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Retterin und Retter der Schweizer Chalets in Kanada gewinnen einen Preis

Drei Frauen, ein Preis
Von links nach rechts: Kirstin Clausen, Direktorin der Heritage BC, Ilona Spaar, Preisträgerin, und Berdine Jonker, Mitglied des Vorstands von Heritage BC. zVg

Ilona Spaar und Johann Roduit wurden für ihr Engagement bei der Rettung der Chalets im Edelweiss-Dorf Golden in Kanada ausgezeichnet. Das Swiss-Abroad-Duo erhielt den von der Provinz British Columbia vergebenen Kulturerbe-Preis in der Kategorie Planung und Management.

“Als wir mit dem Projekt zur Rettung der Chalets der Schweizer Bergführer begannen, hätten wir uns nie träumen lassen, dass wir zwei Jahre später einen solchen Preis erhalten würden“, sagt Ilona Spaar, die noch immer sichtlich gerührt ist.

Anfang Mai reiste die nach Kanada ausgewanderte Schweizerin nach Nelson, British Columbia, um den Preis bei einer offiziellen Zeremonie von der Direktorin der Heritage BC Provincial Heritage Preservation Organization, Kirstin Clausen, entgegenzunehmen.

Ilona Spaars Mitstreiter Johann Roduit, ebenfalls ein in Kanada lebender Schweizer, konnte zu seinem Bedauern nicht an der Preisverleihung teilnehmen.

Der Preis in der Kategorie “Planung und Management“ würdigt die “best pratices” in der Planung, im Management, im Erhalt oder in der Neuausrichtung historischer Stätten.

Positive Auswirkungen

In ihrer Rede sparte Kirstin Clausen nicht mit Komplimenten für das Projekt der Schweizerin und des Schweizers: “Der Erfolg der Kampagne zur Rettung des Edelweiss-Dorfs wurde von Heimatschützern in ganz Britisch-Kolumbien aufmerksam verfolgt. Die Swiss Edelweiss Village Foundation war erfolgreich, weil sie Partner fand, eine bürgernahe Kampagne durchführte und ihr Engagement für die Werte der Gemeinschaft aufrechterhielt. Die breite Unterstützung vor Ort und darüber hinaus zeugt von der Qualität ihres Wirkens und ihrer Arbeit zur Rettung dieses historischen Ortes.“

Die British Columbia Heritage Preservation Organization ist ein anerkanntes Organ. “Der Preis ist eine Chance, die Aufmerksamkeit auf unsere Stiftung zu lenken“, sagt Spaar. Er kommt für die junge Stiftung, die in Kürze ein Mitgliedschaftssystem einführen wird, zum richtigen Zeitpunkt.

Ein Kompromiss zwischen Profit und Heimatschutz

Portrait Johann Roduit
Johann Roduit Johann Roduit

Viele Monate lang war das Schicksal der sechs Chalets der Schweizer Bergführer ungewiss. Im Juli 2023 wurden sie schliesslich von der Immobiliengesellschaft Montayne Externer Linkgekauft.

Laut der kanadischen Heritage Preservation Organization handelt es sich um “einen Immobilienkonzern, dem das Kulturerbe am Herzen liegt“. Die Gesellschaft begann sofort mit den ersten Restaurierungsarbeiten.

Im Gegensatz zur Schweiz, die über strenge Vorschriften und Expert:innen zum Schutz von Baudenkmälern verfügt, gibt es in Kanada kein Gesetz, das den Umbau historischer Gebäude regelt.

“Wir haben also alles versucht, um die Chalets zu retten, und sind zu einem guten Kompromiss Externer Linkgekommen“, sagt Johann Roduit.

Für ihr Projekt liessen sich Spaar und Roduit von der Giessbach-Stiftung Externer Linkin der Schweiz inspirieren, der es gelungen ist, einen historischen Gebäudekomplex am Ufer des Brienzersees (Kanton Bern) zu retten.

Für Roduit “handelt es sich um ein innovatives Modell, das wir hier eingeführt haben, um kulturelles Erbe und gewinnbringende Aktivitäten miteinander zu verbinden“.

Ferienunterkünfte und ein Gemeinschaftsbereich

Die neue Eigentümerschaft plant, die Restaurierung der Chalets bis zum Sommer abzuschliessen. Sie werden zu Ferienwohnungen umgebaut.

Zudem will sie ein neues Gebäude mit dem Namen “Swiss big hall“ errichten, das halb Museum, halb Veranstaltungsraum ist und vermietet werden soll.

Damit möglichst viele Menschen die Chalets besuchen können, bat die Stiftung Montayne, diese in der Nebensaison nicht zu vermieten. “Das Unternehmen hat dafür sein Einverständnis gegeben”, sagt Spaar.

Im Oktober 2024 finden Feierlichkeiten zum 125. Jahrestag der Ankunft von Schweizer Bergführern in den Rocky Mountains statt. Geplant sind Besuche im Edelweiss Village und ein offizieller Empfang mit dem Schweizer Konsul in Vancouver.

Alles begann im Jahr 2010, als Ilona Spaar ein Buch über die Geschichte der Schweizer Bergführer in Kanada schrieb.

Als anerkannte Experten auf ihrem Gebiet wurden Schweizer Bergführer um 1900 von der Eisenbahngesellschaft Canadian Pacific Railway engagiert, um Tourist:innen auf die Gipfel der Region zu begleiten.

Um ihnen lange und teure Reisen zu ersparen, kam die Canadian Pacific Railway auf die Idee, ein dauerhaftes Zuhause für die ausländischen Bergführer und ihre Familien zu bauen. So entstand das Edelweiss Village, eine malerische Schweizer Kolonie in Golden, British Columbia.

Die Chalets wurden 2022 zum Verkauf angeboten und waren von der Übernahme durch Unternehmen bedroht, die wenig Interesse an ihrer Erhaltung hatten.

Johann Roduit und Ilona Spaar gründeten eine Stiftung, um Geld zu sammeln und zahlreiche lokale und internationale Akteure für das Schicksal dieses Stücks schweizerisch-kanadischer Geschichte zu sensibilisieren.

Den beiden gelang es, die historische Stätte auf die Liste Externer Linkder zehn am stärksten bedrohten Orte Kanadas zu setzen, was dem Edelweiss Village grosse Aufmerksamkeit einbrachte.

Ihr Engagement führte im Juli 2023 zum Kauf durch die Firma Montayne und zu umfangreichen Umbauarbeiten.

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Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Französischen: Marc Leutenegger

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