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Strengere Waffengesetze – weniger Suizide

Die Schweizer Gesetze sind punkto Waffenbesitz sehr liberal. Keystone

Strengere Regeln für den Besitz von Schusswaffen hätten eine Verringerung der Anzahl Suizide zur Folge. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Zürich.

In der Schweiz tötet sich jeden Tag ein Mensch mit einer Schusswaffe. Die Hälfte benutzt dazu eine militärische Dienstwaffe.

Die Verfügbarkeit von Schusswaffen habe einen direkten Einfluss auf die Häufigkeit von Schusswaffen-Suiziden, schreibt die Uni Zürich in einer Mitteilung vom Dienstag. Die Resultate der Studie sind in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins «American Journal of Public Health» veröffentlicht.

Länder wie die Schweiz und die USA stehen infolge ihrer liberalen Gesetzgebung an der Spitze der Rangliste. Gemäss der Studie wirken sich Änderungen in der Verfügbarkeit von Schusswaffen wie etwa restriktivere Gesetze oder Reglemente direkt auf die Zahl der Selbsttötungen aus.

«Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Anzahl Schusswaffen in einem Land und der Zahl der Morde und Suizide», führt Andreas Frei im Gespräch mit swissinfo aus.

Der Psychiater am Luzerner Kantonsspital nennt den Schusswaffen-Suizid «den einfachsten Weg, es zu tun». Die «Erfolgsquote» liege bei 90%. «Bei andern Methoden wie Vergiftung ist die Überlebenschance wesentlich grösser.»

Vorbild Kanada

In Kanada ging auf Grund entsprechender Massnahmen die Verfügbarkeit von Waffen seit den 80er-Jahren von 31 auf 19% zurück. Die Schusswaffensuizide nahmen dabei von 32 auf 19% ab.

In Australien sank die Waffenverfügbarkeit von 20 auf 10%, die Schusswaffensuizide sanken von 30 auf 19%.

In der Schweiz nahm im gleichen Zeitraum der Anteil der Schusswaffen-Suizide von 23 auf 27% zu, wie es in der Mitteilung heisst. Bei rund der Hälfte der Fälle sind Militärwaffen involviert, wie Studienautor Vladeta Ajdacic-Gross erklärte.

Handlungsbedarf geortet

Schusswaffen spielen besonders bei impulsiven Suiziden und Suiziden unter Alkoholeinfluss eine wichtige Rolle. Sie ermöglichen es, den Handlungsimpuls schnell umzusetzen.

«Bei den meisten der Menschen, welche einen Schusswaffen-Suizid begehen, handelt es sich um gesunde Menschen ohne psychiatrische Probleme und ohne andere Krankheiten. Das ist das Beunruhigendste», so Frei.

Gemäss dem Studienautor Vladeta Ajdacic-Gross besteht in der Schweiz mit ihrer hohen Suizidrate Handlungsbedarf. Im Hinblick auf Schusswaffen seien Massnahmen wie Waffenregister, Verbot spezieller Waffen, Minimalalter oder Wartefristen beim Waffenkauf denkbar.

Politisch umstritten

Andreas Frei verweist zusätzlich auf die Tradition, wonach jeder Schweizer Wehrmann seine Dienstwaffe mit nach Hause nimmt. «Eine Möglichkeit wäre zu verhindern, dass die Wehrpflichtigen Schweizer Munition mit nach Hause nehmen.»

Zurzeit ist eine Revision des Waffengesetzes im Schweizer Parlament in der Beratung. Die Vorlage ist politisch umstritten.

swissinfo und Agenturen

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