Stones-Konzert in Lausanne zu Budget-Preisen
Diesen Samstag werden 42'000 Glückspilze das Rolling Stones Konzert in Lausanne besuchen. Gastgeber ist der Detailhandelsriese Migros.
Mit der Wahl der Stones wird der Grossverteiler zweifellos absahnen können. Obwohl in die Tage gekommen, werden die einstigen Rebellen dennoch keine Supermarkt-Musik machen.
«Die Idee ist bei einer Marketing-Sitzung zum Thema ’10 Jahre M-Cumulus› entstanden», sagt Migros-Sprecherin Monika Weibel. Zum Jubiläum dieses Treueprogramms, bei dem die Kunden beim Einkauf Punkte sammeln und damit Rabatte erwerben, wollte der Grossverteiler seiner Klientel ein «ausserordentliches Geschenk» machen.
«Jemand hat die Rolling Stones vorgeschlagen. Die Idee hat eingeschlagen wie eine Bombe. Sie gefiel den Jüngsten im Team ebenso wie dem Chef unseres Dienstes.»
Soweit so gut. Nur entsprechen die 60-jährigen Rocker tatsächlich dem Image, das sich die Migros zum Beispiel mit der trendigen TV-Werbung geben möchte? Hätte der deutlich jüngere Robbie Williams da nicht die bessere Figur gemacht?
«Ja sicher, er ist auch sehr bekannt», gibt Monika Weibel zu. «Aber die Rolling Stones sind Geschichte, es ist die bekannteste Band auf der ganzen Welt. Und das entspricht unserer Kundschaft, die aus allen Altersklassen besteht.»
Millionen, aber wie viele?
Wie hat es der Detailhandelsriese geschafft, die Rockstars für ein Migros-Konzert zu engagieren?
«Die Verhandlungen dauerten weit weniger lang, als wir es erwartet hatten», sagt Monika Weibel. Wir mussten lediglich erklären, was die Migros ist und dass wir den Mitgliedern von M-Cumulus ein Geschenk machen wollten. Wir haben auch das Migros-Kulturprozent erwähnt, mit dem Künstler unterstützt werden, und schliesslich waren sie der Meinung, dass wir ein sympathisches Haus seien.»
Seit dem legendären Auftritt 1964 in Montreux ist die Band nicht mehr in der Romandie aufgetreten. Man darf sich keinen Illusionen hingeben: Die Stones kommen weder aus Sympathie noch wegen der Migros-Philosophie und auch nicht wegen der schönen Augen der Westschweizer.
Wie viel also? Mit der Frage beisst man auf Granit. Im Augut 2006 hat der Organisator des Konzerts auf dem Militärflugplatz Dübendorf von einem 10-Millionen-Budget gesprochen. Und beim letzten öffentlichen Auftritt haben die Stones vor einigen Hundert Gästen der Deutschen Bank in Barcelona gespielt – für 6,5 Millionen Franken, behaupten einige Medien.
Auch was die besonderen Wünsche von Jagger und seiner Band bezüglich Ausstattung betrifft, ist von der Migros nichts zu erfahren. In dieser Beziehung haben die Stones den Ruf, ausgesprochen heikel zu sein.
Ob die Zeit endgültig vorbei ist, als sie kistenweise Bier und Tequila verlangten? In Dübendorf wurde ein Hangar für Kampfflugzeuge in einen Palast umgewandelt mit Boden- und Wandteppichen, persönlichen Möbeln, Garderobe und Dekoration.
Nicht zu vergessen eine 50 Meter lange Aufwärm-Piste für Sir Mick Jagger sowie ein Billardtisch für Keith Richards und Ron Wood.
Wettbewerb oder Lotterie?
Um zu ihrem Glück zu kommen, mussten die Fans in den Verkaufsläden der Migros im April Vignetten (1 pro Einkaufssumme von 10 Franken) sammeln, diese auf eine Wettbewerbskarte kleben und auf die Verlosung warten.
Ausserdem musste sich jeder Gewinner 6000 Punkte auf seinem Cumulus-Treuekonto abziehen lassen.
Über diese Bedingungen hatte sich die Interkantonale Lotteriekommission geärgert. Sie war der Meinung, dass es sich beim Migros-Wettbewerb, der nicht ganz gratis war, um eine versteckte Lotterie handle. Aber schliesslich hat Migros eingelenkt und eine Klage abwenden können.
Weil jeder Gewinner zwei Tickets erhält, entspricht der Wert rein formell den 3000 Cumulus-Punkten, also 30 Franken. Aber wer die Eintrittskarten jetzt im Internet feil bietet, verspricht sich davon einen deutlich höheren Gegenwert.
Zwei Tage vor Konzertbeginn verlangen einige 700 Franken dafür. Aber je näher der Tag rückt, umso tiefer sinken die Preise. So wie es sich eben verhält, wenn das Angebot grösser ist als die Nachfrage… ausgleichende Gerechtigkeit!
Die Stones wird es aber kaum freuen, wenn die Tickets als M-Budget-Artikel enden. So heisst die Billig-Produktelinie des Grossverteilers.
swissinfo, Marc-André Miserez
(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)
Die «A Bigger Bang»-Tournée der Rolling Stones, die im Herbst 2005 ihren Anfang nahm, ist die bisher lukrativste der Rock-Geschichte überhaupt. Ende 2006 hatte sie bereits 437 Millionen US-Dollar eingebracht, eine Zahl, die bis Ende 2007 auf 500 Millionen ansteigen dürfte.
Am 5. August 2006 hatte die Tournée bereits Halt in der Schweiz gemacht, auf dem Militärflugplatz von Dübendorf: 68’000 Zuhörerinnen und Zuhörer kamen ans grösste Rockkonzert der Schweizer Geschichte.
Am Samstag, dem 11. August, spielen die Stones im Stade de la Pontaise in Lausanne: Mit 42’000 Personen wird es das grösste Konzert sein, dass je in der Romandie stattfand.
Die Karavane der Rolling Stones besteht aus 80 Sattelschleppern (50 waren es für Genesis oder Johnny Hallyday) und 1560 Tonnen Material. Auf- und Abbau der Bühne dauern drei Wochen und entsprechen 1500 Arbeitstagen.
Die Bühne ist 62 Meter breit, 25 Meter tief und 26 Meter hoch.
Am Tag des Konzerts sind rund 900 Angestellte im Einsatz, darunter drei Ärzte und 20 Sanitätseute.
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