Die Schweiz empfängt burmesische Generäle
Der Schweizer Aussenminister empfängt eine Delegation von hochrangigen burmesischen Offizieren, angeführt von der Nummer Zwei, General Soe Win. Ein unangemessener Besuch, kritisiert die Schweizer Sektion von Amnesty International, angesichts der Kriegsverbrechen der Armee in Burma gegen die muslimische Minderheit der Rohingyas. Die Europäische Union hatte diesen Montag entschieden, ihre Einladung an die burmesischen Generäle auszusetzen.
Angekündigt wurde der Besuch von der offiziellen Nachrichten-Agentur Myanmar: «Auf Einladung des Ministers für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat eine Delegation der burmesischen Armee unter der Leitung von General Soe Win am Montag den burmesischen Boden für einen Besuch in der Schweiz verlassen.»
Das EDA bestätigt auf Anfrage von swissinfo.ch diesen Besuch: «Anfang 2017 haben Mitglieder der Armee mit uns Kontakt aufgenommen und ihr Interesse an einer solchen Studien-Reise über Föderalismus bekundet. Wir haben die Anfrage akzeptiert, weil wir der Ansicht sind, dass es im Interesse einer Streitbeilegung sei, wenn sich die Armee für solche Fragen interessiert», antwortet Georges Farago in seiner schriftlichen Antwort.
Humanitäre Hilfe der Schweiz
Die Schweiz leistet Nothilfe im Gliedstaat Rakhine in Myanmar. Bereits vor den neuen Gewaltausbrüchen im August 2017 hat sie rund 4,5 Mio. Franken für humanitäre Hilfsleistungen bereitgestellt. Zusätzlich befindet sich seit anfangs Jahr ein Schweizer SKH-Experte in Rakhine. Er unterstützt das UNHCR im Bereich Schutzmassnahmen.
Zum Besuch der sechsköpfigen Armee-Delegation Myanmars schreibt das EDA weiter: «Es finden Treffen mit Stellen in der Bundesverwaltung und externen Experten zu den Themen ‹Menschliche Sicherheit und Humanitäres, Völkerrecht und Internationales Humanitäres Recht, Friedenspolitik, Föderalismus sowie Minderheitenschutz› statt. Weiter fokussiert der Besuch auf Reformen im Sicherheitssektor, die demokratische Kontrolle der Sicherheitskräfte sowie die Minenräumung.»
Der EDA-Sprecher hält zudem fest: «Angesichts der jüngsten Entwicklungen wurde das Reiseprogramm überdacht, damit die Schweiz bei dieser Gelegenheit ihre Gesprächspartner daran erinnern kann, dass sie die bewaffnete Gewalt, die in Rakhine verübt wurde, verurteilt, und dass es die Aufgabe jedes Staates ist, seine Verpflichtungen in Bezug auf internationales Recht vollumfänglich zu respektieren und insbesondere jeglichen Menschenrechts-Verletzungen zuvorzukommen. Wir wünschen ausserdem, bei dieser Gelegenheit die Expertise der Schweiz und ihrer Partner zu Themen anzubieten, die sich hier aufdrängen.»
«Empörung überwinden, zur Tat schreiten»
Dieser Besuch ist in den Augen der Schweizer Sektion von Amnesty International deplatziert. «Während sich hochrangige Vertreter der Armee von Myanmar zu Besuch in der Schweiz aufhalten, fordert die Organisation zur Verteidigung der Menschenrechte von der internationalen Gemeinschaft, das Stadium der Empörung zu verlassen und zur Tat zu schreiten, um die Repressionskampagne zu beenden, die dazu führte, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Rohingyas Myanmar verlassen hat.
Schweizer Botschafter rechtfertigt Empfang
Der Schweizer Botschafter in Burma, Paul Seger, rechtfertigte gegenüber dem französischsprachigen Schweizer Fernsehen RTS den Empfang der burmesischen Generäle. Der Besuch biete die einmalige Gelegenheit, den hochrangigen Vertretern von Myanmar die Schweizer Sicht zu vermitteln. «Der Besuch war kein Zeichen der Zustimmung – im Gegenteil», sagte Seger. «Wir wollen, dass die humanitäre Situation sich verbessert. Wir haben insofern die gleichen Ziele wie Amnesty International. Aber wir haben offensichtlich eine andere Rolle. Unsere Aufgabe ist es, Lösungen zu finden.»
Würden die militärische Zusammenarbeit abgebrochen und Waffenembargos und Sanktionen gegen die Verantwortlichen für Menschenrechts-Verletzungen erlassen, wäre die Botschaft klar: Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von der Armee im Reich Arakan begangen werden, werden nicht toleriert», schreibt die NGO in einem Begleitschreiben zum Bericht über «Systematische Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit dem Ziel, die Rohinyas zu terrorisieren und zu verjagen».
Auf den Angriff einer Rebellengruppe der Rohingyas (ARSA) gegen burmesische Sicherheitskräfte letzten August reagierte die Armee mit einer Repressionswelle, bei der Hunderte von Rohingyas umkamen und Hunderttausende in die Flucht nach Bangladesch geschlagen wurden.
Angesichts dieses Machtmissbrauchs, den Zeid Ra’ad Al Hussein, UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, als «ethnische Säuberung» bezeichnet, hat die EU am Montag einen anderen Entscheid gefällt als die Schweizer Diplomatie: «In Anbetracht der unverhältnismässigen Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte werden die EU und ihre Mitgliedstaaten die Einladung an die Chefkommandanten der Armee von Myanmar/Burma sowie an andere höhere Offiziere aussetzen.»
(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)
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