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Prorussische Sozialisten werden stärkste Kraft in Moldau

Der Präsident der Republik Moldau, Igor Dodon, hat gut lachen: Seine Partei liegt bei der Parlamentswahl nach Auszählung fast aller Stimmen in Führung. KEYSTONE/AP/VADIM GHIRDA sda-ats

(Keystone-SDA) Bei der Parlamentswahl in der zwischen der EU und Russland hin und her gerissenen Republik Moldau sind die prorussischen Sozialisten als stärkste Kraft hervorgegangen. Die von Präsident Igor Dodon unterstützte Partei kam auf 34 der 101 Sitze im Parlament in Chisinau.

Die bisher regierende Demokratische Partei (PDM), die für einen Kurs Richtung EU steht, musste Verluste hinnehmen und kam auf 31 Mandate. Eine Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Dodon hatte für den Fall unklarer Machtverhältnisse Neuwahlen nicht ausgeschlossen.

Insgesamt vier Parteien schafften den Einzug ins Parlament, wie die Wahlleitung am Montag mitteilte. Der rechte proeuropäische Parteienblock Acum, der eine Zusammenarbeit mit den Demokraten im Vorfeld abgelehnt hatte, erhielt 26 Sitze.

Die Partei Șor des Geschäftsmanns Ilan Șor kam auf 7 Mandate. Hinzu kommen drei unabhängige Abgeordnete. Die Wahlbeteiligung unter den 3,27 Millionen Berechtigten wurde mit 49,22 Prozent angegeben.

Die regierende Partei der Demokraten des Oligarchen Vladimir Plahotniuc bot allen Kräften Gespräche über die Bildung einer Koalition an. Plahotniuc gilt als reichster Mann des Landes und auch als der Politiker mit dem grössten Einfluss.

OSZE sieht «Anzeichen für Stimmenkauf»

Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sprachen von Manipulation bei der Wahl. Es gebe «starke Anzeichen für Stimmenkauf», erklärte die OSZE am Montag.

Bereits am Sonntag hatte die Organisation davon gesprochen, dass der Urnengang mit «Vorwürfen behaftet» sei, dass Druck auf Wahlmitarbeiter ausgeübt worden sei und «staatliche Ressourcen missbraucht» worden seien.

Angesichts des knappen Wahlausgangs hatten auch Vertreter der drei stärksten Parteien Betrugsvorwürfe erhoben. «Diese Wahlen waren weder frei, noch korrekt, noch demokratisch», sagte die Acum-Vertreterin Maia Sandu. Präsident Dodon und der Oligarch Plahotniuc beschuldigten sich gegenseitig des Stimmenkaufs.

Andrej Nastase von Acum warf der Regierungspartei vor, für Bestechungsgelder empfängliche Wähler in Bussen zu den Wahllokalen gefahren zu haben. Der stellvertretende Vorsitzende von Plahotniucs PDM, Wladimir Schebotar, warf der Sozialistischen Partei vor, den Bewohnern Transnistriens Geld geboten zu haben.

Entscheidung über künftigen Kurs

Mit der Wahl der Abgeordneten entschieden die Wähler in Moldau auch über die Frage, ob die ehemalige Sowjetrepublik sich künftig eher der EU zuwendet oder ihre engen Beziehungen zu Moskau ausbaut. Russland hat in der abtrünnigen moldauischen Region Transnistrien seit Jahren Truppen stationiert und weigert sich trotz einer entsprechenden Uno-Entschliessung diese abzuziehen.

Moldau mit seinen rund 3,5 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder Europas. Laut Weltbank ist das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen vier Mal niedriger als im Nachbarland Rumänien.

Die Wirtschaft ist auf Überweisungen von im Ausland arbeitenden Moldauern angewiesen sowie auf den Export von Wein und anderen landwirtschaftlichen Produkten nach China und Osteuropa.

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