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Stimmvolk beschränkt Bau von Zweitwohnungen

Besonders im Kanton Graubünden stehen viele selten benutzte Ferienhäuser. Im Bild das Maiensässdorf und Ferienresort Aclas am Heinzenberg im bünderischen Domleschg. Keystone

Dem überbordenden Bau von Chalets und Ferienwohnungen in den Bergen soll ein Riegel geschoben werden: Volk und Stände haben Franz Webers Zweitwohnungs-Initiative angenommen – wenn auch äusserst knapp.

Einzig der Ausgang der Zweitwohnungs-Initiative sorgte an diesem Abstimmungssonntag für Spannung – und für die Überraschung des Tages. Lange Zeit war nicht klar, auf welche Seite das Pendel ausschlagen würde.

Fast bis zum letzten Stimmzettel musste gewartet werden, bis klar war: Das Stimmvolk nimmt die Initiative äusserst knapp mit 50,63% Ja-Stimmen an.

Auch bei den Kantonen, deren Mehrheit für die Annahme einer Volksinitiative nötig ist, war das Resultat knapp: 12 Voll- und 3 Halbkantone hiessen das Begehren gut.

Die Initiative verlangt ein maximales Limit von 20% an Zweitwohnungen pro Gemeinde. Rund ein Fünftel der Schweizer Gemeinden sind davon betroffen. Ab dem 1. Januar 2013 dürften in diesen Gemeinden nun keine Baubewilligungen für Zweitwohnungen mehr erteilt werden.

Nach der Annahme der Initiative ist es nun am Parlament, deren Umsetzung auf Gesetzesebene zu regeln. Interessant dürfte sein, wie Bundesrat und Parlament mit Grossprojekten wie jenem in Andermatt umgehen werden.

Umsetzung «nicht einfach»

Die Umsetzung der Initiative werde nicht einfach, sagte die für die Raumplanung zuständige Bundesrätin Doris Leuthard. Wie sie am Sonntag erklärte, tritt die Verfassungsbestimmung sofort in Kraft. Dies bedeutet, dass Gemeinden ihren Zweitwohnungsanteil nicht mehr über 20 Prozent anwachsen lassen dürfen.

In zahlreichen Gemeinden, die bereits einen Anteil von mehr als 20 Prozent hätten, komme es deshalb zum Baustopp, sagte Leuthard. Die bereits gebauten Zweitwohnungen dürfen jedoch auch in Zukunft als Zweitwohnung genutzt werden.

Weber kündigt weitere Initiativen an

Schon bevor feststand, dass seine Volksinitiative gegen den Zweitwohnungsbau angenommen wird, hat der Waadtländer Landschaftsschützer Franz Weber angekündigt, er werde weitere Initiativen lancieren.

«Wir werden sehen, ob es nötig wird, zum Thema Zweitwohnungen nochmals eine Initiative zu machen», sagte der 84-Jährige im Schweizer Fernsehen SF. «Dies war auf jeden Fall nicht meine letzte Initiative – sie war vielmehr eine von vielen, die noch kommen werden», sagte Weber.

Die Gegner zeigten sich über ihre Niederlage enttäuscht. Jetzt müsse rasch geklärt werden, welche Zweitwohnungen von den Beschränkungen ausgenommen werden könnten. Für strukturschwache Gemeinden forderten die Gegner Sonderlösungen.

Auch die Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) bedauerte die Annahme der Initiative. Deren Umsetzung werde technische und rechtliche Probleme mit sich bringen, hiess es. Von den Initianten fordern die Bergkantone pragmatische Lösungen.

Buchpreisbindung abgelehnt

Keine Chance beim Stimmvolk hatte die Buchpreisbindung. 56,1% der Stimmenden sprachen sich dagegen aus. Auffallend war dabei der grosse Unterschied zwischen der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz: In der Romandie stimmte die Mehrheit für fixe Buchpreise.

Der Buchhändler- und Verlegerverband (SBVV) zeigte sich enttäuscht über das Abstimmungsresultat. Egal, wie deutlich das Ergebnis ausfalle: Feste Bücherpreise seien nun definitiv vom Tisch. Die Rahmenbedingungen für den Buchhandel würden nun verschlechtert. Ein weiterer Versuch für eine Einführung der Buchpreisbindung werde in der nächsten Zeit nicht gestartet.

Das Komitee «Nein zu überteuerten Büchern» ist erfreut über das Abstimmungsresultat. Profitieren würden nun die Konsumentinnen und Konsumenten, weil die Bücher weiterhin erschwinglich blieben.

Nein zum Bausparen

Auch die Bauspar-Initiative fand an der Urne kein Gehör. Sie wurde mit 55,81% Nein-Stimmen abgelehnt. Lediglich die Kantone Genf, Waadt, Wallis, das Tessin und Basel-Landschaft hiessen die Initiative der Schweizerischen Gesellschaft zur Förderung des Bausparens (SGFB) gut.

Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK) nahm das Nein mit Erleichterung zur Kenntnis. Damit sei nun wenigstens die doppelte «Privilegierung» des Energie- und des -Bausparens und die Abzüge für Bausparprämien definitiv vom Tisch, hiess es.

Die Initianten der Bausparinitiative sind enttäuscht. Offensichtlich sei es nicht gelungen, die gegnerische Behauptung zu widerlegen, wonach die Bausparvorlage nur den Reichen etwas bringe, sagte der Präsident der SGFB, der Freisinnige alt Nationalrat Rudolf Gysin, zur Nachrichtenagentur sda.

Chancenlose Ferien-Initiative

Die Ferien-Initiative scheiterte klar: Sie fand in keinem einzigen Kanton Gnade. Auch das Stimmvolk wollte von der Idee, von 4 auf 6 Wochen Ferien aufzustocken, nichts wissen: Mit 66,5% Nein-Stimmen schickte es die Vorlage deutlich bachab.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse reagierte erfreut auf das deutliche Nein zur Ferieninitiative. Die Schweizer Stimmbürger hätten erkannt, dass sechs Wochen Ferien für die kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) eine zu grosse Belastung wären.

Durchmarsch für Geldspiel-Regelung

Absolut unbestritten war an diesem Sonntag die fünfte Vorlage. Die Schweiz erhält damit eine klarere Verfassungsgrundlage für Spielbanken, Lotterien, Sportwetten und Geschicklichkeitsspiele.

Mit 87% Ja hat das Schweizer Stimmvolk den Bundesbeschluss über die Regelung der Geldspiele zugunsten gemeinnütziger Zwecke gutgeheissen. Alle Kantone sagten Ja.

1. Zweitwohnungs-Initiative: angenommen

Die Initiative will den Anteil von Zweitwohnungen auf 20% pro Gemeinde begrenzen, um die Zersiedelung zu stoppen. Die Gemeinden sollen jährlich über die Einhaltung dieser Beschränkung informieren und eine Übersicht über die dauerhaft genutzten Wohnungen erstellen.

2. Bauspar-Initiative: Abgelehnt

Die Volksinitiative wollte den erstmaligen Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum steuerlich fördern. Zudem hätten auch Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen steuerlich begünstigt werden sollen.

3. Ferien-Initiative: Abgelehnt

Die Volksinitiative verlangte, dass alle Arbeitnehmenden einen Anspruch auf mindestens 6 Wochen bezahlte Ferien pro Jahr erhalten.

4. Bundesbeschluss über die Regelung der Geldspiele zugunsten gemeinnütziger Zwecke: Angenommen

Diese Verfassungsänderung verlangt, dass Spielbank-Gewinne der AHV/IV-Kasse zukommen, während Erträge aus Sportwetten für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden müssen.

5. Bundesgesetz über die Buchpreisbindung: Abgelehnt

Das Parlament hatte per Gesetz die Buchpreisbindung für die ganze Schweiz beschlossen. Damit wurde der Buchhandel verpflichtet, Bücher zu einem fixen Preis zu verkaufen. Gegen das Gesetz war das Referendum ergriffen worden.

(Quelle: ch.ch)

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