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Kein Präsidentenwechsel bei der ASO Deutschland

Ort der ASO-Konferenz: Naumburg in Sachsen-Anhalt. AFP

Im Mittelpunkt der Jahreskonferenz der Auslandschweizer in Deutschland standen die Neuwahlen in den Auslandschweizer-Rat. Erfreut zeigte sich die Konferenz über Fortschritte beim E-Voting und bei den Institutionellen Beziehungen zum Heimatland.

Sie sei “keine Sesselkleberin“ sagte die Präsidentin der Auslandschweizer-Organisation(ASO) Deutschland, Elisabeth Michel. Sie ist seit 16 Jahren Präsidentin und hatte eigentlich vorgesehen, das Amt dem Vizepräsidenten Peter S. Kaul zu übergeben.

Doch Kaul, der auch Honorarkonsul in Dresden ist, kam zum Schluss, dass “ich etwas richtig mache, wenn ich es mache“, wie er gegenüber swissinfo.ch sagte. “Ich hatte in letzter Zeit zu viele Terminkollisionen und alleine das Präsidentenamt, das ja gleichzeitig auch einen Sitz im Auslandschweizerrat beinhaltet, hätte die Agenda gefüllt. Zudem haben wir vier Kinder und ich arbeite als selbständig Erwerbender.“ Deshalb habe er sich entschieden, auch nicht mehr für den Auslandschweizerrat zu kandidieren und sich auf das Amt als Honorarkonsul zu konzentrieren.

“Jetzt habe ich keinen Nachfolger“, sagte Michel und liess sich für eine weitere Amtszeit von vier Jahren zur Präsidentin wählen. Für die restlichen sieben Sitze, die Deutschland im Auslandschweizerrat innehat, kandidierten fünf Männer und drei Frauen. Gewählt wurden nach zwei äusserst knappen Wahlgängen und einer Stichwahl fünf Männer und zwei Frauen.

Der Auslandschweizerrat (ASR) vertritt die Interessen aller Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer gegenüber Behörden und Öffentlichkeit in der Schweiz. Er wird deshalb in den Medien oft als «Parlament der Fünften Schweiz» bezeichnet.
 
Der Rat hat 140 Mitglieder: 120 Delegierte und 20 in der Schweiz lebende Mitglieder.
 
Die 20 «Inlandschweizer» repräsentieren die Politik und andere für Auslandschweizer wichtige Sekoren wie Wirtschaft, Medien und Kultur. Sie werden vom Auslandschweizerrat auf Vorschlag des Vorstandes der ASO gewählt.
 
Die 120 Sitze für die Delegierten sind proportional zur Zahl der Auslandschweizer in einem Land verteilt. Europa hat 60 Delegierte, die USA 30, Afrika 8, Asien 16 und Ozeanien 6.
 
Auf Länderebene hat Frankreich mit 12 am meisten Delegierte. Deutschland hat 8, die USA ebenfalls 8, Italien 6 und Kanada 5. Alle andern Länder haben weniger als 5 Delegierte.

E-Voting: vorwärts, aber nicht so schnell

Im vergangenen August hat die ASO bei der Bundeskanzlei eine Petition eingereicht, die ein forciertes Tempo bei der Einführung der elektronischen Stimmabgabe, dem so genannten E-Voting, fordert. Zielvorstellung war, das bei den eidgenössischen Parlamentswahlen im Herbst 2015 alle Auslandschweizer online wählen können.

So weit wird es nicht kommen. Dafür gibt es neben administrativen und technischen auch rein ökonomische Gründe. So will der Kanton Zug das e-Voting erst dann einführen, wenn es sich bewährt, wenn es die Kinderkrankheiten hinter sich gelassen hat. Da ist 2015 ein zu kurzer Zeithorizont.

An der seit Jahren laufenden Versuchsphase beteiligen sich jedoch immer mehr Kantone, wie ASO-Direktor Rudolf Wyder ausführte. Er rechnet damit, dass bis zu drei Viertel aller Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer 2015 ihre Stimmen per Internet werden abgeben können.

Gesetz in Vernehmlassung

Positiv reagierten die Konferenzteilnehmer auch über Fortschritte bei einer andern Forderung, die seit Jahren in Bundesbern auf dem Tisch liegt, bei der Schaffung eines Auslandschweizergesetzes. Der Gesetzesentwurf geht nun in die Vernehmlassung, danach ins Parlament. Am 1. Januar 2015 soll das Gesetz in Kraft treten.

Damit sollen die Institutionellen Beziehungen der Auslandschweizer zu ihrem Heimatland vereinfacht und besser koordiniert werden. Konkret soll es lediglich noch eine Anlaufstelle geben für die internationale Mobilität der Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig soll im Bereich Abenteuertourismus die Eigenverantwortung klarer definiert und höher gewichtet werden.

Federführend für die Beziehungen zwischen Auslandschweizern und der Bundesverwaltung wird das Aussendepartement sein, bei dem auch die Anlaufstelle angesiedelt wird.

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Der Delegierte für Auslandschweizer-Beziehungen im Aussendepartement, Jean-François Lichtenstern, konnte und wollte zum genauen Inhalt des Gesetzes noch nichts sagen, da dieses erst in den kommenden Tagen den Kantonen und andern interessierten Kreisen zur Vernehmlassung unterbreitet wird.

Er lobte jedoch die gute Zusammenarbeit mit der Auslandschweizer-Organisation ASO und erinnerte daran, dass sich inzwischen auch die Wogen rund um die Erscheinungsform des offiziellen “Amtsblattes“ für Auslandschweizer, die Schweizer Revue geglättet haben. Als der Bundesrat vor fünf Jahren entschieden hatte, das Budget der Schweizer Revue zu kürzen und sie per E-Mail und die Druckversion nur noch auf ausdrücklichen Wunsch hin zu versenden, war die Empörung bei vielen Auslandschweizern gross.

Das Parlament stimmte wenige Monate später einem Kompromiss zu, die Revue erscheint weiterhin in gedruckter Form, doch die Zeiten ändern sich und neu kann sie jetzt auch auf den immer mehr genutzten Tablet-Computern gelesen werden. Die entsprechende APP stehe bereit, sagte Lichtenstern.

Im politischen Diskurs noch nicht angekommen

Die Schweiz werde möglicherweise “in grosse Probleme rein laufen“, aber das sei im “politischen Diskurs noch nicht angekommen“, sagte der Schweizer Botschafter in Berlin, Tim Guldimann. Er bezog sich dabei auf die kommenden Volksabstimmungen über die Aufhebung der Personenfreizügigkeit und über deren Ausweitung auf das neue EU-Mitglied Kroatien.

Deutschland, das in der aktuellen europäischen Schuldenkrise “gegen den eigenen Willen eine Führungsrolle“ innerhalb der EU einnehme, habe andere Prioritäten. “Da stehen unsere Anliegen nicht zuoberst auf der Agenda.“

Angesichts der klammen Staatsfinanzen habe der Druck auf die Schweiz zugenommen. “Wenn das Geld fehlt, schaut man wo das Geld ist“, sagte Guldimann mit Blick auf den automatischen Datenaustausch in Steuerfragen, der in der EU immer mehr Bedeutung gewinnt.

Auch in der Frage Unternehmenssteuern “nimmt der Druck zu“, so Guldimann. Die tiefen Unternehmenssteuern für ausländische Firmen würden innerhalb der EU “als Standortvorteil für die Schweiz“ empfunden. Dazu komme, dass die Schweiz umgehend Wilhelm Tell anrufe, wenn die von der EU geforderte gemeinsame Gerichtsbarkeit zur Überwachung der bilateralen Verträge aufs Tapet komme.

Die Illusion

Ohne Lösung der institutionellen Probleme, sei die EU nicht bereit, über ein für den beschlossenen Atomausstieg wichtiges Stromabkommen zu verhandeln. Doch der Schweiz gehe es zurzeit gut, “sie ist reich und es besteht kein Leidensdruck. Wir geben uns der Illusion hin, eigentlich gehe es uns wunderbar“.

Auch wenn die deutsche Politik zurzeit andere Prioritäten habe und sie sich im Wahlkampf befinde sei positiv, dass bei den Meinungsträgern der deutschen Wirtschaft und der Politik “ein robustes Wohlwollen gegenüber der Schweiz“ vorherrsche. Das Potential der “ausgezeichneten Beziehungen mit Deutschland“ müsse auch mit Blick auf die EU ausgenützt werden, so Guldimann.

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