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«Der Sultan bleibt seinem Volk erhalten»

Die Wahlkommission bestätigte in der Nacht auf Montag den Sieg Erdogans im ersten Wahlgang der türkischen Präsidentschaftswahl. Die Schweizer Presse zeigt sich besorgt, denn der gewählte Präsident kann in Zukunft beinahe autokratisch regieren.

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Neue Zürcher Zeitung

«Willkommen in der nächsten Ära Erdogan» titelt die Neue Zürcher Zeitung (NZZ)Externer Link. Zwar sei der Wunsch mächtig gewesen, die Ära Erdogan endlich zu beenden, und die türkische Opposition habe sich durchaus Mühe gegeben. Linke Kemalisten, rechte Nationalisten und Erdogan-kritische Islamisten hätten sich zu einem Bündnis der Verzweifelten zusammengerauft – wann habe es dies je zuvor gegeben? Doch die türkische Opposition könne sich noch so sehr anstrengen – sie werde Erdogan nicht los. «Der Sultan bleibt seinem Volk erhalten (…).»

Laut der NZZ ist auch bei dieser Wahl höchstwahrscheinlich in grossem Massstab manipuliert worden. Man könne nun spekulieren, inwieweit das Wahlergebnis ein anderes gewesen wäre, wenn der Wahlkampf wirklich frei und fair gewesen wäre – die ungebrochene Zustimmung breiter Bevölkerungsschichten sei jedoch ein Faktum. Die Türkei werde schon seit zwei Jahren im Ausnahmezustand regiert, sie kenne keine funktionierende Gewaltenteilung mehr, ihre Medien seien zu weit über 90 Prozent gleichgeschaltet. «Die schon immer defizitäre Demokratie ist unter Erdogans Machtrausch zu einer Demokratur verkommen.»

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«Ein Referendum kann auch dazu dienen, die Demokratie abzuschaffen»

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Zwei Konferenzen in Bern und Zürich vor vollen Zuschauerreihen: Daniel Cohn-Bendit weilte vergangene Woche in der Schweiz. Er kennt das Land gut, leitete er doch während fast zehn Jahren eine Literatursendung am deutschsprachigen Schweizer Fernsehen. Der 72-jährige Umweltschützer und leidenschaftliche Befürworter der Europäischen Union – die seiner Meinung nach zu den «Vereinigten Staaten von Europa»…

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Und man müsse sich darauf einstellen, dass die Ära Erdogan noch lange nicht zu Ende gehe. Der türkische Präsident habe schon vor langer Zeit zu verstehen gegeben, dass er die Macht nicht mehr hergeben wolle. «Unmittelbar wird sich Erdogan mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage auseinandersetzen müssen, er wird die Staatsausgaben deutlich straffen und die Schuldenkrise in den Griff bekommen müssen.» Gesellschaftliche Unruhen sind laut NZZ vorgezeichnet.

Tages-Anzeiger

Laut dem Tages-AnzeigerExterner Link hat Staatspräsident Erdogan den Türken in den letzten zwei Jahren nach einem blutigen Putschversuch sehr viel zugemutet. Der Präsident habe sich an das Regieren mit Dekreten und Notverordnungen gewöhnt. Und doch vertraue eine konservative Mehrheit dem starken Mann weiterhin. «Einer konservativen Mittelklasse geht es heute weit besser als vor Erdogans Regentschaft, sie ist mit ihm aufgestiegen und seine treueste Klientel.»

Erdogan hat laut Tages-Anzeiger zwar versprochen, den Ausnahmezustand bald zu beenden. «Die Präsidialverfassung, die er der Türkei aufgedrückt hat, erlaubt dem Präsidenten jedoch, künftig auch ohne Notstand zu schalten und zu walten, wie er will, mit bis jetzt in der Türkei nicht gekannter Machtfülle.»

Der Tages-Anzeiger erinnert daran, dass viele Türken das Land verlassen oder ihr Geld ins Ausland gebracht haben. Das werde auch nach der Wahl so weitergehen, denn die Verunsicherung werde anhalten. Auch der Staat habe über seine Verhältnisse gelebt, er habe das Geld mit vollen Händen ausgeteilt, um die Wähler zufrieden zu stimmen. «Dieser Wahlsieg war teuer erkauft», schreibt der Tages-Anzeiger. Das führe die Türkei in eine Schuldenkrise.

Le Temps

Die französischsprachige Tageszeitung Le TempsExterner Link stellt fest, dass dank der Opposition im Parlament Erdogans AKP-MHP-Allianz nicht genügend Abgeordnete habe, um die Verfassung allein ändern zu können. «Aber haben sie das überhaupt nötig?», fragt Le Temps. Das Wahlergebnis vom Sonntag bestätige die Machtkonzentration und den autoritären Stil der letzten Jahre. Erdogan habe nun die Freiheit, das auf ihn zugeschnittene Präsidialregime voll auszunutzen, welches ihm Vorrechte verleihe, die in der Geschichte der Republik beispiellos seien.

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Türkei – vom Traum der Demokratie zum Alptraum

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht 1. Die Abstimmung: Am 16. April 2017 sind 55 Millionen Türkinnen und Türken aufgerufen, über die künftige Machtfülle des Präsidenten abzustimmen. Die vom jetzigen konservativen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan (Regierungschef seit 2003, Staatschef seit 2014) eingebrachte Verfassungsreform, würde ihm weitreichende und alleinige Machtbefugnisse verleihen und die Herrschaft bis 2029 ermöglichen.   Laut jüngsten Meinungsumfragen steht…

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Die Zeitung führt aus, worin die Allmacht von Erdogan besteht: Das Staatsoberhaupt werde zum alleinigen Chef der Exekutive. Er könne Minister ernennen und abberufen, per Dekret regieren oder das Parlament auflösen. «Der türkische Präsident kann auch alleine beschliessen, den Ausnahmezustand auszurufen, wann immer er es für richtig hält», so Le Temps. Tatsächlich habe Erdogan seit dem gescheiterten Staatsstreich vom 15. Juli 2016 den Ausnahmezustand verfügt. Zwar habe er versprochen, diesen nach der Wahl zu beenden. Dazu verpflichte ihn nun nach der Wahl jedoch nichts mehr.

Weitere Stimmen

Laut La Liberté bleibt eine Frage: «Gefährdet Erdogan mit seinen Allmachtsfantasien nicht die Grundlagen des von Atatürk geerbten Staates?» Die Parallele zu Putins Russland sei einzigartig. Beim derzeitigen internationalen Kontext mit vermehrten regionalen Krisen habe bloss das «Syndrom des Messias» – der Probleme allein und effizient löse – noch «gute Tage» vor sich.

Das Onlineportal nau.chExterner Link hält es für möglich, dass Erdogan seinen Wahlkampfmodus jetzt beende und ruhigere Töne anschlage. Klar sei jedoch: «Mit dem Präsidialsystem unter dem islamisch-konservativen Präsidenten Erdogan ist das Ende des Laizismus in der Türkei eingeläutet.»

Laut dem Onlineportal watson.chExterner Link werde der türkische Präsident Erdogan seinen Wahlsieg nutzen, um das Land noch stärker nach seinen Vorstellungen umzubauen. «Für Europa kann es darauf nur eine Antwort geben.» Nämlich: Den vielen Millionen Menschen beistehen, die noch immer Widertand leisten und für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei kämpfen.

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