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Das Schweizer Menu für die Welt(-ausstellung)

Salz, Wasser, Kaffee, Äpfel, hier im Modell des Schweizer Pavillons für die EXPO Milano 2015: Mit diesem "Menu" will die Schweiz die Besucher zum Geniessen, aber auch zum Nachdenken über das Konsumverhalten anregen. Keystone

Den Schweizer Auftritt an der Expo 2015 in Mailand prägen vier Türme, die mit Wasser, Salz, Kaffee und Apfelringen gefüllt sein werden. Besucher können die Vorräte vor Ort verzehren oder mitnehmen. Mit dieser Installation will die Schweiz für eine nachhaltige Entwicklung und ein verantwortungsbewusstes Konsumverhalten werben.

«Rund um die Weltausstellung gab es einige polemische Diskussionen, aber wir hoffen, dass wir diese nun hinter uns haben», sagte der italienische Botschafter in der Schweiz, Cosimo Risi, diese Woche. In seiner Berner Residenz war Risi Gastgeber einer Medienkonferenz, bei der das Schweizer Projekt für die Expo 2015 in MailandExterner Link im Detail vorgestellt wurde.

Im Umfeld der Expo von MailandExterner Link gab es dieses Jahr einige Verhaftungen, auch Zweifel an der Realisierung des Grossereignisses wurden laut. Doch nun scheint die Expo endlich richtig aufgegleist zu sein. 145 Länder haben ihre Teilnahme zugesagt, die Bauarbeiten laufen auf Hochtouren, und mehr als 6,5 Millionen Tickets wurden bereits verkauft.

Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sollte sich jetzt verstärkt auf die Inhalte richten, das heisst auf das Thema «Feeding the Planet, Energy for life» (Den Planeten ernähren, Energie zum Leben). «Wir erwarten, dass diese Ausstellung eine klare Botschaft für den Respekt gegenüber unserer Erde vermittelt und einen rationalen Umgang mit Lebensmitteln fördert, einer keineswegs unbeschränkten Ressource unseres Planeten», so Botschafter Risi.

Expo Mailand 2015

Die Weltausstellung in Mailand (Expo Milano) findet vom 1. Mai bis 31. Oktober 2015 statt.

Das Thema der Expo 2015 lautet: «Den Planeten ernähren. Energie für das Leben.» Ernährungsfragen für die Menschheit und der

Respekt für die Umwelt stehen im Vordergrund der nächsten Weltausstellung.

Die Teilnehmerländer sind eingeladen, ihre spezifischen Kompetenzen in den Bereichen Landwirtschaft, Nahrungsmittelindustrie, Handel und wissenschaftliche Forschung zu präsentieren, um eine gesunde, ausreichende und nachhaltige Ernährung für die Menschheit zu garantieren.

Die Organisatoren erwarten während der sechs Monate rund 20 Millionen Besucherinnen und Besucher: 75 Prozent aus Italien, 25 Prozent aus dem Ausland, davon 40 Prozent aus der Schweiz. 

Laut Risi braucht es einen nachhaltigen Ansatz für die Nahrungsmittelsicherheit, vor allem angesichts der Tatsache, dass etliche Millionen Einwohner auf dieser Erde hungern. «Wir haben die Pflicht, an uns zu denken, aber auch an den Rest der Menschheit und die künftigen Generationen», so Risi  weiter. Er zeigte sich zudem sehr erfreut darüber, dass die Schweiz als erstes Land seine Zusage für die Weltausstellung garantiert habe.

Die Besucher entscheiden

Zuversichtlich zeigten sich auch die Verantwortlichen von Präsenz Schweiz, jener Abteilung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), die in Mailand für die Realisierung des Schweizer Pavillons «Confooderatio Helvetica» verantwortlich zeichnet. Dessen Herz besteht aus vier Türmen, die mit Salzsäckchen, Wasserbechern, Apfelringen und Kaffeepäckchen gefüllt sein werden.

Die Besucherinnen und Besucher können beliebig viele Portionen mitnehmen oder konsumieren. Mit ihrem Konsumverhalten und ihrem eigenen Verantwortungsbewusstsein entscheiden sie selbst, wie viel wie lange für die anderen übrig bleibt.

Je weniger Produkte sich in den Türmen befinden, desto mehr senkt sich der Boden der Besucherplattformen. Es ist durchaus denkbar, dass die Türme nach ein paar Wochen leer sind. Die Besucher sollen dafür sensibilisiert werden, dass sie für die nachfolgenden Besucher Verantwortung tragen. Diese Überlegung wiederum soll in einer Reflexion über die Nahrungsmittelverfügbarkeit und eine nachhaltige Entwicklung der Nahrungsmittelkette münden.

«Wir wollen, dass die Besucherinnen und Besucher unsere Produkte mitnehmen, aber auch unsere Werte. Es geht um Schweizer Werte, die sich auch im Bereich der Nahrungsmittel finden lassen, etwas Solidarität oder individuelle Verantwortung», sagte Nicolas Bideau, Direktor von Präsenz Schweiz. Er präzisierte, dass die Türme wieder aufgefüllt werden könnten, falls die Vorräte sehr schnell zur Neige gehen sollten.

Zu warm für Schokolade

Die Schweizer Expo-Verantwortlichen mussten ihre ursprüngliche Absicht, Schokolade und andere Schweizer Süssigkeiten zu verteilen, aufgeben, weil sich dies nicht mit der sommerlichen Hitze in der Region Mailand verträgt. Die vier ausgewählten Produkte – Wasser, Salz, Kaffee und Äpfel – stehen in jedem Fall für eine nachhaltige, verantwortungsvolle, innovative und traditionsbewusste Schweiz, und somit auch für das Thema der Weltausstellung.

«Die Schweiz hat in gewisser Weise das ‹Glück› gehabt, über keine Rohstoffe zu verfügen. Unser Land hat verstanden, dass es nur Erfolg haben konnte, wenn es Ideen und einen Handel mit anderen Ländern entwickelt. Kaffee ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Kaffee ist im Aussenhandel von Nahrungsmitteln mittlerweile das wichtigste Exportprodukt, noch vor Schokolade und Käse», sagte Bideau.

Die Apfelringe – hergestellt aus Schweizer Äpfeln unterschiedlicher Sorten – repräsentieren die Biodiversität, die Diversifikationsfähigkeit und die ökologische Bedeutung der Landwirtschaft. Sie tragen zu einer gesunden und natürlichen Ernährung bei. Das Salz – aus Schweizer Böden gewonnen – ist ein wichtiger Bestandteil der Ernährung und der industriellen Produktion.

Das Wasser ist ein zentraler Bestandteil des Schweizer Pavillons. Die Hauptbotschaften des Turms zum Thema Wasser beziehen sich auf die Ressource Wasser als wertvolles Gut und sollen zu einer offenen Diskussion darüber anregen, wie im Bereich der Wasserversorgung mit öffentlichen und privaten Initiativen Nachhaltigkeit sichergestellt werden kann. Weltweit haben 783 Millionen Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser.

Confooderatio Helvetica

Der Schweizer Auftritt an der Expo Milano 2015 liegt in der Verantwortung von Präsenz Schweiz, einer Abteilung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), die für die Wahrnehmung der Schweiz im Ausland zuständig ist.

Regierung und Parlament haben dafür einen Verpflichtungskredit von 23,1 Millionen Franken gesprochen. Dabei müssen 8 Millionen Franken über Drittmittel aus der Privatwirtschaft, von Kantonen und den Städten beschafft werden.

Umgesetzt wird das Projekt «Confooderatio Helvetica». Der Schweizer Pavillon ist nach dem italienischen und deutschen der drittgrösste Pavillon an der Weltausstellung. Er umfasst vier Türme aus Glas und Holz, in denen Schweizer Lebensmittel gelagert werden. Das Material wird am Ende der Expo rezykliert.

Neben der Ausstellung zum Expo-Thema sind auf insgesamt 4433 Quadratmetern Fläche Ausstellungsmodule für Partner, ein Restaurant, ein Bereich für die Sponsoren und eine Verkaufsfläche vorgesehen.

Nestlé zurückgebunden

Der Wasserturm wird direkt vom Departement für auswärtige Angelegenheiten verwaltet, für die Apfelringe zeichnen Agromarketing Schweiz und das Bundesamt für Landwirtschaft verantwortlich, der Salzturm steht in der Obhut der Schweizer Rheinsalinen. Nestlè wiederum wird für den Kaffeeturm verantwortlich sein. Präsenz Schweiz verzichtete auf die anfängliche Idee, dem Nahrungsmittelkonzern Nestlé zwei Türme anzuvertrauen, nachdem dies von einigen Nichtregierungsorganisationen scharf kritisiert worden war.

«Wir haben die Einwände berücksichtigt. Ich denke, es ist eine Stärke der Schweiz, dass Kritik aus der Zivilgesellschaft wahrgenommen wird. Direkte Demokratie findet nicht nur in den politischen Institutionen der Schweiz statt», so Nicolas Bideau. Der Direktor von Präsenz Schweiz betonte, dass auch die Schweizer Unternehmungen zeigen sollen, was sie an nachhaltigen Initiativen im Nahrungsmittelbereich entwickeln.

«Mit Confooderatio Helvetica wollen wir den Besuchern eine Reise in die Schweiz bieten. Es geht aber nicht nur um eine touristische Reise, sondern auch um das politische und wirtschaftliche System der Schweiz. Deshalb sind neben dem Bund auch vier Kantone, drei Städte und einige Unternehmungen in den Schweizer Pavillon und die Präsentation unserer Nahrungsmittel eingebunden worden», meinte Bideau.

Einen Vorgeschmack auf diese Reise gab es bereits dieses Jahr mit dem so genannten «Giro del Gusto 2014». Die Event-Tour vermittelte zwischen April und Oktober in Mailand, Rom und Turin das Image einer offenen und kreativen Schweiz und zeigte auf, dass Italien und die Schweiz für ihre weitere Entwicklung auf solide und enge Beziehungen angewiesen sind. Das Interesse der Italiener an dieser nicht nur gastronomischen Roadshow ist laut Präsenz Schweiz sehr gross gewesen.

(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

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