Rezessionsängste drücken auf AHV-Initiative
Die Mehrheit, die einer Frühpensionierung ohne finanzielle Einbussen zustimmt, ist nur noch hauchdünn. Immer noch komfortabel ist das Ja zum Betäubungsmittelgesetz, über das ebenfalls am 30. November abgestimmt wird.
«Gemäss der jüngsten Umfrage würde einzig das Betäubungsmittelgesetz angenommen», sagt Studienleiter Claude Longchamp vom Institut gfs.bern. Dieses führte die Umfrage im Auftrag der SRG SSR idée suisse durch.
Darin wurden Schweizer Bürger Mitte November befragt, wie sie zu vier der insgesamt fünf Vorlagen stehen, über die am kommenden 30. November abgestimmt wird.
«Während bei der AHV-Initiative der Ausgang noch ungewiss ist, werden die Begehren zur Legalisierung des Hanfkonsums und zur Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts wohl abgelehnt», folgert Longchamp.
Nicht befragt wurden die Teilnehmer über die fünfte Vorlage, die Initiative zur Unverjährbarkeit von pornografischen Straftaten an Kindern.
Kaum bestritten
Die Zustimmung für das Betäubungsmittelgesetz ist mit 63% Ja-Stimmen gleich gross geblieben wie in der ersten Studie Ende Oktober. Das Referendum, das rechtsbürgerliche Kreise ergriffen hatten, fände lediglich den Zuspruch von 21% der Stimmenden. 16% der Befragten gaben an, sich noch keine Meinung gebildet zu haben. Diese beiden Werte blieben ebenfalls praktisch unverändert.
Das Betäubungsmittelgesetz, mit dem die Heroinabgabe an Schwerstsüchtige verankert würde, hat laut Longchamp den Sukkurs von Sozialdemokraten, Freisinnigen und Christlichdemokraten. Einzig die Schweizerische Volkspartei lehnt das Gesetz ab.
«Aber die SVP hat sich kaum zur Vorlage geäussert, sie ist mit der Kür des Nachfolgers von Samuel Schmid im Bundesrat beschäftigt», sagt der Politologe.
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Referendum
Rezessionsängste spielen Gegnern in die Hände
Wäre Mitte November 2008 über die AHV-Initiative der Gewerkschaften abgestimmt worden, hätten sie 45% der Stimmbürger angenommen, 43% dagegen abgelehnt. 12% sind noch unentschlossen.
Damit ist die Skepsis gegenüber der Einführung eines flexiblen Rentenalters ohne Einbusse bei der Rente deutlich gewachsen. In der ersten Befragung Ende Oktober hatte das Lager der Befürworter noch 52% gezählt, während nur 30% ein Nein eingelegt hätten. 18% waren damals noch unschlüssig.
«Zustimmung kommt nur aus der Westschweiz und dem Tessin, während die Deutschschweiz ablehnt», sagt Longchamp. Mit dieser Ausgangslage seien die Chancen eines Begehrens in der Regel gering.
Die Gründe für den Meinungsumschwung sieht der Politikforscher in den aufkommenden Rezessionsängsten. «In einer solchen Situation scheint die Kostenfrage das wichtigste Argument gegen die Initiative zu sein», sagt er. In wirtschaftlich schwierigeren Zeiten herrsche die Tendenz, auf zusätzliche Ausgaben zu verzichten. «Dies lastet negativ auf dem Begehren», so Longchamp.
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Volksinitiative
Jugendschutz sticht
Bei der Verbandsbeschwerde-Initiative und der Hanf-Initiative ist die anfängliche Zustimmung jetzt in Ablehnung gekippt. Die Lager der Skeptiker wuchsen bei beiden Vorlagen um 7 bis 9%.
Die von den Initianten angestrebte Legalisierung leichter Drogen hätte sich mit 50% Nein-Stimmen in Rauch aufgelöst. Nur 38% hätten ein Ja eingelegt. Hier zeigten sich 12% noch unentschieden.
Als entscheidendes Argument macht Longchamp den Jugendschutz aus, für den immer noch das Verbot als tauglichstes Mittel gesehen werde.
Städte und Grossverteiler ziehen nicht mit
Eine Schlappe hätten Mitte November auch die bürgerlichen Kreise eingefangen, die mit ihrem Begehren das Verbandsbeschwerderecht faktisch abschaffen wollen. Sie könnten nur auf die Unterstützung eines Drittels der Stimmenden zählen (33%).
Knapp die Hälfte der Befragten würde für eine Weiterführung des Instruments zugunsten von Umweltinteressen votieren (49%). Knapp ein Fünftel hat sich noch keine Meinung gemacht (18%).
«Die Initianten erhofften sich Unterstützung vor allem in den Agglomerationen. Aber in den grossen Städten finden sie keine Mehrheit.» Dazu komme, dass die beiden Grossverteiler Migros und Coop, beides auch grosse Bauherren, sich laut Longchamp bisher nicht zur Vorlage äusserten. Er geht deshalb davon aus, dass sie abgelehnt wird.
Die Stimmbeteiligung blieb unverändert, nämlich bei 41%.
swissinfo, Renat Künzi und Armando Mombelli
Betäubungsmittelgesetz:
63% Ja, 21% Nein, 16% Unschlüssige
(1. Umfrage: 63% Ja, 20% Nein, 17% Unschlüssige)
AHV-Initiative:
45% Ja, 43% Nein, 12% Unschlüssige
(52% Ja, 30% Nein, 18% Unschlüssige)
Hanf-Initiative:
50% Ja, 38% Nein, 12% Unschlüssige
(45% Ja, 42% Nein, 13% Unschlüssige)
Verbandsbeschwerde-Initiative:
33% Ja, 49% Nein, 18% Unschlüssige
(42% Ja, 40% Nein, 18% Unschlüssige)
Stimmbeteiligung:
41% (unverändert)
Für die zweite Umfrage zur Abstimmung vom 30. November 2008 hat das Institut gfs.bern 1209 Stimmberechtigte aus der ganzen Schweiz befragt.
Die telefonischen, sprachregional gewichteten Befragungen fanden zwischen dem 10. und 16. November 2008 statt.
Die fünfte Vorlage, die Initiative für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern, wurde nicht untersucht.
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