Der Boom des Fünfräpplers
Zu den unbeliebtesten Münzen in den Schweizer Portemonnaies gehört der Fünfräppler, der wegen seiner Praxisferne oft in irgendwelchen Schubladen vergessen geht. Auch deswegen hat die Zahl der 5-Rappen-Stücke in den letzten zehn Jahren stärker zugenommen als jene anderer Schweizer Münzen.
Die Schweizerinnen und Schweizer lieben Geld. Und wer in der Eidgenossenschaft lebt, hat viel davon. Das sind zwei Klischees, mit denen sich hierzulande viele konfrontiert sehen. Dass alle Schweizerinnen und Schweizer im Geld schwimmen, stimmt sicherlich nicht.
Das erste Klischee hingegen scheint der Realität zu entsprechen. Schweizerinnen und Schweizer lieben Geld, allem voran den Schweizer Franken.
Das zeigt sich daran, dass jede neue Banknotenserie von den Bürgerinnen und Bürgern geradezu kultisch empfangen wird. Die Website der nationalen Münzstätte Swissmint ist darum gespickt mit Anekdoten und Kuriositäten rund um die Herstellung der BanknotenExterner Link.
Zu den «Stars» der Schweizer Numismatik gehört zweifellos der Fünfliber mit dem Gesicht eines Hirten (nein, es ist nicht Wilhelm Tell). Er trägt den selbstgefälligen Ausdruck eines Manns, der seinen Wert kennt.
Die Fünf-Franken-Münze ist aber auch fast schon übertrieben gross, sie passt zu den Golddublonen in einer Piratentruhe und bringt in grösserer Menge auch das geräumigste Portemonnaie in Bedrängnis.
Ganz zu schweigen von der mystischen Aura, welche die 1000-Franken-Note umgibt, die höchstwertige Banknote der Welt. Man sieht nur wenige davon, aber sie machen 57% des Werts aller in Umlauf befindlichen Schweizer Banknoten aus.
Manche behaupten, ihre Existenz erleichtere die Geldwäsche. Ein Aktenkoffer voller Tausendernoten enthält so viel Geld wie fünf Aktenkoffer voller 200-Euro-Scheine. Aber Versuche, sie abzuschaffen, waren nie von Erfolg gekrönt.
Dann gibt es noch den untypischen halben Franken. Achtung: nicht 50 Rappen, die kleine Münze ist nämlich mit der Aufschrift «½ Fr.» graviert.
Auch das auf den ersten Blick weniger ungewöhnliche 10-Rappen-Stück erlangte Berühmtheit, als es 2021 als älteste im Umlauf befindliche Originalmünze ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen wurde. Sie wird seit 1879 geprägt, und die ältesten Exemplare sind immer noch in Umlauf.
Selbst von Automaten verschmäht
Und dann ist da noch der Fünfräppler. Die Münze mit dem niedrigsten Wert in der Schweiz ist trotz ihrer auffälligen goldenen Aufmachung wohl auch die unbeliebteste. Warum? Sie ist kaum brauchbar.
Die Automaten nehmen sie nicht an, und an der Supermarktkasse wird man böse angeschaut, wenn man seine Zeit mit Abzählen vergeudet. Kinder mögen sie wegen ihrer auffälligen Farbe, mehr aber auch nicht.
Trotzdem sind heute 1,34 Milliarden Fünfrappenstücke im Umlauf, 25% mehr als vor zehn Jahren. Keine andere Schweizer Münze hat zahlenmässig so stark zugenommen. Eine erstaunliche Zahl, vor allem im Zeitalter des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Dafür gibt es aber eine logische Erklärung, wie ein aktueller Artikel von SRF NewsExterner Link zeigt.
Produziert, weil sie unbequem ist
Im Gegensatz zu den anderen Münzen, die über den Handel mühelos wieder in den Geldkreislauf gelangen, ist das traurige Schicksal der Fünfräppler, dass sie in irgendwelchen Schubladen verstauben, in den Sammelgläsern zahlreicher Kinder landen oder in den Taschen von Touristinnen und Touristen verschwinden, die auf der Suche nach einem kleinen Souvenir sind. Kurz: Sie liegen irgendwo träge herum.
Deshalb müssen immer wieder neue Münzen in Umlauf gebracht werden. Dieses Jahr wird Swissmint 26 Millionen Fünfräppler herstellen. Die aktuellen Herstellungskosten für eine Münze betragen 4,8 Rappen. Pikant dabei: 2023 überstiegen diese Kosten den Nennwert und erreichten 6,9 Rappen pro Münze.
Fünfräppler Adieu?
Aus den oben genannten Gründen gibt es Stimmen, welche die Abschaffung des Fünfrappenstücks begrüssen würden.
Auf politischer Ebene wurde dies letztmals vor zehn Jahren diskutiert, als im Nationalrat eine entsprechende Motion eingereicht wurde. Unterstützt wurde diese vom Wirtschaftsverband Economiesuisse und den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), bekämpft von Konsumentenschutzorganisationen, die eine Aufrundung der Preise befürchteten. Die Motion wurde abgelehnt.
Vielleicht wird der Abschied aber bald eintreten, wenn man bedenkt, dass heute nur noch 36% der täglichen Transaktionen in der Schweiz mit Bargeld abgewickelt werden, gegenüber 70% im Jahr 2017.
Angesichts der Trägheit der Politik, die vielleicht auch wichtigere Probleme zu lösen hat, und des Widerstands eines Teils der Wirtschaft werden die Schubladen der Schweizer Haushalte jedenfalls noch lange mit Fünfrappen-Stücken gefüllt sein.
Übertragung aus dem Italienischen: Christian Raaflaub
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