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Pedalen ist toll, aber mit Elektrizität noch besser

So schnell wie Fabian Cancellara? Mit einem Elektrovelo lässt sich das vielleicht sogar machen. Keystone

Elektrovelos sind in der Schweiz der grosse Renner. In den letzten beiden Jahren sind die Verkäufe regelrecht explodiert, die Produzenten von E-Bikes können der enormen Nachfrage kaum nachkommen.

Die Velos mit elektrischem Hilfsantrieb haben in der Schweiz die Rennräder in der Verkaufs-Rangliste überholt: Letztes Jahr wurden 10’000 mehr Elektro-Velos verkauft.

Die Zunahme der Verkäufe ist dramatisch: Gingen 2007 noch 5825 E-Bikes über den Ladentisch, waren es 2008 bereits 12’600 und im Jahr 2009 satte 23’886 Stück, wie der Verband Velosuisse der Schweizer Fahrradlieferanten mitteilte. Eine Zunahme von über 400% innert zwei Jahren!

Fast 7 auf 100 in der Schweiz verkaufte Fahrräder haben heute elektrische Unterstützung.

Eine aussergewöhnliche Zahl, wenn man bedenkt, dass diese Zweiräder eher teuer sind: Die Preise beginnen bei 1500 Franken und klettern bis auf 6000 Franken für ausgefeiltere Modelle.

Ein Vehikel für Veteranen?

«Als wir vor fünf Jahren damit angefangen haben, sagten viele, wir verkauften Fahrzeuge für Faule oder Alte», erinnert sich Dominique Schönbächler, der im neuenburgischen Corcelles zusammen mit Marc-Antoine Chavaillaz «Loco Emotion» betreibt, ein auf E-Bikes spezialisiertes Geschäft.

Der Wandel war radikal: Zuerst begannen sich die Frauen für diese Art der Fortbewegung zu interessieren, heute aber besteht die Kundschaft vorwiegend aus Männern, darunter auch jüngere und sportliche.

«Es gibt immer weniger junge Männer, die ihre Quadrizeps tätscheln und erklären, sie bräuchten keinen Elektroantrieb», sagt Schönbächler schmunzelnd.

2009 hat sein Laden in Corcelles rund 80 Elektrofahrräder verkauft – eine Zahl, die er in diesem Jahr bereits im Juli erreicht hat.

«Wir erleben hier eine unglaubliche Entwicklung. Das Elektrovelo ist zum Alltagsgegenstand geworden», erklärt Geschäftspartner Marc-Antoine Chavaillaz.

«Neben dem steigenden Umweltbewusstsein beginnen die Leute zu verstehen, dass sie mit dieser Art Fahrzeug überallhin kommen, besonders in Städten wie Lausanne oder Neuenburg mit teils sehr steilen Strassen. Zudem ist man in der Stadt schneller als mit den meisten anderen Transportmitteln, vor allem während der Stosszeiten.»

Und der E-Velohändler ergänzt: «Viele Leute kaufen auch ein E-Bike, um ihren Scooter oder ihr Zweitauto zu ersetzen.»

Die Gesundheit sei ein weiteres wichtiges Verkaufsargument, ergänzt Schönbächler: «Wir haben immer weniger Zeit, uns um die Fitness zu kümmern; eine halbe Stunde pro Tag zur Arbeit und zurück zu pedalen ist gerade genügend Sport, um in Form zu bleiben.»

Sich mit einem Elektrovelo auszurüsten heisst aber nicht, dass man nie mehr in die Pedale treten muss. Der Motor sorgt lediglich für eine elektrische Unterstützung, deren Stärke der Velofahrer am Lenker regeln kann.

«Die Unterstützung reicht von 25% bis zu 300% bei einigen Modellen», sagt Chavaillaz. «Das heisst, der Motor kann den durch die Pedale erzeugten Schub bis zu dreimal verstärken.»

Grösserer Aktionsradius

Die technische Entwicklung, die dahintersteckt, ist enorm: Die ersten Batterien wogen 10 bis 15 Kilo und brachten ein Fahrrad etwa 20 Kilometer weit. Heutige Lithium-Batterien erlauben eine Fahrt von rund 60 Kilometern – bei einem Gewicht von 2,5 bis 4 Kilogramm.

Die Lebensdauer dieser Batterien hängt selbstverständlich von deren Gebrauch ab, generell liegt sie aber bei drei bis vier Jahren oder rund 20’000 Kilometern.

«Ein Batteriewechsel kostet heute zwischen 600 und 1000 Franken», erklärt Marc-Antoine Chavaillaz. Wer aber heute ein E-Bike erwerbe, könne dank der laufenden Entwicklung praktisch sicher sein, in drei bis vier Jahren eine viel bessere Batterie kaufen zu können.

Und mit dem Marktauftritt von stärkeren Modellen, die Tempi bis 45 km/h erlauben, ist der Aktionsradius noch einmal gestiegen. Laut Chavaillaz sind mit solchen Velos auch längere Fahrten zu bewältigen, wie etwa ein 50 Kilometer langer Arbeitsweg.

Auch der Preis für solche Reisen ist konkurrenzlos: Für die Batterien von Bionx, sofern sie zusätzlich mit einer Rückgewinnung der Bremsenergie versehen sind, wurden Elektrizitätskosten von 0,2 Rappen pro Kilometer errechnet. Dazu kommen noch 3,6 Rappen für die Abschreibung der Batterie.

Wartezeit bis drei Monate

Die Nachfrage nach Elektrofahrrädern übersteigt derzeit die Liefermöglichkeiten der Hersteller. «Bei einigen Modellen, die wir anbieten aber nicht auf Lager haben, müssen Kunden manchmal bis zu drei Monate warten», betont Chavaillaz.

Biketec, der grösste Schweizer Hersteller in Huttwil im Berner Emmental, versucht derzeit, den Aufträgen mit Überstunden so schnell wie möglich nachzukommen. Ihr Modell «Flyer» geht derzeit weg wie warme Weggli. Die Konzernleitung plant, einen neuen Flügel von 7000 Quadratmetern zu bauen – zusätzlich zu den aktuellen 8500 Quadratmetern der erst im Jahr 2009 eröffneten Fabrik!

Ihr Swiss-Made-Fahrrad sorgt derzeit nicht nur im eigenen Land für Furore, sondern auch in Deutschland, Holland und Österreich.

«Laut Experten sollen die Verkäufe von Elektrovelos in der Schweiz 30% der Neuverkäufe von Velos erreichen, während es heute 5 bis 10% sind», erklärte Biketec-Direktor Kurz Schär kürzlich dem Wirtschaftsmagazin L’Agefi.

In Holland erreicht der E-Bike-Markt heute bereits einen Anteil von 20% aller Veloverkäufe, während dieser in Deutschland bei 4 bis 5% liegt. Auch wenn die Konkurrenz stärker geworden ist und grosse Fahrrad-Hersteller auf den Zug aufgesprungen sind, bleibt noch einiges an Entwicklungspotenzial.

«Vielleicht ist das Ganze nur eine Modeerscheinung», gibt Chavaillaz zu bedenken. «Doch auch bei den Mountainbikes sprach man von einer Mode – und noch heute gehen viele davon über den Ladentisch.»

Der Händler ist überzeugt, dass die Zukunft den Elektro-Fahrrädern gehört: «Die sanfte Mobilität ist eine Mischung verschiedener Transportmittel, und das E-Bike hat ganz klar seinen Platz darin gefunden.»

Daniele Mariani, swissinfo.ch
(Übertragen aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

Es gibt zwei Kategorien von E-Bikes: Zweiräder, bei denen der Elektromotor das Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h unterstützt. Danach setzt der Motor aus. Für diese Fahrräder braucht es keinen Führerschein.

Weiter gibt es Elektrofahrräder mit unbeschränkter Tretunterstützung. Dafür wird ein Motorfahrrad-Führerschein benötigt.

Mit einem «Dolphin-E-Bike Express» können etwa bis zu 40 bis 45 km/h erreicht werden.

In einem vor zwei Jahren durchgeführten Test hängte ein Deutschschweizer Fernsehmoderator mit diesem E-Bike-Typ den Schweizer Radrennfahrer Fabian Cancellara auf einer fünf Kilometer langen Bergstrecke ab.

Kürzlich wurde mit einem in Deutschland hergestellten Prototypen eine Geschwindigkeit von 80 km/h erreicht.

Unfallforscher fordern, dass Elektrobike-Fahrer künftig Helme tragen sollten, wie die Versicherung AXA Winterthur und die deutsche Prüfgesellschaft Dekra mitteilten.

Weil die bis zu 45 km/h schnellen Velos mit Hilfsmotor von anderen Verkehrsteilnehmern unterschätzt würden, könne es zu Unfällen mit gravierenden Folgen kommen, warnen die Experten.

In der Schweiz haben Forscher ein mögliches Unfallszenario durchgespielt: Ein E-Biker prallt mit 40 km/h gegen eine sich öffnende Autotür. Der Fahrer des Elektrobikes hätte sich schwer an Kopf und Brust verletzt.

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