragen 

Aufgrund des neuen um einen Zusatz ausgeweiteten Doppelbesteuerungs-Abkommens (DBA) können die US-Behörden bei der Amtshilfe in Zukunft auch zum Mittel der so genannten Gruppenanfragen greifen, wenn Banken sich an gewissen «illegitimen Verhaltensmustern» beteiligt haben. Zum Beispiel, indem sie Kunden halfen, Offshore-Firmen zu gründen, deren Zweck es ist, Gelder vor dem Fiskus zu verstecken.

Das neue DBA geht deutlich weiter als das bisherige. Mit dem neuen DBA wird die Schweiz den USA in Fällen mutmasslicher Steuerdelikte auch bei Gruppenanfragen Amtshilfe leisten. Das heisst auch dann, wenn sich eine Anfrage auf mehrere Personen bezieht und diese nicht über Namen oder Kontonummern, sondern lediglich über Verhaltensmuster identifiziert werden. Bisher können die Steuerbehörden nur Informationen erhalten, wenn sie Kunden klar identifizieren können.

Zudem wird die Schweiz aufgrund des neuen Abkommens auch im Falle von mutmasslicher Steuerhinterziehung und nicht nur wie bisher bei Steuerbetrug Amtshilfe leisten.

Für den ehemaligen hochrangigen Mitarbeiter des amerikanischen Finanzministeriums wird das neue Steuerabkommen letzten Endes auch von den USA ratifiziert werden. «Ich bin sicher, dass der Senat das Abkommen letztlich billigen wird», erklärt er. «Niemand in Washington, egal ob Demokrat oder Republikaner, will als jemand wahrgenommen werden, der Steuerbetrüger umschmeichelt.»

Das am Rande der UBS-Affäre neu ausgehandelte Doppelbesteuerungs-Abkommen (DBA) wurde von den Regierungen der Schweiz und der USA im September 2009 unterzeichnet.

Internationale Abkommen wie das DBA müssen in den USA vom Senat ratifiziert werden. Die aussenpolitische Kommission des amerikanischen Senats gab im Juli 2011 grünes Licht zur Ratifizierung des Abkommens.

Damit ist der Weg grundsätzlich frei für eine rasche Verabschiedung im Konsens durch den Senat. Der Widerstand von Paul verhindert bisher die für das Schnellverfahren nötige Einstimmigkeit.

Das Schweizer Parlament hat das Abkommen und einen Zusatz im März 2012 ratifiziert.

Rand Paul wurde im November 2010 zum Senator des US-Bundesstaates Kentucky gewählt. Seine Wahl war mit Unterstützung der Tea-Party-Bewegung erfolgt.

Rand Paul gilt als Libertärer – wie sein Vater Ron Paul, der Abgeordnete aus Texas, der zurzeit um die Nomination  zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner kämpft.

Rand Paul blockiert die Verabschiedung des Doppelbesteuerungs-Abkommens mit der Schweiz durch den Senat mit dem Argument, der Vertrag gebe den US-Steuerbehörden zu viel Macht, auf Kosten der Rechte des Einzelnen und deren Privatsphäre.

Der Senator blockiert auch die Verabschiedung von Steuerabkommen mit Luxemburg und Ungarn.

(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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