Was Sie über Krankenkassen und Prämien im Ausland wissen müssen
Wer in der Schweiz die Zelte abbrechen und sich für längere Zeit im Ausland niederlassen will, tut gut daran, sich rechtzeitig über die Krankenversicherung zu informieren. So lassen sich böse Überraschungen und Kosten vermeiden.
Die günstigste Grundversicherung zu finden ist in der Schweiz einfach. Mehrere Onlineportale, eines davon vom Bundesamt für Gesundheit (BAG), machen einem die Arbeit erträglich.
Schwierig wird es, wenn man den Wohnsitz ins Ausland verlegt. Da kommt es darauf an, ob man Rentnerin, Entsandter, Auslandschweizerin, Diplomat, Studentin oder eine Person in militärischer Mission ist. Unterscheiden muss man noch zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Familienangehörigen. Selbstverständlich kommt es auch darauf an, wo man sich im Ausland niederlässt; in der EU oder ausserhalb.
Das Wichtigste vorab: Wer bei einer Schweizer Krankenkasse versichert sein will und nicht mehr dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) unterstellt ist, muss den Antrag stellen, solange er oder sie in der Schweiz noch nicht abgemeldet ist und somit seinen oder ihren Wohnsitz noch nicht ins Ausland verlegt hat. Verreisen und dann der Krankenkasse die Adressänderung bekannt geben, geht also nicht. So will es die Finanzmarktaufsicht (Finma).
Andernfalls müsste sich der Krankenversicherer den Vorwurf gefallen lassen, er würde im Ausland Versicherungen verkaufen, was ihm untersagt ist.
Achtung Ausnahmen
Grundsätzlich gilt es zu unterscheiden, ob das neue Domizil in der EU liegt oder ausserhalb. Zuerst zur EU: In gewissen Fällen bleibt man weiterhin dem KVG unterstellt. Das gilt für Rentnerinnen und Rentner, die in ein Land der EU ziehen und von der Schweiz (nur von der Schweiz) eine Rente beziehen, sei es von der AHV oder der IV. Sie dürfen nicht nur, sie müssen sogar bei einer Schweizer Krankenkasse die obligatorische Grundversicherung haben. So will es nicht die Finma, so wollen es die bilateralen Verträge mit der EU. In der EU gilt das Erwerbsortprinzip.
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Neue Fallgrube im Dschungel der Ausland-Krankenversicherungen
Ausnahme: Mit einzelnen Ländern hat die Schweiz ein Optionsrecht vereinbart. So etwa mit den direkten Nachbarländern oder Spanien, wo also der Rentner, die Rentnerin, wählen kann, ob er oder sie die Grundversicherung in der Schweiz oder im Wohnsitzland abschliessen will.
Zieht ein Portugiese nach seiner Pensionierung zurück in die Heimat, um sich dort mit der AHV und dem Geld der Pensionskasse einzurichten, so besteht für die Krankenkasse ein Aufnahmezwang, weil eben der Portugiese von der Schweiz eine Rente bezieht. Er ist dann gemäss der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) versichert.
Womit wir bei einer weiteren Ausnahme der Regel wären: Nur Krankenkassen mit über 500’000 Grundversicherten sind verpflichtet, Auslandschweizer im EU-Raum zu versichern.
Grosse Prämienunterschiede
So wie in der Schweiz die Prämien von Kanton zu Kanton unterschiedlich hoch ausfallen, variieren sie im EU-Raum von Land zu Land. Sie werden aufgrund der jeweiligen Kosten berechnet, welche die Versicherten im entsprechenden Land in Rechnung stellen. Krankenkassen mit vielen Versicherten können tendenziell tiefer kalkulieren, weil sich das Risiko auf mehr Schultern verteilt. In Frankreich zum Beispiel ist die CSS viermal teurer als Progres, die zur Helsana-Gruppe gehört.
Ganz anders verhält es sich bei Auswanderern, die in ein Land ausserhalb der EU ziehen. Jedem Versicherer ist es freigestellt, entsprechende Angebote zu führen. Unter den bekannten Schweizer Krankenversicherern sind es nur die CSS, KPT und Swica, die Auslandschweizer ausserhalb der EU versichern.
«Echte» Auswanderer und Entsandte
Das Gesagte gilt nicht für Entsandte (gemäss Schweizer Sozialversicherungsrechts), also für Frauen und Männer, die bei einem Arbeitgeber in der Schweiz unter Vertrag stehen und für eine gewisse Zeit ins Ausland gehen.
Es gilt nur für Schweizerinnen und Schweizer, die hierzulande die Zelte abbrechen…
Entsandte sind sozialversicherungsrechtlich weiterhin in der Schweiz versichert. Dadurch haben auch andere Versicherer, wie etwa Groupe Mutuel oder Helsana, OKP-Versicherte in ihrem Portefeuille, die ausserhalb der EU wohnen und berufstätig sind – eben Entsandte.
An dieser Stelle interessieren nur «echte» Auswanderer. Mit über 2500 Versicherten ist die KPT Schweizer Marktführer für freiwillige Krankenversicherungen ausserhalb des EU-Raums. Ihre dominierende Rolle hat historische Gründe: Die Krankenkasse des Personals des Bundes und der Transportanstalten, so der frühere Name, versicherte stets das diplomatische Corps – und tut dies heute noch. Die Mitarbeitenden des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), die auf Botschaften und in Organisationen in der ganzen Welt arbeiten, sind bei der KPT krankenversichert.
Interessant ist der Umstand, dass bei der KPT die Prämien ausserhalb Europas einheitlich sind. Schweizerinnen und Schweizer, die in den USA oder in Japan wohnhaft sind, wo Spitalbehandlungen bekanntermassen überdurchschnittlich hoch sind, zahlen also gleich hohe Prämien wie Personen, die in Tunesien, Brasilien oder China wohnen. «Wir haben festgestellt, dass die Kostenunterschiede von Land zu Land nicht gross sind», sagt Markus Rudaz, der bei der KPT für den Kundendienst und Spezialversicherungen zuständig ist. Das hat auch damit zu tun, dass Auslandschweizer, die in einem Land mit einer zweifelhaften Gesundheitsversorgung wohnen, sich häufig in der Schweiz behandeln lassen.
KVG ist nicht gleich VVG
Nun muss man wissen, dass die Deckung der internationalen Krankenversicherung der schweizerischen OKP ähnlich, aber nicht identisch ist. Sie gehorcht nicht dem Krankenversicherungsgesetz (KVG), sondern dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Das gilt generell auch für die Zusatzversicherungen. So hat die freiwillige Krankenversicherung Marke KPT bei den Spitalkosten eine obere Limite. Man kann diese Leistungsgrenze gegen einen Aufpreis ausschliessen. 90 Prozent der KPT-Kunden tun dies. Dazu ein Beispiel: Ein 40-jähriger Mann zahlt bei der Franchise von 1000 Franken und einem Selbstbehalt von 10 Prozent ohne Unfalldeckung eine Prämie von 132 Franken und für den Spitalzusatz halbprivat 64.40 Franken im Monat.
Neben der KPT bieten auch Swica und CSS Lösungen für Auslandschweizer ausserhalb der EU an. Der «International Health Plan» der CSS unterscheidet zwei Tarifzonen. Die teurere gilt für Japan, Hongkong, Singapore, Kanada und die USA. Im Rest der Welt – immer ausserhalb der EU – zahlt man weniger.
Ältere und chronisch Kranke
Wie generell bei Zusatzversicherungen besteht für die Krankenkassen kein Aufnahmezwang. Ältere Personen oder solche mit einem chronischen gesundheitlichen Leiden werden unter Umständen Mühe haben, sich bei einer schweizerischen Krankenkasse zu versichern. Sie müssen sich allenfalls an einen der zahlreichen internationalen Anbieter wenden.
Bekannt sind etwa die deutsche Allianz Care, die britische Bupa, die luxemburgische Global Health oder Cigna Global mit Sitz in Glasgow. Die in Bern domizilierte Visana beispielsweise vermittelt die internationale Krankenversicherung von Cigna. Wer im Ausland bei Cigna versichert ist, kann bei seiner Rückkehr in die Schweiz bei der Visana eine Zusatzversicherung ohne Gesundheitsprüfung abschliessen. Das gleiche gilt bei der KPT für Versicherte der Allianz Care.
SoliswissExterner Link ist eine Genossenschaft für Auslandschweizer. Sie berät zum Thema Auswanderung, Reisen, Globetrotten oder bei Rückkehr in die Schweiz. «Soliswiss ist keine Versicherung und vermittelt auch keine Versicherungen», stellt Geschäftsführerin Nicole Töpperwien klar. Man gebe Tipps, worauf man achten müsse. Für Vermittlungen und konkrete Offerten verweist Soliswiss an ihre Partnerin Strategic Alliances. Sie ist exklusiv für die gesamte Versicherungsberatung von Soliswiss-Mitgliedern zuständig, berät aber auch Nichtmitglieder. Sie finanziert sich mit der Vermittlungsprovision.
Gloria Pozzi ist bei Strategic Alliances Mitglied der Geschäftsleitung und auch Partnerin. Sie besteht darauf, keine Empfehlung abzugeben, mit welchen ausländischen Anbietern sie gute Erfahrung mache. «Das kommt auf ganz viele verschiedene Faktoren an», sagt sie. Unter anderem auch aufs Alter, aufs Wohnsitzland, auf die Versicherungsdeckung, auf die Dauer des Auslandaufenthalts und die Nationalität der Person. Nur im Beratungsgespräch könne man die individuellen Bedürfnisse korrekt ausloten.
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