SNB überrascht mit deutlichem Zinsschritt
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am Donnerstag mit einem Zinsschritt um 50 Basispunkte auf 0,50 Prozent die Märkte einmal mehr überrascht. Trotz dieses bereits beherzten Schritts halten sich die Währungshüter die Tür für weitere Senkungen offen.
(Keystone-SDA) Für den SNB-Chef Martin Schlegel war eine Senkung in dieser Grösse nötig, weil die Inflation erneut tiefer ausgefallen ist als erwartet, wie er am Donnerstag im Gespräch mit Journalisten sagte. Die gesenkte Prognose für 2025 widerspiegele vor allem die tiefer als erwartete Teuerung der Erdölprodukte und Nahrungsmittel. «Insbesondere die Energie- und Ölpreise haben uns nach unten überrascht.»
Entsprechend haben die Währungshüter denn auch ihre Vorhersagen für die Teuerung erneut aktualisiert. Für das laufende Jahr rechnen sie nun mit einer Inflation von 1,1 Prozent nach 1,2 Prozent noch im September. Am deutlichsten fällt die Anpassung für das kommende Jahr aus. Für 2025 erwarten sie noch eine Teuerung von 0,3 Prozent. Hier war die Prognose im September mit 0,6 Prozent noch doppelt so hoch gewesen. Die Prognose für 2026 lautet nun auf 0,8 statt 0,7 Prozent.
Preisstabilität ist oberste Priorität
Wie SNB-Chef Schlegel betont, ist die Preisstabilität, also eine Teuerung von 0 bis maximal 2 Prozent, mit dem auf 0,50 Prozent gesenkten Leitzins gewährleistet. Und Preisstabilität zu garantieren, sei auch weiterhin das oberste Ziel der Notenbank.
Daher schlisst Schlegel auch weitere Zinssenkungen in Zukunft nicht aus. Bei der Frage, ob die SNB sich auch negative Zinsen vorstellen könnte, wird der SNB-Chef etwas ausweichender. Niemand wünsche sich negative Zinsen. «Ausschliessen können wir sie aber nicht.» Nach Ansicht Schlegels sei die Wahrscheinlichkeit, dass es so komme, aber mit dem nun erfolgten Schritt, geringer geworden.
Dennoch werde die SNB natürlich die Lage weiter genau beobachten und die Geldpolitik wenn nötig anpassen, um sicherzustellen, dass die Inflation mittelfristig im Bereich der Preisstabilität bleibe, sagte Schlegel weiter.
Zinsen bleiben bevorzugtes Instrument
Gleichzeitig macht Schlegel sehr deutlich, dass das bevorzugte Instrument der Direktoriumsmitglieder die Zinsen sind. Man bleibe bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv. Frühere Aussagen, dass auch Devisenmarktinterventionen ein fester Bestandteil der Politik seien, wurden nicht wiederholt. «Wir können auch mit dem Leitzins Wechselkurse beeinflussen.»
Neben der anhaltend tiefen Inflation bereitet aber auch das Wirtschaftswachstum den Währungshütern etwas Sorgen. Zwar bleibt die SNB für das laufende Jahr bei ihrer bisherigen Einschätzung, dass die Schweizer Wirtschaft um 1 Prozent wachsen wird. Für 2025 erwartet sie noch ein Wachstum beim Bruttoinlandprodukt (BIP) zwischen 1 und 1,5 Prozent. Im September hatte die Prognose noch auf rund 1,5 Prozent gelautet.
Schwaches Ausland belastet
«Das liegt vor allem an den eingetrübten Wirtschaftsaussichten im Ausland», betonte Direktoriumsmitglied Petra Tschudin im Video-Interview mit AWP. Auch im Communiqué am Morgen hatte die SNB hervorgehoben, dass die Risiken für die Wirtschaft zuletzt zugenommen hätten. Dazu zählt auch die Unsicherheit über die künftige Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik in den USA.
Analysten zeigten sich mehrheitlich überrascht von dem grossen Schritt. Der neue SNB-Chef setze mit der beherzten Zinssenkung bereits zu Beginn seiner Amtszeit ein Ausrufezeichen, heisst es in einem der Kommentare.