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«Die Schweiz ist für mich die Referenz»

Der 32-jährige Claudio Ghizzo arbeitet in Italien als Krankenpfleger. Er glaubt, dass seine Schweizer Wurzeln seine Mentalität und seinen Bürgersinn beeinflusst haben. Aber er fühlt sich auch sehr stark mit den Dolomiten verbunden.

swissinfo.ch: Sie wurden in Italien geboren. Sind Sie wegen Ihrer Mutter, Ihres Vaters oder beiden Auslandschweizer?

Claudio Ghizzo: Ich wurde in Italien als Sohn einer Schweizer Mutter geboren.

swissinfo.ch: Haben Sie je daran gedacht, mal in der Schweiz zu leben?

C.G.: Der Wunsch, mich in der Schweiz niederzulassen, ist immer in meinen Gedanken, aber es ist nicht einfach, sein eigenes Leben radikal zu verändern.

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten, unter anderem zum Gastland, sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.

swissinfo.ch: Welcher Arbeit gehen Sie gegenwärtig nach?

C.G.: Ich bin diplomierter Krankenpfleger und arbeite in einem Spital in der Nähe meiner Wohnung.

Ich habe dafür die Universität besucht und einen Wettbewerb bestanden, wonach ich eine feste Anstellung in der öffentlichen Verwaltung bekommen habe.

Beruflich könnte es besser laufen, denn mein Beruf ist politisch und sozial wenig anerkannt. Ich denke, in der Schweiz würde meine Arbeit mehr geschätzt.

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swissinfo.ch: Wo leben Sie gegenwärtig, wie ist das Leben, die Küche dort?

C.G.: Ich lebe mitten in den Dolomiten, in der Provinz Belluno. Das Leben ist ruhig, und die öffentliche Verwaltung funktioniert gut, wenn man mit anderen Regionen Italiens vergleicht. Belluno steht in Sachen Lebensqualität an erster Stelle in Italien.

Die traditionelle Küche ist wie jene des Kantons Tessin bäuerlich geprägt. Polenta, Fagioli und «Pastin», das ist eine Mischung aus Salami, die wie Wurst gekocht wird.

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swissinfo.ch: Ihr Hobby ist die Fotografie. Was fasziniert Sie daran besonders?

C.G.: Ich wurde nahe der Berge geboren, deshalb war es naheliegend, mich der Naturfotografie zu widmen. Diese Art der Fotografie ist nicht einfach, man ist eigentlich dem Jäger näher als dem Künstler. Dafür wird man mit einmaligen Momenten mitten in der Natur belohnt und sieht Dinge, die nicht jeder das Glück hat, zu sehen.

Ich hoffe, mit der Fotografie die Menschen für die Schönheit der Natur sensibilisieren zu können, so dass sie diese besser respektieren.

Welches Tier fotografiere ich am liebsten? Den Steinbock! Er ist das Symbol des Kantons Graubünden und somit auch meiner Wurzeln, und ein wahrer Alpinist. Wenn ich einen sehe, ist das immer ein aussergewöhnlicher «Inscunter» (Begegnung auf Rumantsch, A.d.R.)!

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swissinfo.ch: Was ist in Italien attraktiver als in der Schweiz?

C.G.: Die Dolomiten! Diese Berge sind einmalig in der Welt.

swissinfo.ch: Wie denken Sie aus der Ferne über die Schweiz?

C.G.: Sie ist meine Referenz, ein Beispiel von Kultiviertheit und Moral.

swissinfo.ch: Fühlen Sie sich manchmal fremd oder sind Sie gut integriert?

C.G.: Da ich in Italien geboren wurde, kann ich zwar nicht sagen, ich sei nicht gut integriert, aber oft denke ich, dass meine Mentalität, mein Bürgersinn und meine Erziehung etwas anders sind als an jenem Ort, wo ich lebe.

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swissinfo.ch: Welche kulturellen Unterschiede bereiten Ihnen am meisten Mühe?

C.G.: Der vorherrschende Individualismus in Italien. Man denkt nur an sein individuelles Wohl und selten an das Gemeinwohl. Es gibt keinen nationalen Zusammenhalt. Das gilt sowohl für die Gesellschaft als auch für die Politik.

swissinfo.ch: Was freut Sie in Ihrem Alltag in Italien am meisten?

C.G.: Die Berge, für mich ein Ort des Friedens und der Zuflucht.

swissinfo.ch: Was vermissen Sie von der Schweiz am meisten?

C.G.: Die Ordnung, das Gemeinschaftsgefühl, die direkte Demokratie, die Strassen, die saubere Luft und das Gefühl der Zugehörigkeit zur Heimat.

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