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Das Rudel, das die Menschen lehrt

Frau im Schnee mit Hund mit Fässchen um den Hals
Stefanie Kasser mit einem ihrer Hunde. Katja Koivumäki/katja.koivumaki@hotmail.com

Mit über 60 Hunden lebt Stefanie Kasser in der wilden Natur Finnlands. Sie hat dort nicht nur territoriale Freiheit gefunden, sondern vor allem geistige. Diese versucht sie nun mit Hilfe ihrer Hunde anderen zu vermitteln.

Die Sonne geht um fünf Uhr morgens auf. Die Nacht bricht um 22 Uhr ein. Dies sei die schönste Zeit des Jahres, bevor es im Sommer für drei Monate hell bleibt. Die Natur ist eine andere in FinnlandExterner Link, vor allem da, wo Stefanie Kasser (41) lebt.

Die finnische Weite hat es ihr angetan. Die Freiheit. Sie lebt im Norden des Landes, ihr Grundstück grenzt an ein Naturschutzgebiet, wo die Natur einem in Demut zurücklässt. Frei fühle sie sich hier, zusammen mit ihren beiden Söhnen und ihren über sechzig Schlittenhunden.

Auslandschweizer-Community

Die Journalistin Joëlle Weil lebt als Auslandschweizerin in Israel. Sie porträtiert in loser Folge interessante Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, denen sie in Facebook-Gruppen der Auslandschweizer-Community begegnet ist.

Stefanie züchtet Jakutische Laika. Es sind besonders robuste Hunde, die aus Russland stammen. Jakuten gelten als primitive Hunde, die nicht aus Gehorsam Befehle ausführen, sondern ihren Instinkten folgen und besonders freiheitsliebend sind. Ihrem Menschen sind sie bedingungslos verbunden.

«Authentizität» sei das Schlagwort, mit dem sich diese Hunde führen lassen. «Auf Befehle hören meine Hunde nicht», sagt Stefanie. «Aber wenn man mit einer inneren Ruhe und klarer Haltung etwas von ihnen verlangt, respektieren sie Dich und gehorchen.»

Führungskompetenz lernen

Es ist diese Eigenschaft der Hunde, die Stefanie bei der Arbeit hilft. Bevor sie vor zwei Jahren auswanderte, beschäftigte sie sich mit chinesischer Medizin und hat sich später einen Namen als Coach gemacht. Vor allem Manager und Menschen in Führungspositionen kamen zu ihr, um mehr über Führungskompetenz zu lernen.

Seitdem sie in Finnland zuhause ist, nehmen ihre Kunden den weiten Weg auf sich, um in der herben Natur im Kreise ihres Rudels mehr über Führung zu lernen. «Ich habe Klienten, die ihre Mitarbeiter sehr patriarchalisch führen. Klienten, die denken, dass man sie durch Schreien und einen harten Umgangston ernst nimmt.»

Frau mit Hunden vor rotem Holzhaus im Schnee
Diese Art von Holzhäusern ist typisch für Finnlands Norden. Katja Koivumäki/katja.koivumaki@hotmail.com

Dies seien meist diejenigen, welche es dann nicht schaffen, ihre Hunde zu bewegen. «Meine Klienten müssen sich bei mir einen Hund aussuchen und sich mit diesem in den Tagen, in denen sie bei mir sind, auseinandersetzen.» Schreien imponiert den Hunden nicht.

Nach dieser Erkenntnis beginnt die eigentliche Arbeit. «Authentizität ist das Schlagwort. Ich möchte eine authentische Kommunikationsweise vermitteln. Bevor man den Hunden Befehle erteilt, muss man genau wissen, was man von ihnen möchte. Und dann muss man sich vor sie stellen und sowohl mit Herz, als auch mit Bestimmtheit einfordern, was man von ihnen will.»

Stärken fördern

Es geht Stefanie nicht nur um Führung per se, sondern darum, sich von gesellschaftlichen Normen zu lösen und sich selbst zu finden. Eine Haltung, die sie vor allem ihren Kindern vermitteln möchte.

In der Schweiz rang sie mit dem Schulsystem. Sie habe darin keinen Raum für Individualismus gefunden. Alles sei so strukturiert, dass auf individuelle Stärken nicht eingegangen werden konnte, sagt sie.

Vor allem aber sah sie in ihrer Berufspraxis in der Schweiz immer wieder Kinder, wie mit zehn Jahren bereits Burnout-ähnliche Symptome aufwiesen und dem Druck des Schulsystems nicht standhalten konnten. Das wollte sie ihren Söhnen ersparen.

Hund mit weissem Fell in Blumenwiese
Mehr als 60 Schlittenhunde hat Stefanie in ihrem Rudel. (Katja Koivumäki)

In Finnland erlauben es ihr die gesetzlichen Umstände, dass sie ihre Kinder daheim unterrichten kann. Ihre Söhne sind fünf und sieben Jahre alt. «Wenn wir den Hunden Futter bringen, bauen wir Mathematik-Aufgaben mit ein.» Stefanie hat viel Zeit, um individuell auf die Bedürfnisse ihrer Jungs einzugehen und sie dort zu fördern, wo sie Stärken aufweisen.

Leben in und mit der Natur

Das Streben nach Authentizität ist Stefanies Lebensaufgabe und -motto geworden. Das gilt sowohl für ihre Söhne, als auch für ihre Hunde und für die Natur, in der sie lebt und die sie so liebt.

Jede Jahreszeit hat ihre schönen und jede ihre schweren Seiten in Finnland, wo der Winter lang und dunkel ist und die Sonne im Sommer nicht untergeht. Aber man konzentriere sich auf das Schöne, auch in der Dunkelheit. Sich auf Stärken konzentrieren. Das gelte für die Natur genauso wie für jedes Lebewesen.

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