Schweizer Sinti und Roma: Foto-Aktion gegen das Wort «Zigeuner»
(Keystone-SDA) Am 8. April wird weltweit der internationale Tag der Sinti und Roma begangen. Mit einer Foto-Aktion stellen Schweizer Sinti und Roma dieses Jahr klar: «Wir sind gegen das Wort Zigeuner».
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unterstützt die Aktion und fordert Politik und Gesellschaft auf, auf diesen «diffamierenden und abwertenden Begriff» zu verzichten, wie es in einer Medienmitteilung vom Donnerstag heisst.
«In der Schweiz wird der Begriff ‹Zigeuner› allzu oft gedankenlos verwendet», wird Igor Colic, Koordinator der Foto-Aktion, zitiert. «Mit der Foto-Aktion wollen wir darauf aufmerksam machen, dass wir diesen Begriff als diffamierend erachten und dass darauf verzichtet werden soll. Wir sind Sinti und Roma und wollen auch so genannt werden.»
Begriff durch Völkermord geprägt
Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker schreibt, ist der Begriff im deutschsprachigen Raum durch den nationalsozialistischen Völkermord geprägt, dem mindestens 500’000 Sinti und Roma zum Opfer fielen. Er gelte für Angehörige der Minderheiten als verletzende Fremdbezeichnung.
In der Schweiz sei «Zigeuner» bis in die 1990er Jahre eine Polizeikategorie gewesen. Bis in diese Zeit habe das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ein «Zigeunerregister» geführt, worin die Behörden alle in der Schweiz aufgegriffenen Roma, Sinti und Jenische erkennungsdienstlich erfassten.
Ebenso habe die Schweiz während über 600 Jahren eine repressive «Zigeunerpolitik» betrieben: Die Grenze sei für ausländische «Zigeuner» bis 1972 gesperrt gewesen. Auch während des Zweiten Weltkrieges seien verfolgte Sinti und Roma in der Schweiz nicht aufgenommen worden, viele von ihnen seien in Konzentrationslagern gestorben.
Im Alltag oft unbedarft verwendet
Im Alltag werde der Begriff oft unbedarft verwendet, heisst es weiter. Roma-Aktivistin Rina Caldari, welche die Foto-Aktion mitträgt, erklärt: «In der Schweizer Gesellschaft ist die jahrhundertealte Verfolgungsgeschichte unserer Minderheiten wenig bekannt, auch weil die Vermittlung der Schweizer ‹Zigeunerpolitik› nicht zum obligatorischen Schulstoff gehört.»
Die rassistische Hetze gegenüber Sinti und Roma habe in den letzten Jahren in der Schweiz stark zugenommen, stellt die GfbV fest. Oft seien es Politikerinnen, Politiker und politische Parteien, welche Vorurteile gegenüber diesen Minderheiten bewusst schürten, um Wahl- und Abstimmungskämpfe zu gewinnen.
Von Politikern bewusst gebraucht
«Wir stellen fest, dass in diesem Zusammenhang das Wort ‹Zigeuner› bewusst verwendet wird, um Sinti, Roma und Jenische herabzusetzen», sagt GfbV-Kampagnenleiterin Angela Mattli. «Dabei wird immer wieder nach Ausreden gesucht, um die Verwendung des Begriffes zu legitimieren.»
Mit der Foto-Aktion stellten Schweizer Sinti und Roma klar, dass dieser Begriff nicht mehr benutzt werden soll. «Wir fordern Gesellschaft und Politik auf, diesem Anliegen nachzukommen.»