«Die Schweizer:innen waren schon immer ein Volk, das Grenzen überschreitet»
Im Lauf der Jahrhunderte haben sich die Schweizer:innen als unermüdliche Migrant:innen erwiesen. Die Auswanderungswellen haben sie auf alle Kontinente geführt ‒ aus unterschiedlichen Gründen.
«Die Schweizer:innen waren schon immer ein Volk, das Grenzen überschreitet», sagt Gianni d’Amato, Direktor des Schweizerischen Forums für Migrations- und Bevölkerungsstudien (SFM) an der Universität Neuenburg.
Heutzutage ‒ vor allem in Europa, wo die grosse Mehrheit der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer lebt ‒ hat das Konzept der Grenze jedoch nicht mehr denselben Stellenwert wie auf anderen Kontinenten, wie etwa in Amerika oder Asien. «Die Auslandschweizer:innen führen ein globalisiertes Leben», sagt der Professor.
Die Gründe für eine Auswanderung sind vielfältig, lassen sich aber unter drei Haupttrends zusammenfassen.
Zunächst ist da der wirtschaftliche Aspekt. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wanderten die Schweizer:innen vor allem aus, um der Armut zu entfliehen.
Das ist heute noch eine Realität, besonders bei einer älteren Bevölkerungsgruppe, die in Ländern mit tieferen Kosten einen besseren Lebensstandard sucht.
Zweitens wandern Schweizer:innen aus beruflichen Gründen aus, oft mit dem Ziel, eine Karriere zu machen, die ihnen in der Schweiz nicht offen stünde.
Schliesslich ist der Familienzusammenhalt die dritte Triebfeder für die Entsendung ins Ausland. Sei es, dass man einem Partner oder einer Partnerin folgt, der oder die ins Ausland geht, um dort zu arbeiten, oder dass man sich selbst aus Liebe in einem anderen Land niederlässt.
Frauen sind abenteuerlustiger
Die Schweizer Diaspora besteht zu 60% aus Frauen. Gianni D’Amato meint: «Das liegt zum einen daran, dass Frauen seit einigen Jahrzehnten bessere Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten haben, und zum anderen an der Familienzusammenführung.»
So scheinen sie eher geneigt zu sein, aus Liebe ins Ausland zu gehen.
Was die Auslandschweizer:innen der letzten zwanzig Jahre von jenen früherer Generationen unterscheidet, «ist vielleicht der Individualismus», meint der Professor. «Heute verlässt man die Schweiz, um sich beruflich zu verwirklichen.»
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