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Jüdischer Friedhof im Niemandsland

In einem abgelegenen Waldstück liegt der grösste und gleichzeitig auch älteste jüdische Friedhof der Schweiz. Wie kam es, dass der Friedhof im Niemandsland zwischen den Gemeinden Endingen und Lengnau im Kanton Aargau zu liegen kam?

Im Jahre 1646 beschloss die damalige Regierung der Eidgenossenschaft, alle Juden aus der Schweiz auszuweisen. Weil aber kein Land sie aufnehmen wollte, liess man sie schliesslich in der Grafschaft Baden bleiben. Dieses Gebiet war Untertanenland aller Eidgenossen. Der Landvogt von Baden war nicht abgeneigt, da er von den Juden hohe Schutzgelder und Abgaben kassieren konnte.

In der Stadt Baden wollte man die Juden auch nicht haben. Die jüdischen Familien zogen daher ins Surbtal, in die Gemeinden Lengnau und Endingen, nicht weit von der Stadt Baden. Die Stadtnähe war für die Juden wichtig, weil sie nur als Hausierer und Händler arbeiten durften. So konnten sie ihre bescheidenen Geschäfte betreiben. Jahrzehntelang durften sie nur hier wohnen.

Die Juden durften ihre Verstorbenen nur auf einer kleinen Rheininsel bei Koblenz beisetzen. Da diese so genannte «Judeninsel»Externer Link immer wieder überflutet und verwüstet wurde, baten die Surbtaler Juden 1750 um Anlage eines Friedhofs in der Nähe ihrer Gemeinden. Sie konnten an der Landstrasse zwischen Lengnau und Endingen für 340 Gulden ein Stück Land erwerben und eine Grabstätte errichten.

Der Friedhof wurde mehrfach erweitert. Er umfasst heute rund 2700 Gräber und steht seit 1963 als Kulturgut von nationaler Bedeutung unter Denkmalschutz.

In der Schweiz leben rund 18’600 JudenExterner Link, dies entspricht 0,4% der Bevölkerung. In Endingen und Lengnau wohnen noch je zwei jüdische Familien. Mitte des 19. Jahrhunderts war die Hälfte der dortigen Bevölkerung jüdisch. Im Zentrum beider Gemeinden stehen Synagogen und keine Kirchen. 

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