Die neue Community für junge Auslandschweizer
Sie haben gemeinsame Anliegen, sind aber über die ganze Welt verstreut. Um dieses Hindernis zu überwinden, hat eine Gruppe junger, motivierter Auslandschweizer das erste Auslandschweizer Jugendparlament gegründet. Es ist ein "virtuelles Parlament", denn es funktioniert über soziale Netzwerke wie Facebook und nutzt Skype und Internet für Abstimmungen.
Der erste Entscheid des Auslandschweizer Jugendparlaments (ASJUPA) war die Wahl eines Vorstands, der die Interessen und Beschlüsse dieses Gremiums vertritt und die Aktivitäten koordiniert. Aus einer Liste von 17 jungen Erwachsenen, die in unterschiedlichen Ländern dieser Welt leben, wurden 13 gewählt.
Die Wahl wurde am 18. Oktober online durchgeführt. Das Datum war nicht zufällig gewählt, sondern zeitgleich mit den 50. Eidgenössischen Parlamentswahlen. Damit sollte die Verbundenheit zum Heimatland unterstrichen werden, sagt Davide Wüthrich, einer der ASJUPA-Initianten und neues Vorstandsmitglied.
ASJUPA
Das Auslandschweizer Jugendparlament (ASJUPA) ist nicht parteiengebunden und steht allen jungen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern zwischen 15 und 35 Jahren offen, die bereits über 10 Jahre im Ausland leben.
Gemäss Statuten «engagiert sich das Jugendparlament für die Bedürfnisse der Auslandschweizer und setzt sich für die politische Bildung ein, die Teilnahme und Meinungsbildung an politischen Prozessen sowie die soziale Entwicklung junger Auslandschweizer».
Der ASJUPA-Vorstand besteht aus 13 Mitgliedern, die vom Jugendparlament gewählt werden. Die Amtszeit beträgt zwei Jahre.
Die Wahlberechtigten können zwei Stimmen abgeben: eine Stimme für einen Kandidaten des eigenen Kontinents, die zweite Stimme für einen Kandidaten eines anderen Kontinents.
Im Prinzip sollten im Vorstand Vertreter aus allen Kontinenten einsitzen. Bei den ersten Wahlen konnte allerdings kein Kandidat aus Asien gefunden werden.
Am 18. Oktober 2015 wurden 13 Vorstandsmitglieder gewählt:
Europa: Timothy Foreman (17), Tschechien; Marie Lingl (17), Frankreich; Guido D’Auria (21), Italien-Schweiz; Davide Wüthrich (27), Italien-Schweiz; Edoardo Trebbi (22), Italien; Lis Zandberg (19), Niederlande; Wanja Kaufmann (19), Schweden.
Nordamerika: Samuel Cremieux (16), USA; Michael Valente (16); Kanada.
Südamerika: Laura Derrer (19), Chile; Francisca Espinoza (17), Chile.
Afrika: Najib Bourkhis (20), Tunesien.
Ozeanien: Ryan Cooper (19), Australien.
Die Bindung an das Ursprungsland ist jedoch brüchig, denn die Jungen der Fünften Schweiz haben den Eindruck, dass ihre Anliegen nicht genügend wahrgenommen werden. Die weltweit mehr als 750 Vereine von Auslandschweizern entsprechen nicht immer ihren Bedürfnissen. Darum beteiligen sie sich häufig nicht an deren Aktivitäten.
Ein Netzwerk nach Mass der Jungen
So entstand bei einigen Jungen die Idee, das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und einen Verein zu gründen, der auf die Erfordernisse ihrer Generation zugeschnitten ist. Ziel ist es, ein Netzwerk zu schaffen, das es jungen Schweizerinnen und Schweizern auf der ganzen Welt erlaubt, Ideen und Informationen auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und Projekte zu verwirklichen.
«Dank dieses Netzwerkes können Personen in Kontakt miteinander treten, die sich ansonsten wohl nie kennenlernen würden», meint Wüthrich. Das Jugendparlament will an der Entwicklung von Politik für die Jungen teilhaben, ist aber nicht an eine Partei gebunden. «Wir wollen auf keinen Fall eine Plattform für parteipolitische Propaganda sein», betont der Jungpolitiker.
Dank des Jugendparlaments könne man aber jungen Auslandschweizern erklären, wie sie wählen und abstimmen könnten, und generell für das demokratische System der Schweiz sensibilisieren, meint der junge Italo-Schweizer, der zur Zeit an der ETH Lausanne (EPFL) an seiner Doktorarbeit schreibt.
Das ASJUPA wird autonom von den jungen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern selbst verwaltet. Die neue Community versteht sich nicht als Opposition zu den Auslandschweizer-Vereinen oder der Auslandschweizer-Organisation (ASO). Im Gegenteil: Eine enge Zusammenarbeit wird angestrebt. «Unser Ziel ist es, einen Vertreter im Auslandschweizer-Rat zu stellen», meint Wüthrich.
Ein Vorbild in Italien
Das Vorbild für das ASJUPA kommt aus Italien, wo sich im Herbst letzten Jahres unter dem Namen «Unione Giovani Svizzeri» (UGS) ein Parlament junger Auslandschweizer konstituiert hat. «Sie sind sehr gut organisiert und haben Vertreter aus allen Regionen Italiens. Sie sind engagiert, seriös und arbeiten hervorragend», lobt Daniel Bijsterbosch, der bei der ASO für den Jugenddienst verantwortlich ist.
Die gute Arbeit der UGS hat den «Collegamento Svizzero», den Dachverband der Schweizervereine in Italien, dazu bewogen, die UGS anzuerkennen und den UGS-Präsidenten in den eigenen Vorstand aufzunehmen.
Diese Erfahrung in Italien hat mit Sicherheit einen wichtigen Schub für den Entschluss einer kleinen Gruppe junger, motivierter Auslandschweizer gegeben, am Auslandschweizer-Kongress im August 2015 in Genf das Auslandschweizer Jugendparlament zu gründen. Im Rahmen eines Seminars wurde über die Erfahrungen in Italien gesprochen. Das führte zur Überzeugung, dass ähnliche Initiativen auf der ganzen Welt möglich sein sollten.
Wachstum angestrebt
Zu den Aufgaben des AJUPA-Vorstands gehört es denn auch, die Einrichtung von Jugendparlamenten von Auslandschweizern in möglichst vielen Ländern zu fördern. Bereits sind solche Gründungen geplant, etwa in Grossbritannien im November 2015 oder in Chile im Januar 2016.
Die Voraussetzungen für dieses Unterfangen scheinen gut: Als die Plattform von AJUPA auf Facebook am 17. August 2015 lanciert wurde, gab es anfänglich ein Dutzend Mitglieder. Inzwischen sind fast 300 junge Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer auf der ganzen Welt beigetreten.
Laut Davide Wüthrich ist dieses wachsende Interesse ein grosser Ansporn für die Promotoren und neu gewählten Vorstandsmitglieder. Denn es sei nicht einfach, die über die ganze Welt verstreuten jungen Auslandschweizer ausfindig zu machen.
Dank Facebook und Skype können die Mitglieder des Parlaments und Vorstands miteinander kommunizieren und Sitzungen abhalten, auch wenn sie sich an den unterschiedlichsten Orten dieses Planeten befinden. Doch an erster Stelle ist es wichtig, dass potenziell Interessierte von der Existenz dieser neuen Plattform erfahren.
«Und das ist nicht einfach», räumt Wüthrich ein. Doch er ist ein Optimist. Sollten in verschiedenen Ländern eigene Jugendparlamente gegründet werden, werde dies mit Sicherheit parallel auch das Wachstum des Auslandschweizer Jugendparlaments beschleunigen.
Zusammenarbeit mit Landsleuten in der Schweiz
«Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Verwirklichung von nachhaltigen Projekten, nicht bei gelegentlichen Aktionen», meint seinerseits Daniel Bijsterbosch. Doch er ist überzeugt, dass der Vorstand diese Philosophie verfolgen werde.
Die neugewählten Vorstandsmitglieder haben jedenfalls keine Zeit vertrödelt. Eine Delegation wird bereits am nächsten Wochenende an den Arbeiten des Dachverbandes Schweizer Jugendparlamente teilnehmen.
Zum Puzzle an kommunalen, regionalen und kantonalen Jugendparlamenten der Eidgenossenschaft fügt sich so ein internationales Teil hinzu. Dies wird es erlauben, den Austausch und die Beziehungen zwischen jungen Schweizern im In- und Ausland zu erleichtern und zu vertiefen.
PLACEHOLDER(Übertragen aus dem Italienischen: Gerhard Lob)
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