Virtuelle Skipisten am Fusse des Matterhorns
Von der Strasse auf die Piste: Google Street View begibt sich ins Skigebiet von Zermatt. Das Walliser Skigebiet machte das Rennen und wird noch diesen Winter als erstes in Europa von einem speziellen Schneemobil fotografiert.
Die Wahl erfolgte nicht durch Google. An einem anfangs Februar von Schweiz Tourismus und Google lancierten Wettbewerb beteiligten sich über 30’000 Wintersportler, um den Schweizer Wintersportort auszuwählen, der fotografiert werden sollte.
Von den für das Projekt vorgeschlagenen 30 Feriendestinationen landete Zermatt – das weltweit bekannte Dorf am Fusse des Matterhorns – mit 2800 Stimmen auf Platz 1.
Für Edith Zweifel von Zermatt Tourismus ist dieses Resultat keine Überraschung. «Zermatt ist das beste Skigebiet in Europa!», sagt sie gegenüber swissinfo.ch. «Zermatt hat schon verschiedene Auszeichnungen gewonnen und bietet hunderte Kilometer Pisten für jedermanns Geschmack.» Das Besondere sei, dass 75% der Gäste immer wieder kämen, erklärt sie.
«Wir schrieben über die sozialen Netzwerke, über Facebook, alle unsere Fans an und kamen so problemlos auf den ersten Rang.»
Fantastisches Panorama
In den Augen von Zermatt Tourismus dürfte die neue Dienstleistung eine nützliche Ergänzung sein zu den bereits existierenden Webcams.
«Unsere Gäste, welche die Pisten bereits kennen, können sie so auch ausserhalb ihrer Ferien geniessen. Und potentielle Besucher können sich ein Bild machen», sagt Zweifel.
Mathias Meyer, Sprecher von Google Schweiz, äusserte sich in einem Pressecommuniqué begeistert über die ausgewählte Destination. «Zermatt hat ein fantastisches Pistenpanorama und eignet sich bestens für den ersten Einsatz des Street-View-Schneemobils in der Schweiz.»
Ein ähnliches Projekt hatte Google im Zusammenhang mit den Olympischen Winterspielen 2010 bereits im kanadischen Whistler Mountain durchgeführt. Zermatt ist jedoch der erste Wintersportort in Europa, dessen Pisten von Street View fotografiert werden.
Achtung Privatsphäre
2009 hatte Google Street View in der Schweiz lanciert. Kaum war das Projekt online, gab es jedoch Probleme mit dem obersten Schweizer Datenschützer. Dieser kritisiert, dass Gesichter und Autokennzeichen ungenügend verfremdet seien, was die Privatsphäre der Leute verletze.
Für Google hat der Schutz der Privatsphäre «hohe Priorität», man sei ständig daran, diesen Aspekt zu verbessern. Allerdings ist der Fall noch hängig und kommt am 24. Februar vor das Bundesverwaltungsgericht. Zurzeit werden keine neuen Bilder hochgeladen, auch wenn weiterhin gefilmt wird.
Auf die Frage von swissinfo.ch, ob die Lancierung des europäischen Pistendienstes in der Schweiz ein Versuch sei, das Image von Google zu verbessern, gab es keine direkte Antwort des Unternehmens. Die Seite von Google sei sehr beliebt, und man erhalte immer wieder Anfragen von der Schweizer Öffentlichkeit, von Firmen und Institutionen für weitere Bilder.
Eliane Schmid, Sprecherin des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, sagte gegenüber swissinfo.ch, in Bezug auf den Datenschutz wäre es am besten, wenn die Aufnahmen bei menschenleeren Pisten gemacht würden.
Das wird kaum der Fall sein, was Zweifel von Zermatt Tourismus jedoch nicht beunruhigt. Die einzigen erkennbaren Gesichter in Zermatt würden jene von Skilift-Angestellten sein, denn Skifahrer trügen in der Regel Helm und Skibrille.
Tourismus-Potential
Wann die Resultate ins Internet gestellt werden, ist noch unklar. Das Schneemobil wird zwar schon bald mit der Arbeit beginnen, aber die Verarbeitung der Bilder ist extrem kompliziert und dürfte Monate dauern.
Schweiz Tourismus begrüsst die Aktivitäten von Google Street View und engagiert sich als Partner.
Sprecherin Véronique Kanel erwähnte gegenüber swissinfo.ch, sie seien keineswegs besorgt, dass mögliche Gäste Street View nutzen könnten, statt selber herzukommen.
«Man kommt weder in den Genuss der 3-D-Erfahrung noch kann man mit Leuten kommunizieren – jedenfalls noch nicht. Vielleicht in der Zukunft…..? Es ist ein zusätzliches Element, wird aber die Leute kaum davon abhalten, herzukommen. Die Menschen wollen reisen und ihre Erfahrungen machen. Und das ist weit mehr als eine Interaktion am Bildschirm.»
Kanel hat auch nicht Angst, dass die Leute wählerischer werden könnten, weil sie besser informiert sind. «Das ist in Ordnung. Wir legen viel Wert auf Qualität und Ehrlichkeit. Das alles ist ein Schritt Richtung mehr Transparenz und geschieht im Interesse der Touristen und von Tourismus-Anbietern.»
Google Street View umreisst sein Ziel mit ähnlichen Worten: Da andere Destinationen in Europa hinzu kämen, seien die Gäste besser informiert, um eine Wahl zu treffen.
Google hofft aber auch, dass die Internet-Surfer den neuen Dienst ganz einfach dazu nutzen würden, die «atemberaubende Berglandschaft» zu bewundern.
Google Street View wurde 2007 in den USA lanciert.
In der Schweiz startete Google den Street-View-Dienst im August 2009.
Letzten Sommer wurden mit einem speziell ausgerüsteten Velo auch Aufnahmen an touristisch interessanten Orten gemacht, die schwer zugänglich sind, zum Beispiel im Aletsch-Gebiet.
Erstmals war ein Google-Schneemobil für die Olympischen Winterspiele 2010 im Einsatz.
Internetnutzer können dank der Street-View-Technologie eine Pistenabfahrt im kanadischen Skigebiet Whistler erleben.
Seit kurzem bietet Google auch virtuelle 360-Grad-Rundgänge durch 17 weltbekannte Kunstmuseen an. Werke aus 385 Galerieräumen lassen
sich online entdecken und ansehen. Von über Tausend berühmten Werken sind hochauflösende Aufnahmen abrufbar.
(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)
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