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Schaden Düsenjets dem Tourismus?

Axalp nahe Meiringen im Berner Oberland: Eine FA-18 der Schweizer Luftwaffe demonstriert ihre Kunststücke. Keystone

Keine Übungsflüge der Armee in Friedenszeiten. Dies soll laut einer Volksinitiative in touristisch genutzten Gebieten der Schweiz gelten. Sie kommt am 24. Februar an die Urnen.

Die Befürworter erhoffen sich mehr Ruhe und bessere Chancen im Tourismus-Wettbewerb, die Gegner befürchten ein «Grounding» der Luftwaffe und eine Gefahr für die Sicherheit des Landes.

«In touristisch genutzten Erholungsgebieten dürfen in Friedenszeiten keine militärischen Übungen mit Kampfjets durchgeführt werden.»

Dieser kurze Satz, der laut einer Initiative den Lärmschutzartikel der schweizerischen Bundesverfassung ergänzen soll, sorgt schon seit einigen Jahren für hitzige Diskussionen.

Ursprung waren die Lärmbelästigungen von Kampfjets um den Militärflugplatz Meiringen im Berner Oberland, der eigentlichen «Wiege» des schweizerischen Tourismus.

Die Organisation «Helvetia Nostra» des Umweltschützers Franz Weber hatte 2005 die Volksinitiative «Gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten» mit rund 113’000 gültigen Unterschriften eingereicht.

Interessenskonflikte

Die touristisch attraktivsten Regionen der Schweiz in den Alpen sind kaum besiedelt.

Diese Ruhe schätzen viele Touristen, die in der Schweiz ihre Ferien verbringen.

Doch genau in diesen Regionen führt die Schweizer Luftwaffe regelmässig Übungsflüge mit Düsenjets durch. Zwei von drei Trainingsräumen der Armee liegen über den Alpen, der dritte über dem Jura, auch dies eine Tourismus-Region.

Weil die Sicherung des Schweizer Luftraums eine zentrale Aufgabe der Armee ist, kommt es wegen des Lärms unweigerlich zu Interessenskonflikten.

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Volksinitiative

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Volksinitiative erlaubt den Bürgerinnen und Bürgern, eine Änderung in der Bundesverfassung vorzuschlagen. Damit sie zu Stande kommt, müssen innerhalb von 18 Monaten 100’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Darauf kommt die Vorlage ins Parlament. Dieses kann eine Initiative direkt annehmen, sie ablehnen oder ihr einen Gegenvorschlag entgegenstellen. Zu einer Volksabstimmung kommt es…

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Pro und Kontra

Die Übungsflüge seien keine gute Visitenkarte für den Schweizer Tourismus, sagt die grüne Nationalrätin Franziska Teuscher. «Wir brauchen eine Beschränkung, damit die Schweiz als Tourismusort auch im Ausland konkurrenzfähig bleibt.»

Die Initiative sei verlogen, kontert Nationalrat Adrian Amstutz von der Schweizerischen Volkspartei (SVP). «Alle wissen, dass die ganze Schweiz ein Tourismus-Gebiet ist.»

«Es geht bei weitem nicht darum, dass wir die Kampfjet-Flüge überall verbieten», antwortet Teuscher. «Wir wollen die lärmintensiven Flüge auf ein absolutes Minimum beschränken.»

Frage der Sicherheit

Doch Amstutz gibt zu bedenken, es gehe nicht nur um kleine Räume, die geschützt werden sollten. «Man will das Training der Luftwaffe in der Schweiz verbieten», betont er.

Dadurch bestehe die Gefahr, dass die Luftverteidigung der Schweiz abgeschafft werde. «Es ist ein Angriff auf unsere Armee. Wenn wir uns verletzlich machen, indem wir unseren Luftschild abbauen, dann haben wir mittel- und langfristig ein Sicherheitsproblem.»

Teuscher jedoch ist «davon überzeugt, dass wir kein Sicherheitsproblem haben». Die Initiative schränke diese Flüge nicht total ein. «Wir wollen sie dort zulassen, wo sie kein Problem darstellen. Nach der Annahme der Initiative ist der Gesetzgeber gefordert.»

Mehr Ruhe ja, aber wie?

Schliesslich gehe es für die Stimmbevölkerung um die Konkurrenzfähigkeit der Schweiz als Ferienland, so Teuscher. «Es kann nicht sein, dass wir wegen militärischen Flügen unser touristisches Kapital gefährden.»

Für ruhigere Tourismusgebiete sei die Volksinitiative aber der falsche Weg, sagt Amstutz. «Selbstverständlich ist der Kampfjetlärm zum Teil ein Problem. Ich habe dementsprechend auch eine Motion eingereicht, die ein neues Stationierungskonzept fordert, damit dieser erträglich verteilt werden kann.»

swissinfo, Christian Raaflaub

Ein Ja zur Volksinitiative «gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten» empfehlen die Grüne Partei und die Sozialdemokratische Partei (SP).

Dagegen sind der Bundesrat (Landesregierung) und eine Mehrheit des Parlaments sowie folgende Parteien: Schweizerische Volkspartei (SVP), Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) und Christlichdemokratische Volkspartei (CVP).

Weil es sich bei der Vorlage um eine Volksinitiative handelt, sind am 24. Februar 2008 das Volksmehr und das Ständemehr, also eine Mehrheit der Kantone, ausschlaggebend.

Den 87 Kampfjets der Schweizer Armee auf den Flugplätzen Meiringen, Payerne und Sitten stehen drei Trainingsräume zur Verfügung.

Der eine befindet sich über den Ostalpen, namentlich im Kanton Graubünden.

Der zweite liegt über dem Raum Berner Oberland und Kanton Wallis.

Der dritte Trainingsraum ist der kleinste und befindet sich im Jura an der Grenze zu Frankreich.

Der restliche schweizerische Luftraum wird von der Zivilluftfahrt beansprucht und steht für Übungsflüge nicht zur Verfügung.

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