Der Sommer der Wohnmobile auf Schweizer Strassen
Aufgrund der Covid-19-Pandemie ist zu erwarten, dass viele Schweizerinnen und Schweizer diesen Sommer auf exotische Reiseziele verzichten. Selbst in der Schweiz werden einige vorsichtshalber Hotels und öffentliche Verkehrsmittel meiden. Das freut das Wohnmobil.
Traditionell sind Schweizer und Schweizerinnen Vielreisende. Jedes Jahr reisen sie in den Sommerferien massenweise an sonnige Destinationen. Doch 2020 ist das Jahr der Coronavirus-Pandemie. Mit Folgen für die Feriensaison.
In mehreren Ländern ist das Virus noch nicht unter Kontrolle. Dies gilt auch für die USA, ein sonst beliebtes Reiseziel. Und auch in Ländern, die wieder (fast) zur Normalität zurückgekehrt sind, prägt Vorsicht nach wie vor den Alltag. Viele Reisende wollen nicht das Risiko eingehen, wegen einer möglichen zweiten Welle der Pandemie im Ausland zu stranden oder ihre Ferien absagen zu müssen.
Angesichts dessen können Ferien im eigenen Land eine Lösung sein. Zumal das Bundesamt für Gesundheit empfiehltExterner Link, «weiterhin nicht notwendige Reisen zu vermeiden». Aber auch in der Schweiz ist es ratsam, grosse Menschenansammlungen zu vermeiden, insbesondere im öffentlichen Verkehr. Da erscheint das Wohnmobil als eine ideale Kombination aus individuellem Transport und Unterkunft im Freien.
Bestätigung eines Trends
In verschiedenen Schweizer Medien bestätigen Wohnmobilhändler und -vermieter ein gesteigertes Interesse. Im Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) berichtete beispielsweise der Leiter einer Autowerkstatt in der Region Monthey (Kanton Wallis), dass er einen Zustrom von Kunden erlebe, die nach «einer Ferienlösung» suchten, darunter «viele, die noch nie ein Wohnmobil gemietet haben».
Aber diese Anziehungskraft des Wohnmobils ist nicht neu. Die Verkäufe nehmen seit mehreren Jahren zu. Der Rekord wurde im vergangenen Jahr mit 4766 Immatrikulierungen erreicht. Ein Wachstum, das im ersten Quartal 2020 anhielt – dabei erlebt der Automobilmarkt eigentlich eine Krise, wie Auto Suisse, der Dachverband der Auto-Importeure, festhältExterner Link.
Der Schweizer Touring Club (TCS) bestätigt diesen Trend: «Wir beobachten einen starken Anstieg, der durch Verkaufsstatistiken bestätigt wird. Wohnmobile sind sehr beliebt, vor allem bei Paaren und jungen Familien mit Kindern, die diese Art des Reisens schätzen, die Abenteuer und Flexibilität verbindet», sagt Sprecherin Valérie Durussel.
Diese Entwicklung ist den langjährigen Wohnmobilbesitzern nicht entgangen. «Die Zunahme ist konstant, aber vielleicht mit etwas kleineren Wohnmobilen als früher; im Trend sind Transportfahrzeuge, die zu Wohnmobilen umgebaut werden», heisst es beim Wohnmobil-Klub der Westschweiz (CCCSRExterner Link).
Schwierige Platzsuche
Das Wohnmobil als Allheilmittel für Pandemie-Ferien? So einfach ist es nicht, denn dieses Fahrzeug hat einen grossen Nachteil: das Parkieren.
«Die Zahl der für Wohnmobile zur Verfügung stehenden Parkplätze ist in der Schweiz im Vergleich zum übrigen Europa sehr begrenzt», räumt Durussel vom Touring Club ein. «Das Land verfügt jedoch über mehr als 400 Campingplätze, die leicht und schnell erreichbar sind. Diese verfügen über eine gute Infrastruktur, im Gegensatz zu vielen der Plätze, die sie nutzen dürfen.»
Der CCCSR wählt deutlichere Worte: «Beim Parkieren bereite einem die Schweiz echte Kopfschmerzen. Viele der 178 aufgeführten Wohnmobilstellplätze bestehen aus weniger als zehn Plätzen. Wenn wir darüber hinaus die Pandemie-EmpfehlungenExterner Link des TCS befolgen, die einen Abstand von vier Metern zwischen den Fahrzeugen vorsehen, müsste die Zahl der Plätze an einigen Orten halbiert werden.»
Bleibt noch die Möglichkeit, anderswo als auf Camping- oder Wohnmobilstellplätzen zu parkieren. Auf privaten Grundstücken muss die Genehmigung des Eigentümers eingeholt werden. Auf öffentlichen Plätzen variieren die Regeln von Gemeinde zu Gemeinde je nach dem stark. «Man muss sich im Voraus informieren und sich bewusst zu sein, dass die Gesetzeshüter in der Schweiz oft nicht sehr flexibel sind», warnt der CCCSR.
Unabhängig vom Standort ist es wichtig, bestimmte Regeln zu respektieren, die Neulinge vielleicht nicht kennen. «Es gibt Freundschafts- und Verhaltensregeln. Insbesondere muss man die lokalen Gepflogenheiten respektieren und den Abfall ordnungsgemäss entsorgen. Man kann lernen, wie man ein Camper wird», so der CCCSR.
(Übertragung aus dem Französischen: Kathrin Ammann)
(Übertragung aus dem Französischen: Kathrin Ammann)
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch