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Auslandschweizer:innen in Deutschland und Italien haben ganz verschiedene Sorgen

Küstenabschnitt
Die Steilküste von Lübeck an der Ostsee. Keystone

An ihrem Jahreskongress in Perugia haben sich die Auslandschweizer:innen in Italien mit künstlicher Intelligenz und Schokolade befasst. Anders in Norddeutschland, wo die Schweizer Diaspora heftig über eine Reform der Wahlen für den Auslandschweizerrat gestritten hat.

Dem Kongress der Schweizer Vereine in Deutschland, der Mitte Mai in Lübeck stattfand, waren Turbulenzen im Vorstand vorangegangen. 100 Personen hatten das Treffen in der Hafenstadt besucht, darunter 19 stimmberechtigte Präsidentinnen und Präsidenten der Schweizer Vereine. Das entspricht genau der Hälfte der 38 Mitgliedsvereine.

Es gab eine lange Diskussion über eine mögliche Änderung der Statuten. Diese sah vor, das Recht als Delegierte für den Auslandschweizerrat (ASR) zu kandidieren, auf alle in Deutschland registrierten stimmberechtigten Schweizer:innen auszudehnen. Heute muss man zumindest Mitglied eines Schweizer Vereins sein, um sich für den Auslandschweizerrat ‒ das «Parlament» der fünften Schweiz, wie man auch sagt ‒ zu qualifizieren.

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Offene Wahlen für eine bessere Repräsentation

Der Wunsch, das Wahlsystem zu reformieren, ist nicht auf Deutschland beschränkt. Tobias Orth, Co-Vizepräsident, ist Mitglied einer Arbeitsgruppe der Auslandschweizer-OrganisationExterner Link (ASO), die sich für demokratischere Wahlen einsetzt. Auch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten der Schweiz (EDA) befürwortet eine Öffnung der Wahlen.

Der Paradigmenwechsel allerdings weckte bei vielen der in Lübeck anwesenden Personen Besorgnis. «Die oder der Delegierte könnte theoretisch völlig unabhängig von den Schweizer Vereinen sein. Und wie kann man sicher sein, dass eine Person, die nicht Vereinsmitglied ist, einen Bezug zur Schweiz hat und sich engagieren möchte?», fragte eine Teilnehmerin.

In Lübeck wurde schliesslich nicht über die Causa abgestimmt. Die anwesenden Delegierten stimmten einem Antrag zu, die Einwände des Kongresses zu berücksichtigen und den Text zur Satzungsänderung ein zweites Mal an die Vereine zu senden.

Als Team durch die Krise

Das vergangene Jahr war für den jungen Vorstand der ASO DeutschlandExterner Link ein schwieriges. Zwei Wochen vor dem Kongress 2023 trat der damalige Vorsitzende Albert Küng von seinem Amt zurück und Sonja Lengning übernahm kurzfristig seinen Platz.

«Das war eine echte Herausforderung“, sagte sie über ihr erstes Jahr als Präsidentin. Tobias Orth stellte sich spontan als Co-Vizepräsident zur Verfügung. «Ohne dieses gute Team hätte ich diese Aufgabe nicht übernehmen können.“

Der zweite Co-Vizepräsident Martin Abächerli übernahm die Organisation des Kongresses und zeigte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Schönheiten seiner norddeutschen Heimat mit einer Schifffahrt auf der Trave und Ausflügen in die Hansestadt Lübeck.

Lesen Sie unsere Berichterstattung aus Lübeck hier:

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Bild aus Uni St.Gallen, wo der Auslandschweizerrat tagt.

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Auslandschweizer-Rat: Bern will mehr Repräsentativität

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Veränderungsbedarf und Demokratie. An der 99. Session des Auslandschweizerrats führen junge Delegierte dem alten Rat eigene Defizite vor Augen.

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Die Diaspora in der Schweiz wächst

Einige tausend Kilometer weiter südlich versammelten sich zur gleichen Zeit rund 130 Schweizerinnen und Schweizer in Perugia, der «Stadt der Schokolade“, zum 85. Kongress der Union der SchweizervereineExterner Link.

Der Schweizer Generalkonsul in Mailand, Stefano Lazzarotto, erinnerte in seiner Ansprache daran, dass die Schweizer Präsenz in Italien solide ist und zur Entwicklung des Landes beigetragen hat.

Derzeit leben 52’000 Schweizerinnen und Schweizer in Italien. In den letzten 20 Jahren ist ihre Zahl um 16% gestiegen. Um mit dem Wachstum der Schweizer Diaspora in Italien und der fünften Schweiz im Allgemeinen Schritt zu halten, entwickelt die Konsularische Direktion eine neue Strategie.

Zusätzlich zum bereits aktiven Online-SchalterExterner Link wollen die Behörden eine Plattform schaffen, um die verschiedenen konsularischen Dienstleistungen der einzelnen Ämter an einem Ort zu vereinen.

Die Bundesverwaltung denkt auch offen über den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) nach, etwa für die Online-Hilfe des EDA.

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KI in der Schule

KI war das Thema einer Podiumsdiskussion, die auf Initiative des Bundes der Jungen Schweizer in Italien organisiert wurde.

Gaetano Affuso, Lehrer für Latein und Griechisch am Liceo Classico Plauto in Rom, erklärte, wie er mit KI arbeitet.

Um die Schülerinnen und Schüler dazu zu bringen, mehr zu schreiben, hat der Lehrer mithilfe von KI Chaträume erstellt, in denen nur bestimmte Fragen, z. B. zu Dante Alighieri, beantwortet werden.

Die KI schreibt nichts, sie korrigiert nur die in der Schule geschriebenen Texte, stellt Gaetano Affuso klar.

Auch Enrico Tombesi, der bei der Golinelli-Stiftung für Projekte zur experimentellen KI-Ausbildung zuständig ist, sieht die künstliche Intelligenz als Arbeitspartner.

Für den Experten ist «Zusammenarbeit“ das Schlüsselwort: «Wir müssen in der Lage sein, mit KI zusammenzuarbeiten, um alle Möglichkeiten, die sie bietet, auszuschöpfen.»

Perugia und die Schweizer Schokoladentraditionen

Cristina Mencaroni, Direktorin des historischen Museums von Perugia, berichtete über die Geschichte der berühmten Schokoladenfabrik der Stadt, die seit 1988 zum Schweizer Nestlé-Konzern gehört.

Rosa Maria Leggio, eine ehemalige Mitarbeiterin der Schokoladenfabrik Aeschbach in der Nähe von Luzern, verriet einige der Geheimnisse des Erfolgs der Schweizer Schokolade.

Zunächst einmal haben die grossen Schokoladenfamilien – Suchard, Cailler, Lindt – nie miteinander konkurriert, sondern sich vielmehr für eine gewinnbringende Zusammenarbeit entschieden.

Das Conchieren, d. h. der Schritt des Mischens der Kakaomasse, der die Schokolade weich und samtig macht, ist ebenfalls eine Schweizer Spezialität. Dieses Verfahren sei durch einen Fehler entstanden, erzählte Rosa Maria Leggio. «Rudolf Lindt hatte einfach vergessen, die Mischmaschine auszuschalten.»

Lesen Sie auch unseren Bericht über den Kongress der Schweizerinnen und Schweizer in Frankreich:

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