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Kaiserschnitte sorgen für Aufregung

Reuters

Jedes dritte Kind kommt in der Schweiz per Kaiserschnitt zur Welt. Vor allem in urbanen und reichen Gegenden mit einer hohen Dichte an Privatkliniken sind Kaiserschnitte häufig. Das ruft auch Kritiker auf den Plan.

Vor allem Operationen, die nicht medizinisch begründet sind, werden kritisiert. Das Thema ist emotional beladen, was die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern verhärtet hat.

Die niedrigste Kaiserschnitt-Rate hat der Kanton Jura, die zweitärmste Region der Schweiz, mit 19%. Mit 43% hat der reiche Kanton Zug die höchste Rate.

Die Unterschiede seien ein Indiz dafür, dass längst nicht alle Kaiserschnitte medizinisch begründet seien, sagt Doris Güttinger, die Geschäftsführerin des Schweizerischen Hebammenverbandes. Aus ihrer Sicht werden zu viele Kinder mit einem Kaiserschnitt zur Welt gebracht.

Sie hat jedoch nichts dagegen, wenn sich eine Frau – auch aus nichtmedizinischen Gründen – für den Eingriff entscheidet, solange sie sich der Risiken für sie und ihr Kind bewusst sei.

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Hebammen gegen Wunschkaiserschnitte

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat kürzlich einen Bericht veröffentlicht, das Kaiserschnitte weder verurteilte noch unterstützte. Doch Gesundheitsspezialisten des Nidwaldner Kantonsspitals in Stans sind klar dagegen. 29% der Geburten im Spital sind Kaiserschnitte, was im nationalen Durchschnitt liegt. Doch das Geburtshilfe-Team will die Anzahl senken. Und im nahegelegenen Geburtshaus ist Kaiserschnitte praktisch ein Schimpfwort. (Julie…

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Die Kostenfrage

In der Schweiz liegt der Entscheid bei der Mutter, doch man nimmt an, dass sie oft dem Rat des Arztes folgt. Laut Studien wollen sich lediglich 2% der Frauen von Beginn weg einem Kaiserschnitt unterziehen, während 60% angaben, die Ärzte hätten ihnen dazu geraten.

«Da stellt sich die Frage, wie weit die finanzielle Seite eine Rolle spielt, denn mit einem Kaiserschnitt verdienen die Ärzte mehr», sagte Güttinger. Für einen Kaiserschnitt liegt die Fallpauschale um 50% höher als für eine natürliche Geburt.

Christian Westerhoff, Bereichsleiter klinische Bereiche bei der grössten Schweizer Privatklinik-Gruppe Hirslanden ist damit nicht einverstanden. Es stimme, dass Kaiserschnitte mehr Einnahmen brächten, sagte er, doch sie kosteten auch mehr.

Ausdruck des Fortschritts

Statistiken zeigen, dass Frauen, die sich für einen Kaiserschnitt entscheiden, oft privat versichert sind. Das heisst: Sie können Arzt und Spital frei wählen und wählen oft eine Privatklinik.

Für Westerhoff ist das Ausdruck des Wunsches, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. «Kaiserschnitte sind Ausdruck des medizinischen Fortschrittes. Sie bringen mehr Sicherheit und Bequemlichkeit. Die Leute sind bereit, dafür zu bezahlen», sagt er. «Niemand käme es in den Sinn, heute einen Knochenbruch ohne Anästhesie zu behandeln.»

Eine Frau habe neun Monate Zeit, um sich eine Meinung zu bilden und mit ihrem Arzt zu diskutieren, so Westerhoff. «Deshalb versuchen wir nicht, sie von etwas zu überzeugen. Wir respektieren die Entscheide der Frauen, ihre Ängste, sich in die Obhut eines Arztes zu begeben oder ihre Abneigung gegen schmerzhafte Erfahrungen.»

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Die Kaiserschnittrate liegt bei den Hirslanden-Kliniken bei bis zu 55% und damit über dem schweizerischen Schnitt. Am Berner Inselspital, dem Spital mit dem höchsten Anteil an Risikogeburten, beträgt sie insgesamt 38%. Wenn man die Risikogeburten ausnimmt, beträgt sie noch 25%, wie der Chef der Geburtshilfe, Daniel Surbek, sagt.

1998 betrug die Kaiserschnitt-Rate in der Schweiz 23%, 2010 waren es 32,6%, 2012 stieg die Rate auf 33,3%.

Die Gründe für diese hohe Rate seien nicht eindeutig festlegbar, schreibt das Bundesamt für Gesundheit in einem im Februar 2013 veröffentlichten Bericht, der sich auf ein Postulat der sozialdemokratischen Ständerätin Liliane Maury Pasquier bezieht.

Mit einer Kaiserschnitt-Rate von einem Drittel belegt die Schweiz im Vergleich mit anderen Staaten der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) einen der vorderen Ränge.

Den Rekord hält China mit einer Kaiserschnitt-Rate von 46%.

Unbekannte Risiken

Der Unterschied zwischen Privatkliniken und öffentlichen Spitälern sei signifikant, sagte Güttinger. Frauen würde vielfach zu einem Kaiserschnitt geraten mit dem Argument, so seien sie und das Baby auf der sicheren Seite.

Die Risiken blieben jedoch unerwähnt. «Man sagt den Frauen oft, ein Kaiserschnitt sei sicherer als eine natürliche Geburt, doch das ist falsch. Die Risiken bei einem Kaiserschnitt sind für Mutter und Kind höher.»

Hebammen warnen und verweisen auf Studien, wonach Kinder, die mit Hilfe eines Kaiserschnittes auf die Welt kamen, später mehr unter Atemproblemen, Diabetes und Asthma leiden. Mütter haben laut Studien ein höheres Risiko für Blutungen, Infektionen und andere Komplikationen. Aber auch natürliche Geburten bergen Risiken.

«Die Geburten sollten wieder vermehrt von Hebammen durchgeführt werden. Die Ärzte sollten ihre Richtlinien neu überlegen und die Frauen sollten eine Zweitmeinung einholen, wenn ihnen ein Arzt einen Kaiserschnitt empfiehlt», sagt die Soziologin Claudia König.

Information zentral

«Die Ärzte erhalten keine Unterstützung, um sich für eine natürliche Geburt einzusetzen. Das medizinische Personal müsste lernen, auch mit komplexeren Geburten umzugehen», sagt die ehemalige Hebamme Jessica Pehlke-Milde: «Es muss unser Ziel sein, dass die Frauen eine Geburt als etwas natürliches empfinden und nicht als Krankheit.»

König ergänzt: «Die Anzahl Kaiserschnitte in einer Klinik ist direkt abhängig von den Überzeugungen der Chefärzte. Es gibt auch Ärzte, die bieten keine natürlichen Geburten an.»

Das Inselspital verfolgt die Philosophie, so weit wie möglich natürliche Geburten anzubieten. Das hat zur Folge, dass die Zahl der Kaiserschnitte ohne medizinische Indikation unter 2% liegt. «Ich informiere die Frauen, die einen Kaiserschnitt möchten, persönlich und sorgfältig über die kurz- und langfristigen Risiken», sagt Daniel Surbek.

Es gebe Frauen, die einen Kaiserschnitt wünschten, weil sie durch eine frühere Geburt traumatisieret seien oder sich vor einer Beeinträchtigung der Sexualfunktionen fürchteten. Lifestyle- und soziale Trends würden also auch eine Rolle spielen, so Surbek.

(Übersetzung aus dem Englischen: Andreas Keiser)

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