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Der «Dry January» gewinnt in der Schweiz an Fans

drei hände stossen mit champagnergläsern auf das neue jahr an
Der Dry January oder nüchterne Januar ist ein Konzept aus Grossbritannien, bei dem im ersten Monat des Jahres kein Alkohol getrunken wird. Keystone / Ennio Leanza

Nach den üppigen Feiertagen einen Monat lang keinen Alkohol zu trinken: Immer mehr Menschen in der Schweiz fassen diesen Vorsatz. Der soziale Druck, Alkohol zu konsumieren, ist jedoch nach wie vor gross.

Der Dry January, oder nüchterne Januar, ist ein Konzept aus Grossbritannien, das dazu verpflichtet, einen Monat lang keinen Alkohol zu trinken.

Seit 2021 gibt es ihn in der Schweiz, unter anderem in Partnerschaft mit dem Blauen KreuzExterner Link und in der Westschweiz mit dem GREA (Groupement romand d’études des addictions).

«In der Schweiz wagt jedes Jahr eine von acht Personen das Experiment. Wir beobachten eine regelmässige Anhängerschaft über die sozialen Netzwerke und die App «TryDry», die diese Challenge begleitet», erklärt Célestine Perissinotto, Projektleiterin bei «GREA Dry January» für die Westschweiz, in der Sendung «On en parle» von RTS.

«Es stimmt, dass wir an den Feiertagen gerne trinken und essen. In diesem Rahmen ist auch der Dry January angesiedelt. Am Tag nach einem feuchtfröhlichen Festmahl sind wir eher geneigt, eine Alkoholpause einzulegen.»

Anhänger:innen mehrheitlich aus der Stadt

«Das Profil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist recht vielfältig, aber sie kommen mehrheitlich aus den grossen Schweizer Städten wie Genf, Lausanne, Zürich und Basel. «Sie sind dazu auch sozial privilegiert», fährt Célestine Perissinotto fort.

Sie weist darauf hin, dass das gleiche Phänomen auch in Frankreich zu beobachten ist. «Die grosse Herausforderung besteht also darin, Menschen aus allen sozialen Schichten zu erreichen.»

Sozialer Druck ist immer noch stark

Treffen mit Familie oder Freund:innen, festliche Anlässe, in all diesen Situationen spielt Alkohol eine Rolle. Wie kann man da Nein sagen? «Der soziale Druck ist unbestreitbar», antwortet Perissinotto.

Der Trick besteht oft darin, sich auf den Blick der anderen vorzubereiten und sich bewusst zu machen, dass der Verzicht auf Alkohol heute noch ein Tabu ist. Und dann Humor und Selbstironie einzusetzen».

2023 zeigte eine Studie unter Jugendlichen in der Westschweiz, wie stark Personen, die keinen Alkohol konsumieren möchten, noch immer ausgeschlossen werden.

«Man gilt als Stimmungskiller», erklärt die Expertin. Aber nicht nur das: «Es gibt auch andere Stigmata, die mit dem Nichttrinken von Alkohol verbunden sind, wie Krankheit oder religiöse Elemente.»

Vorteile bereits nach einem Monat spürbar

«In unserer Studie gaben 70% der Befragten an, dass sie nach einem Monat Nüchternheit mehr Energie hatten. Auch der Schlaf verbessert sich. Eine Woche kann ausreichen, um die ersten Auswirkungen zu spüren, sowohl auf die physische als auch auf die psychische Gesundheit», sagt Perissinotto.

«Der Dry January gelingt am besten, wenn man ihn mit Verwandten und Bekannten macht. Man kann ihn aber auch alleine machen und die Veranstaltung in den sozialen Netzwerken verfolgen oder sich für unseren Newsletter anmelden.

Dort geben wir viele Tipps. Und dann gibt es noch die TryDry-App, die wie ein Tagebuch ist, das deine tägliche Entwicklung verfolgt.»

Den Gastronomiesektor einbeziehen

Wie können Bars und Restaurants in die Dry-January-Bewegung einbezogen werden? «Das ist eine grosse Herausforderung. Als wir den Dry January im Jahr 2021 einführten, war die Gastronomie noch zurückhaltend.

Die Situation ändert sich jedoch sehr schnell, da die Nachfrage nach alkoholfreien Getränken stark ansteigt. Es entsteht also auch in diesem Sektor ein Bewusstsein», sagt Perissinotto.

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