Das internationale Genf ist eine wichtige Drehscheibe für den Multilateralismus. Die Schweizer Regierung fördert und investiert weiterhin in das internationale Genf. Aber es verändert sich und steht vor neuen Herausforderungen. Wie ist es, dort zu arbeiten? Ein Besuch in Bildern.
Das europäische Hauptquartier der Vereinten Nationen liegt im Palais des Nations im Herzen des internationalen Viertels von Genf. «Ich stelle mir den Gang zum Palais immer vor, als ginge man durch einen Spiegel – es ist alles ein bisschen wie bei Alice im Wunderland», sagt der unabhängige Fotograf Mark Henley, der ein kleines Büro bei der UNO hat und dessen Fotos hier ausgestellt sind.
«Es ist ein ganz unglaubliches Gebäude, ein Labyrinth mit versteckten Gängen und Treppen. Offensichtlich sind die Dinge im Moment nicht normal – das Gebäude hallt von Corona-Abwesenheit wider!»
Frédéric Burnand von swissinfo.ch, der seit vielen Jahren im UNO-Gebäude tätig ist, sieht das anders. «Wenn ich das Tor zum Palais des Nations durchschreite, betrete ich ein Territorium mit einem rechtlichen Sonderstatus, das von UNO-Sicherheitsbeamten gebührend bewacht wird, die wie New Yorker Polizisten gekleidet sind. Es ist, als ob ich die Schweiz verlasse und ein anderes Land betrete, das Land aller Länder.»
Nebst Covid-19 und Trumps Angriffen auf den Multilateralismus steht das Palais auch vor anderen Herausforderungen. Es wird für 836,5 Millionen Franken renoviert – zur Hälfte finanziert durch zinslose Darlehen der Schweizer Regierung und des Kantons Genf. Zudem wird im UNO-Komplex ein neues Gebäude für 700 Mitarbeitende gebaut.
«Mit den Renovierungen kommt auch ein Wandel, und wie die meisten anderen Menschen bin ich nicht besonders dafür», sagt Henley. «Die UNO-Mitarbeitenden, die in ein ‹Hot-Desking› umziehen müssen, hassen es. Dabei ist diese Idee bereits veraltet. Und dass das Teilen von Arbeitsplätzen in einem Covid-Kontext nicht gut ist, wird nicht mal erwähnt!»
Das Beste und das Schlechteste
Zusätzlich zu den UNO- und Regierungsmissionen aus der ganzen Welt beherbergt das Internationale Genf auch viele internationale NGOs und akademische Institutionen, wodurch ein so genanntes «fruchtbares Ökosystem» für die internationale Forschung und Entscheidungsfindung entstanden ist.
Während einige NGOs und sogar die UNO von den Auswirkungen der Pandemie bedroht sein könnten, unterstützt die Schweizer Regierung neue, futuristische Genfer «Plattformen», wie die «Swiss Digital Initiative» und den «Geneva Science and Diplomacy Anticipator», der auf dem «Biotech Campus» voller zukunftsorientierter Startups zu finden ist.
Henley sagt, sein Lieblingsgebäude im Internationalen Genf sei wahrscheinlich das Palais des Nations, «obwohl ich Elemente an anderen Orten sehr mag – die Aula bei der WHO [Weltgesundheitsorganisation] oder den monumentalen Flur bei der ILO [Internationale Arbeitsorganisation] und die Gucci-Handtaschen-Innenausstattung des neuen Konferenzraums bei der WTO [Welthandelsorganisation]».
«Als Liebhaber von Beton habe ich eine Schwäche für das WHO-Gebäude des Architekten Jean Tschumi», sagt Burnand. «Es ist ein massives und gleichzeitig leichtes Gebäude, das man dank des umliegenden Parks schon von weitem sehen kann.»
Obwohl Genf eine kleine Stadt ist, gibt es laut Burnand viele Quartiere mit eigenem Charakter. «Das internationale Viertel hat eine Atmosphäre, die man im Rest der Stadt nicht findet. Aber was fehlt, sind Orte des gesellschaftlichen Lebens. Diese relative menschliche Leere ist nicht ohne Charme. Man kann dort herumwandern wie in einem Thriller.»
Die Entwicklung im Laufe der Jahre
Eine der führenden akademischen Institutionen des internationalen Genfs ist das Graduate Institute of International and Development Studies, das 1938 in der historischen Villa Barton gegründet wurde. Das wachsende Institut benötigte später jedoch mehr Platz, weshalb es heute hauptsächlich in einem modernen Glasgebäude mit Blick auf die Eisenbahngeleise untergebracht ist.
Die Strasse hinauf gibt es eine grosse Baustelle. «Dort entsteht ein riesiges neues Studentenwohnheim», sagt Joost Pauwelyn, Professor für internationales Recht am Graduierteninstitut.
«Unsere Immobilienprojekte sind ein Vermächtnis unserer alten Direktorin, und sie hat die Dinge völlig verändert», fährt er fort. «Es begann im Jahr 2008. Wir hatten die Villa Barton, und die Studierenden waren in Unterkünften in der ganzen Stadt untergebracht. Aber jetzt gibt es viel mehr offene Flächen und das Gefühl eines richtigen Campus.»
Die Professoren und Professorinnen haben ihr eigenes Büro, und Pauwelyn arbeitet gerne dort. «Ich habe nie geglaubt, dass Gebäude einen solchen Unterschied machen können», sagt er.
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