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«Schweizer zu sein, ist ein zentraler Bestandteil meiner Identität»

Ehepaar mit Kleinkind
François Schwalb mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn. Der Pfarrer und Marketing-Experte liest jede Woche die neusten Nachrichten aus der Schweiz. zVg

Schon als Kind interessierte sich François Schwalb für die Schweiz, das Heimatland seines Vaters. Heute lebt der 30-Jährige mit seiner jungen Familie und zahlreichen Tieren in der südafrikanischen Provinz, wo er in der Obst- und Gemüseindustrie tätig ist.

swissinfo.ch: Warum sind Sie Auslandschweizer?

François Schwalb: Ich wurde 1988 in Südafrika geboren. Mein Vater ist Schweizer. Wir lebten 1996-97 in der Schweiz, als ich zwischen sieben und neun Jahre alt war.

Wir besuchten die Schweiz 2008 und 2018 noch einmal. Nach der jüngsten Reise mit meiner Frau und unserem einjährigen Sohn planen wir, Familie und Freunde in der Schweiz künftig mindestens alle zwei Jahre zu besuchen.

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten, unter anderem zum Gastland, sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.

swissinfo.ch: Haben Sie je daran gedacht, mal in der Schweiz zu leben?

F.S.: Es ist immer eine Option, «zurückzukehren». Doch gegenwärtig leben wir ein sehr glückliches und gut integriertes Leben mit sicheren und interessanten Jobs, mit Freunden und Familie in der Nähe. Wir haben hier auch viele Verantwortlichkeiten – dazu gehören zwei Hunde, drei Katzen, zwei Pferde und vier Esel.

swissinfo.ch: Was für einen Bezug haben Sie zur Schweiz?

F.S.: Schweizer zu sein, ist ein zentraler Bestandteil meiner Identität, wie ich mich, meine Eltern und Geschwister sehe und verstehe. Ich interessiere mich für viele Aspekte des Landes und lese wöchentlich eine Menge darüber. Und je mehr ich lese, desto mehr liebe ich die Schweiz.

Mann mit Baby im Kinderwagen vor einem Berg
François Schwalb mit seinem Sohn beim Blyde River Canyon in der Provinz Limpopo. zVg

​​​​​​​swissinfo.ch: Wann wurde Ihnen bewusst, dass Sie eine Schweizer Seite haben? Warum interessieren Sie sich für die Schweiz?

F.S.: Die Schweiz war, seit ich mich erinnern kann, ein Teil unserer Erziehung. Regelmässig hörten wir Geschichten und sahen Fotos von älteren Familienmitgliedern.

Während meiner High-School-Zeit gingen meine zwei älteren Brüder für einige Monate in die Schweiz. Mein Plan war ebenfalls, nach der Schulzeit dorthin zu fliegen – doch ich ging dann direkt weiter an die Universität.

An der Stellenbosch University, wo ich im Alter von 18 bis 25 studierte, wurde meine Schweizer Identität stärker: Das Thema meiner Masterarbeit war die Schweizer Reformation. Als Hobby liebe ich es, die Geschichte der Schweizer Missionare zu lesen, die ab 1875 nach Südafrika kamen. Ihr Einfluss ist auch heute noch in der Provinz Limpopo feststellbar.

swissinfo.ch: Welcher Arbeit gehen Sie gegenwärtig nach?

F.S.: Ich bin Pfarrer in der Niederländischen Reformierten Kirche, wo ich Teilzeit arbeite. Hauptberuflich arbeite ich bei ZZ2 als Marketing- und Logistik-Koordinator in der Obst- und Gemüseindustrie. Wir exportieren auch Früchte nach Europa, darunter Avocados.

Menschengruppe in Avocado-Kultur
Besuch mit chinesischen Kunden in der Avocado-Kultur. zVg

swissinfo.ch: Wo leben Sie gegenwärtig, wie ist das Leben, die Küche dort?

F.S.: Seit fünf Jahren leben wir in MooketsiExterner Link, Limpopo. (Statistisch interessant: In Limpopo haben weniger als drei Prozent der Bevölkerung europäische Wurzeln). Wir leben auf einem Bauernhof mit viel Platz und Freiheit, wir lieben das Radfahren und gehen jeden Tag nach der Arbeit mit den Hunden laufen. Das Leben ist aufregend und vielfältig, und jeden Tag erlebt man Überraschungen – man muss hier immer auf der Hut sein.

Weil wir in einer landwirtschaftlich geprägten Gemeinde leben, essen wir unter der Woche viel Früchte und Gemüse, und am Wochenende machen fast alle «Braai» (Barbecue).

Viele Menschen in einer modernen Kirche
In der Kirche, in der François Schwalb als Pfarrer tätig ist. zVg

swissinfo.ch: Was ist in Südafrika attraktiver als in der Schweiz?

F.S.: Ich würde nicht sagen, attraktiver, aber anders: Die Natur, die Küste, das «Bushveld», die Bäume, die Wildtiere und die einmaligen Kulturen sind in Südafrika sehr speziell. Auch ist das Wetter fast immer toll. Und die Freunde und Familie, die wir hier haben, das alles ist unbezahlbar.

swissinfo.ch: Wie denken Sie aus der Ferne über die Schweiz?

F.S.: Sie ist sehr gut organisiert, sauber, wohlhabend, respektiert die Tradition und ist führend in Innovation und Technologie.

Zwei Erwachsene und ein Baby im Kinderwagen in einer Altstadt
Familie Schwalb unterwegs in der Schweiz (hier in Brunnen, Kanton Schwyz). zVg

swissinfo.ch: Fühlen Sie sich manchmal fremd oder sind Sie gut integriert?

F.S.: Wir fühlen uns gut integriert – Südafrika ist eine Regenbogen-Nation, die Platz für alle hat.

swissinfo.ch: Welche kulturellen Unterschiede bereiten Ihnen am meisten Mühe?

F.S.: Der Umgang mit der Zeit – die Pünktlichkeit.

Frau mit Kinderwagen und zwei Hunden auf weitem Feld
Gassigehen mit den Hunden beim Hof in Mooketsi in der Provinz Limpopo. zVg

swissinfo.ch: Was freut Sie in Ihrem Alltag in Südafrika am meisten?

F.S.: Dass ich eine Arbeit habe, die ich liebe und auf verschiedene Arten in einer landwirtschaftlichen Umgebung mit sehr unterschiedlichen Menschen einen Mehrwert schaffen kann. Und wenn wir zur Arbeit oder nach Hause fahren, kriegen wir alle möglichen Wildtiere zu sehen.

swissinfo.ch: Nehmen Sie an Schweizer Wahlen und Abstimmungen teil?

F.S.: Noch nicht, aber künftig möchte ich das tun.

swissinfo.ch: Was vermissen Sie von der Schweiz am meisten?

F.S.: Den organisierten Lebensstil, den öffentlichen Verkehr, dass man das Wasser fast überall trinken kann, die reiche Geschichte und die vielversprechende und sichere Zukunft des Landes.

Frau, Mann und Baby im Kinderwagen vor dem Tafelberg in Kapstadt, Südafrika
Die Schwalbs unterwegs (hier im Hafen von Kapstadt, Südafrika, im Hintergrund der Tafelberg). zVg

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