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Städte sind gegen härtere Asylpolitik

Beschäftigung macht sich im Asylbereich bezahlt. Keystone

An der 2. Zürcher Asylkonferenz in Olten haben sich die Vertreter der Stadtbehörden gegen eine Verschärfung im Asylbereich gewandt.

Die Stadtbehörden bevorzugen Beschäftigungs-Programme, wie dasjenige von Zürich. Die Stadt hat damit gute Erfahrungen gemacht.

Anfangs 2003 forderte Zürich in einem «Asylpolitischen Manifest» eine pragmatischere Asylpolitik, die den spezifischen Problemen der Städte gerecht wird. Zahlreiche Asylbewerber und «Sans Papiers» wohnen in Städten.

Als Folge davon fand 2003 die 1. Asylkonferenz der Städte statt. Die zweite Auflage im geografischen Zentrum der Schweiz, Olten, sollte nun die vermehrte Kooperation der Städte beim Asylproblem weiter stärken.

Gegen die «Ja-Sager»-Rolle

Bei den Städten und Gemeinden blieben die Probleme und allzu oft auch die Kosten der von Bund und Kantonen formulierten Asylpolitik hängen, heisst es in der Resolution zur Tagung.

Die Städte verlangen daher vom Bund, dass sie nicht nur als Ja-Sager benutzt, sondern aktiv in die Erarbeitung von Lösungen einbezogen werden.

Justizminister Christoph Blochers Verschärfungs-Vorschlägen zur Asylpolitik erteilte die Asylkonferenz eine Absage.

Das erhöhe die Zahl der «Sans Papiers», die in den Städten untertauchten. Es herrsche zurzeit in der Schweiz kein Asylnotstand, jedoch ein Politik-Defizit. Statt weiterer Verschärfungen sei ein Migrationgesetz gefordert.

Pragmatismus statt Vorurteile

Der pragmatische Umgang der Städte mit Asylbewerbern zur Versachlichung des Asylproblems war ein Schwerpunkt der Tagung.

Dabei werden Beschäftigungsprogramme immer wichtiger. Laut der Berner Sicherheitsdirektorin Ursula Begert (SVP) gebe es dabei erhebliche Widerstände zu überwinden, aber es lohne sich.

Ihre guten Erfahrungen mit Beschäftigungsprogrammen in der Stadt Bern werden durch die druckfrische Begleitstudie zu einem Zürcher Pilotprojekt bestätigt: Seit 2003 bietet Zürich 140 gemeinnützige Einsatzplätze an, um junge Asylbewerber ohne Perspektive von der Strasse zu holen.

Nutzen übertrifft Kosten

Der Nutzen für die Stadt übertreffe die Kosten klar, sagte der Zürcher Stadtpräsident Elmar Ledergerber. Deshalb werde zurzeit ein weiterer Ausbau erwogen.

Die Begleitstudie kommt zum Schluss, dass der gemeinnützige Beitrag von Asylbewerbern deren Image in der Öffentlichkeit verbessert und zur Entkrampfung der Politik beigetragen habe.

Die Asylkonferenz fordert denn auch die Aufnahme der Pflicht zu gemeinnütziger Arbeit ins Asylgesetz. Die Zürcher Sozialvorsteherin Monika Stocker lancierte die Idee eines «Integrationsfünflibers» (5 Franken).

Wenn der Bund den Städten für jeden Asylbwerber täglich fünf Franken zahle, könnten diese mit sinnvollen Programmen einen weiteren Beitrag zu Entkrampfung des Asylproblems leisten.

«Vollzugsföderalismus» als Chance

Denise Efionayi vom Schweizerischen Forum für Migrationsstudien brachte das Dilemma der Städte auf den Punkt: Diese müssten im Spannungsfeld zwischen Rückschaffung und Integration stets nach pragmatischen Lösungen suchen.

Zwar würden nur rund 7% der Asylsuchenden letztlich aufgenommen. Die Erfahrung zeige aber, dass ein grosser Prozentsatz viele Jahre in der Schweiz verbringe, bis die Rückführung erfolge.

Vor diesem Hintergrund seien die Integrationsbemühungen der Städte mit Job-Angeboten wichtig.

Diese führten bei der Schweizer Bevölkerung nicht nur zu einer besseren Akzeptanz Asylsuchender, sondern könnten auch Fürsorgekosten senken, die Schwarzarbeit reduzieren oder die psychosoziale Gesundheit Asylsuchender verbessern.

Dabei sei der «Vollzugsföderalismus» (die vom Bund angeordneten Massnahmen werden von den Kantonen ausgeführt) durchaus begrüssenswert, da er in den Städten und Kantonen pragmatische Angebote möglich mache.

Erfolgreiches Pilotprojekt

Die Aussage, dass Beschäftigungsprogramme zur Entspannung in der Asylproblematik führten, begründete die Stadt Zürich in Olten mit einer Studie.

Demnach scheint sich in Zürch das 2003 lancierte Pilotprojekt «Gemeinnützige Einsatzplätze für Asylbewerber» auszuzahlen. Sowohl für die Asylsuchenden als auch für die grösste Schweizer Stadt.

Die Nachfrage der Stadtverwaltung nach Teilnehmern wie auch der Asylsuchenden nach weiteren Einsatzplätzen sei ungebrochen. Das spreche «für den konkreten Nutzen aller Beteiligten», heisst es im Fazit zur Begleitstudie.

Vom Angebot haben bisher rund 200 Asylsuchende profitiert. Rasch und pragmatisch habe ein bedeutender Teil der nicht beschäftigten Asylsuchenden in Zürich «zum gegenseitigen Nutzen» eingebunden werden können.

Graffitis entfernen, Alte betreuen

Die Untersuchung rechnet vor, dass nach Abzug der Kosten für die Stadt ein Netto-Nutzen von 1,5 Mio. Franken bleibt. Bei der Errechnung des Gesamtnutzen wurde von einem fiktiven Stundenlohn von 24 Franken ausgegangen – für Arbeiten wie das Entfernen von Graffitis, das Sauberhalten von Schulhäusern und Trams oder Tätigkeiten in Altersheimen und Spitälern.

Für die Jobs wurden monatlich im Durchschnitt 210 Franken ausbezahlt – ein Zustupf für die arbeitslosen Asylsuchenden zu den Sozialgeldern. Trotz der geringen Bezahlung schätzten die Teilnehmer «den beschränkten Zugang zur Berufsrolle».

swissinfo und Agenturen

Zürich lancierte 2003 das Piloprojekt «Gemeinnützige Einsatzplätze für Asylbewerber».

Vom Angebot haben bislang 200 Personen profitiert.

Im Durchschnitt wurden 210 Franken pro Person bezahlt.

Für Zürich blieb ein Netto-Nutzen von 1,5 Mio. Franken.

Die Konferenz-Teilnehmer bezeichneten die Vorschläge der Regierung in der Asylpolitik als «repressiv». Sie führten lediglich zum einem Anstieg der Zahl der «Sans Papiers».

Statt weiterer Verschärfungen braucht es laut den Städten ein Migrationgesetz.

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