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China will sein ganzes Gewicht in die UNO einbringen

Xi Jinping, ein «verantwortungsvoller Führer» in der Schweiz

Diese Souvenirs mit den Gesichtern von Mao Zedong (links) und Xi Jinping (rechts) wurden letztes Jahr auf dem Tienanmen-Platz in Peking verkauft. Reuters

Auf Einladung Berns trifft Chinas Präsident am Sonntag zu einer Staatsvisite in der Schweiz ein. Neben der Hauptstadt Bern und dem WEF in Davos wird er den Europa-Sitz der UNO in Genf sowie das Internationale Olympische Komitee in Lausanne besuchen. Xi Jinping dürfte während seiner Visite sein Engagement für UNO und Freihandelsabkommen bekräftigen.

«Allein die Tatsache, dass dieser Staatsbesuch stattfindet, ist ein Ereignis. Chinas Präsident ist einer der gefragtesten Männer der Welt. Diese Visite ist auf jeden Fall eine grosse Chance für die Schweiz», erklärt Blaise Godet, ehemaliger Schweizer Botschafter in China und Präsident der Westschweizer Sektion der Handelskammer Schweiz-China, mit Begeisterung.

Klaus Schwab, der Chef des Weltwirtschaftsforums (WEF), das im Januar zu seinem grossen Jahrestreffen in Davos zusammenkommt – mit Xi Jinping als Stargast –, teilt diese Freude. Es ist in der Tat das erste Mal, dass ein chinesischer Präsident an dieser hochrangigen Veranstaltung globaler Führungskräfte, wie es in der WEF-Terminologie heisst, teilnimmt.

Am Dienstag hatte Klaus Schwab vor den Medien erklärt, er erwarte, dass «Präsident Xi aufzeigen wird, wie China eine verantwortungsvolle und anpassungsfähige Führungsrolle in globalen Fragen einnehmen will».

Antoine Kernen, China-Spezialist an der Universität Lausanne, bekräftigt diese Einschätzung: «China ist bestrebt, das Bild eines Landes hinter sich zu lassen, das nur von Freihandel und Globalisierung profitiert (so ein Vorwurf des neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump, N.d.R.) und sich als eine Macht zu positionieren, die ihre Verantwortung auf der internationalen Bühne wahrnimmt.» Eine Rolle, die mit der Ratifizierung des Klimaabkommens von Paris durch China letzten September bereits illustriert wurde. Und dies während Donald Trump seine Skepsis gegenüber dem Klimawandel wiederholt – 2012 hatte er getwittert, es handle sich dabei um ein «von China erfundenes Konzept, mit dem die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Industrie verhindert» werden solle.

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Auch seinem Engagement für die UNO, ein anderes rotes Tuch für Donald Trump, dürfte Xi Jinping Ausdruck geben. Und zwar in Davos, wo unter anderen der neue UNO-Generalsekretär Antonio Guterres erwartet wird, sowie in Genf, am europäischen Sitz der UNO. Auch dort soll Xi nach Angaben der Fernsehkette China Global Television Network nach seinem Auftritt in Davos das Wort ergreifen.

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Wie Russland sei China ein «Verbündeter des internationalen Genfs», das als Gegengewicht zu Brüssel und dem UNO-Hauptsitz New York betrachtet werde, erklärt Blaise Godet.

Gérald Béroud, Gründer und Moderator von Sinoptic, einer Website, die sich mit den Beziehungen zwischen der Schweiz und China befasst, ruft in Erinnerung, dass China eines der grössten Blauhelm-Kontingent für die friedenserhaltenden Operationen der UNO stelle und dass es hinter den USA dafür den zweitgrössten finanziellen Beitrag leiste. Zudem habe China vier Botschafter in der Schweiz, einen in Bern, drei in Genf.

Angesichts der Unsicherheit in der Welt

Es stellt sich die Frage, ob Chinas Führer diesen Besuch dazu nutzen wird, ein stärkeres Engagement seines Landes für die UNO und auf der internationalen Bühne zu demonstrieren?

Lanxin Xiang, Professor am Genfer Hochschulinstitut für internationale Studien und Entwicklung (IHEID, Institut de hautes études internationales et du développement), zeigt sich zuversichtlich: «Ich habe keinen Zweifel daran, dass er die Bedeutung der UNO und anderer multilateraler Organisationen unterstreichen wird. Es gibt zu viele Unsicherheiten, die unter anderem durch Donald Trump personifiziert werden. In der ersten Hälfte dieses Jahres dürfte China sich auf der internationalen Bühne reaktiver zeigen. Und China wäre froh, zu sehen, dass auch andere Länder auf die Unsicherheit reagieren. Noch gibt es Raum, um sich mit der EU und anderen Ländern zu koordinieren», erklärte er telefonisch aus Beijing.

Ähnlich äussert sich Gérald Béroud: «Die chinesische Diplomatie ist eine der aktivsten der Welt. China muss mit seinen Partnern in Kontakt stehen, während auf der internationalen Ebene alle Linien in Bewegung geraten sind.»

Die globalisierte Wirtschaft steht im Zentrum dieser Verschiebungen. China ist einer der grossen Akteure und Nutzniesser der Globalisierung. Gleichzeitig ist das Land aber auch ein Opfer der Verschmutzung, die damit einhergeht, und der Ungleichheiten, von denen die Bevölkerung betroffen ist.

Kollateralschäden, die der chinesische Präsident versucht zu senken, indem er gegen Korruption und Verschmutzung vorgeht, gleichzeitig aber auch die ideologische Kontrolle durch die Kommunistische Partei Chinas verstärkt. All dies, während Globalisierung und Freihandels-Abkommen in westlichen Ländern von nationalistischen Parteien, die derzeit Aufwind haben, an den Pranger gestellt werden.

Xi Jinping in Maos «Kleidern»

Antoine Kernen erklärt: «Xi Jinping versucht, mit Blick auf den 19. Kongress der Kommunistischen Partei seine internationale Bilanz zu zementieren». Der Kongress wird Ende dieses Jahres stattfinden und markiert das Ende des ersten fünfjährigen Mandats des chinesischen Präsidenten. Nach Ansicht des Experten dürfte Xi Jinping die gleiche Linie verfolgen, wie in den letzten Jahren auch. «Xi Jinping hat die Macht ‹wieder personalisiert›, während seine Vorgänger eine kollektive Führung befürwortet hatten. Eine Folge davon ist, dass wir eine Rückkehr zum Personenkult sehen, wie unter der Herrschaft von Mao Zedong, einer Figur, die Xi Jinping rehabilitiert hat.»

Menschenrechts-Aktivisten und nicht wenige Beobachter weisen darauf hin, dass die Kontrolle der chinesischen Gesellschaft durch das Regime stark zugenommen habe. «Meine Gesprächspartner in China passen sehr auf, was sie sagen. Die Angst ist wieder da», sagt Antoine Kernen.

Schweizer Petition

Aus diesem Grund richtete eine Gruppe von Schweizer Persönlichkeiten eine Petition an das Schweizer Parlament, an den Bundesrat (Regierung) und an die WEF-Spitze. Der Text ruft dazu auf, «einen öffentlichen Dialog zu fördern, mit Blick auf den Respekt» für die Menschenrechte und den Schutz der Umwelt.

Die Gruppe, zu der Professoren, Unternehmer, Medienschaffende, Juristen, Cinéasten und Autoren gehören, erinnert daran, dass das WEF 2017 unter dem Thema der «verantwortungsvollen Führung» stehe. Die Teilnahme des chinesischen Staatschefs am Forum sei eine «einmalige Gelegenheit», gewisse sensible Themen «offen zu diskutieren». 

Freihandel: Beispiel Schweiz

Professor Lanxin Xiang hebt hervor: «Die Schweiz ist das einzige westliche Industrieland, das ein Freihandels-Abkommen mit China abgeschlossen hat. Es ist die Art Abkommen, die China mit anderen Wirtschaftsmächten auch gerne hätte. Sowohl auf praktischer als auch auf symbolischer Ebene ist die Schweiz in dem Zusammenhang immer wichtiger geworden.»

Antoine Kernen von der Universität Lausanne stimmt zu: «Für Beijing ist das Freihandels-Abkommen zwischen China und der Schweiz (am 1. Juli 2014 in Kraft getreten. N.d.R.) ein Modell, das China auf andere westliche Staaten ausweiten möchte.»

Nach dem Ausgang der Brexit-Abstimmung bekundete Grossbritannien, das in Davos durch Premierministerin Theresa May vertreten sein wird, Interesse, mit China auch ein solches Abkommen auszuhandeln.

(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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