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Spendenaffäre um toten Tamil-Tigers-Chef in der Schweiz

tamil tigers
Dieses umstrittene Video sorgt für Unruhe in der tamilischen Community. Tamil Oli Media

Ehemaligen Tamil-Tigers-Kämpfern in der Schweiz wird vorgeworfen, Geld für ihren toten Chef zu sammeln. Sie würden mit der Hoffnung auf ein eigenes Land spielen. Es soll um Hunderttausende Franken gehen.

“380’000 Franken habe ich verloren.” In einem Lagerraum irgendwo in der Schweiz erzählt Arun der “Rundschau” seine Geschichte.

Er heisst anders, zu seinem eigenen Schutz will er anonym bleiben. Das Geld habe er einer Tamilin gegeben. Sie habe unter anderem vorgegeben, für den 2009 getöteten Tamil-Tigers-Anführer Velupillai Prabhakaran Geld zu sammeln.

“Sie hat gesagt, Prabhakaran lebt noch”, sagt Arun. “Da haben wir das geglaubt und weiter Geld gegeben.” So habe er auch viele Freunde um Geld gebeten.

Die “Rundschau” von Fernsehen SRF hat Tamilen getroffen, die angeben, von der gleichen Frau betrogen worden zu sein. Einige wollen Strafanzeige einreichen. Die Tamilin soll insgesamt Hunderttausende Franken gesammelt haben.

Zum Beispiel bei Sagayathasan Thevaruul. Wir treffen den Zeitungsverträger im Thurgau. Er sagt, die Frau schulde ihm 50’000 Franken. “Sie sagte, sie brauche Geld für ihr krankes Kind.” Er habe sich deswegen verschuldet und müsse nun zwei Jobs ausüben.

Video spielt mit falschen Hoffnungen

Thevaruul und andere Tamilen erkennen die mutmassliche Spendensammlerin in einem Video wieder – wo sich eine Frau als Tochter des Tamil-Tigers-Chefs Prabhakaran ausgibt, die im Bürgerkrieg ebenfalls getötet wurde.

Im Video fordert die Frau Exil-Tamilinnen und Tamilen auf: “Die wohlhabenden Teile unserer Nation haben die Pflicht, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in Sri Lanka aus der Armut zu befreien.”

Externer Inhalt

Prabhakaran war die Galionsfigur im Bürgerkrieg der Tamilen gegen die Singhalesen in Sri Lanka. Der Tod von Prabhakaran ist durch Bilder belegt. Trotzdem hoffen Tamilinnen und Tamilen auf die Rückkehr ihres Anführers und seiner Familie.

Die mutmassliche Betrügerin spiele mit dieser Hoffnung und sammle Geld, indem sie sich als Tochter des Anführers ausgebe. Das sagen mehrere Stimmen aus der Tamilen-Community.

So auch Rajankanth Anthonypillai. Er hat in Sri Lanka gekämpft. Den Tamil-Tigers-Anführer habe er gut gekannt. “Prabhakaran ist wie ein Gott für mich. Ich kann nicht akzeptieren, dass jemand in seinem Namen Geld sammelt.”

Beschuldigte wehrt sich

Wir treffen die beschuldigte Tamilin. Sie bestreitet alle Vorwürfe und ist nicht bereit, vor der Kamera zu reden. Die ganze Geschichte bestehe nur aus Lügen, sagt sie.

Sie sei nicht die Frau im Video und habe nie Geld gesammelt – weder für sich noch für den toten Tamilen-Chef. Sie plane, rechtlich gegen Personen vorzugehen, die sie beschuldigen.

Mit künstlicher Intelligenz analysieren wir das Video. Der Vergleich mit einem Bild der Beschuldigten zeigt: Bei der Frau im Video, die sich als Tochter von Prabhakaran ausgibt, handelt es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um die beschuldigte Tamilin.

Geld für ein eigenes Land

Das Video wird von einem Schweizer Youtube-Kanal verbreitet. Dahinter steht der ehemalige Schweizer Finanzchef der Tamil Tigers, Jeyapalan Chelliah – genannt Abdullah.

Er behauptet, Anführer Prabhakaran lebe noch. In einem der “Rundschau” zugespielten Telefongespräch versucht Abdullah offenbar, einen Tamilen zum Geldsammeln zu überreden

“Wenn wir unser eigenes Land haben wollen, brauchen wir das nötige Geld dafür.” Abdullah bestreitet, das Telefonat geführt zu haben.

Er brauche kein Geld, sondern politische Unterstützung. Noch immer würden Tamilinnen und Tamilen in Sri Lanka unterdrückt. Seit 14 Jahren sei nichts geschehen, so Abdullah.

Von 1983 bis 2009 kämpften die Tamil Tigers in Sri Lanka gegen die Unterdrückung ausgehend von der singhalesischen Regierung und für einen eigenen tamilischen Staat.

Sie verübten zahlreiche Selbstmordattentate und gelten beispielsweise in der EU und in den USA als Terrororganisation.

Unterstützt wurden die Tamil Tigers auch von Tamilinnen und Tamilen in der Schweiz: Laut Bundesanwaltschaft flossen bis 2009 15 Millionen Franken von der Schweiz direkt nach Sri Lanka – zur Finanzierung des Bürgerkriegs.

Nach einem Monsterprozess am Bundesgericht wurden hochrangige Schweizer Tamil-Tigers-Vertreter aber freigesprochen. Die Tamil Tigers seien eine Befreiungsorganisation, die nur am Rande terroristische Akte begehe.

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