Die Woche in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Gerne präsentiere ich Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Themen, welche die Schweiz diese Woche bewegt haben.
Keine Wahl haben die Einwohnerinnen und Einwohner des Bündner Dorfs Brienz-Brinzauls: Sie müssen spätestens bis morgen Sonntag ihre Häuser verlassen haben – und können wohl erst in einigen Monaten zurückkehren. Der Grund hängt oben am Berg: Nach einem Felssturz im letzten Jahr bewegt sich der kurz vor Brienz stehengebliebene Schuttkegel in den letzten Tagen so stark, dass die Evakuierung des gesamten Dorfs unausweichlich wurde.
Eine Wahl haben die Stimmberechtigten im In- und Ausland am Sonntag in einer Woche. Dann stehen vier Vorlagen auf dem Prüfstand.
In Ihrem Wochenbriefing befasse ich mich aber auch mit dem Goodwill der Europäischen Kommission gegenüber Schweizer Forschenden, einer Studie zur Smartphone-Abhängigkeit und der Verbesserung der Schweiz im internationalen Digitalisierungsbarometer.
Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Lesen!
Die Schwerpunkte der Woche
Bis morgen Sonntagmittag um 13 Uhr müssen alle Bewohnerinnen und Bewohner das Bündner Bergdorf Brienz verlassen haben.
Die Evakuierung eines ganzen Dorfs in den Bergen des Kantons Graubünden ist nicht mehr zu vermeiden. Die Menschen aus Brienz-Brinzauls, das zur Gemeinde Albula gehört, müssen ihr Dorf wohl für mehrere Monate verlassen. Bereits im Sommer 2023 hatten die Bewohnerinnen und Bewohner nach einem Felssturz ihre Häuser für mehrere Wochen verlassen müssen.
Diesmal ist die Situation aber anders als letztes Jahr. Nachdem der Felssturz damals kurz oberhalb des Dorfs zu stehen kam, besteht jetzt die akute Gefahr, dass sich die Schutthalde über Brienz löse und dann als schneller Schuttstrom in Richtung Dorf abgleite, wie der Frühwarndienst der Gemeinde Albula und die kantonale Fachgruppe Geologie und Naturgefahren meldeten.
Besonders schwierig sei die Situation für die Bäuerinnen und Bauern im Dorf, schreibt SRF News. Denn sie müssten einen Platz für ihre Tiere finden. Im Winter sei das eine grössere Herausforderung, weil das Vieh nicht auf die Alpen gebracht werden könne.
- Mehr über diese schwierige Situation lesen Sie im erwähnten Artikel von SRF NewsExterner Link.
Bei der Abstimmung vom 24. November droht der Regierung und dem Parlament ein vierfaches Nein.
Knapp zwei Wochen vor der eidgenössischen Abstimmung vom 24. November hat das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG 10’358 Stimmberechtigte über ihre Absichten bei diesem Urnengang befragt. Meine Kollegin Katy Romy war bei der Präsentation der Umfrage dabei.
«Bei allen vier Vorlagen, über die am 24. November abgestimmt wird, ist der Anteil der Nein-Stimmen im Lauf der Kampagne gestiegen», schreibt Katy in ihrem Artikel. Das sei aussergewöhnlich, weil es nicht dem normalen Muster der Meinungsbildung bei Vorlagen der Behörden entspricht.
Für den Politologen Lukas Golder von gfs.bern ist dies bezeichnend für den Vertrauensverlust der Stimmbevölkerung gegenüber Regierung und Parlament. «Das Vertrauen ist so tief wie seit 2018 nicht mehr», sagt er. Ob es zu viermal Nein kommt, werden wir in gut einer Woche wissen. Laut Umfrage dürfte es auf jeden Fall bei allen vier Vorlagen knapp werden.
- Lesen Sie hier den Artikel meiner Kollegin Katy.
Freude herrscht in der Schweizer Forschungsgemeinschaft: Seit Mittwoch können sich Forschende wieder auf neue Ausschreibungen des EU-Forschungsprogramms «Horizon Europe» bewerben.
Der Europäische Forschungsrat will den Schritt als «klares Zeichen» der Europäischen Kommission für «Goodwill» im Verhandlungsprozess zwischen der Europäische Union (EU) und der Schweiz verstanden haben.
Allerdings: Vereinbarungen über allfällige Zuschüsse sollen nur dann unterzeichnet werden können, wenn das Assoziierungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU zu diesem Zeitpunkt gelte, hiess es weiter.
«Die Möglichkeit, sich für neue Ausschreibungen des EU-Forschungsprogramms Horizon zu bewerben, ist eine einmalige Chance, das kommerzielle oder soziale Potenzial für innovative Arbeiten freizusetzen«, teilte das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) mit.
- In welchem Zusammenhang der Entscheid der Europäischen Kommission stehtExterner Link, lesen Sie bei Nau.ch.
Apropos Innovation: Ein Aufstieg für die Schweiz in die Top 3 der Welt. Wo ist so etwas möglich?
Noch nie rangierte die Schweiz so hoch: Im «World Digital Competitiveness Ranking», das am Donnerstag veröffentlicht wurde, wird sie nur noch von Singapur überflügelt. Auf Platz drei liegt Dänemark. Die Schweiz konnte laut der Meldung besonders in den Bereichen Hightech-Exporte, E-Partizipation und Cybersicherheit andere Länder überholen.
Das Ranking wird erstellt vom «World Competitiveness Center», das an der Wirtschaftshochschule «International Institute for Management Development» in Lausanne angesiedelt ist. Dieses platziert die Schweiz in sieben von neun untersuchten Teilfaktoren unter den Top 10.
Allerdings gebe es noch Raum für Verbesserungen, zitiert der Blick eine Expertin. Die digitale Identität sei in anderen Ländern bereits Realität, und auch das elektronische Dossier für Patientinnen und Patienten lasse weiterhin auf sich warten.
Sind wir alle abhängig geworden von unseren Handys? Eine Umfrage eines Vergleichportals lässt zumindest vermuten, dass etwa 40 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz deutliche bis ausgeprägte Anzeichen einer Smartphone-Abhängigkeit zeigen.
Fotos, Kontakte, Nachrichten und das Wissen der Welt. Das alles und noch viel mehr haben wir in der Tasche dabei, wenn wir unser Handy mit uns herumtragen. Kein Wunder, dass viele kaum mehr einen Moment lang ohne ihr Mobiltelefon sein können.
Nomophobie heisst der Begriff in der Fachsprache. Es beschreibt die Angst, auf das Mobiltelefon verzichten zu müssen (No-Mobile-Phobie). Das Vergleichsportal Comparis hat in einer Umfrage mit 1050 Befragten herausgefunden, dass es insgesamt gut 40 Prozent schwerfällt, auf ihr Smartphone zu verzichten. In der Altersgruppe zwischen 16 und 35 Jahren sind es sogar 77 Prozent.
Ein interessantes Detail ist dabei, dass weder Geschlecht, Bildungsniveau noch Einkommen einen signifikanten Einfluss auf die Smartphone-Sucht haben. Unterschiede zeigen sich aber zwischen Stadt und Land: Städterinnen und Städter sind wesentlich stärker auf ihr Handy fixiert als Menschen, die auf dem Land leben.
Ungewöhnliche Schweiz
Es gibt ein einziges echtes, traditionelles Schweizer Instrument. Würden Sie gleich erraten, welches es ist? Nein, es ist nicht etwa das Alphorn. Und auch nicht das Schwyzerörgeli. Die Musikwissenschaft ist sich einig, dass nur ein Instrument aus dem Kanton Appenzell als das einzige «authentische» Folklore-Instrument der Schweiz gelten kann.
Für das Alphorn gebe es keinen Beweis, dass es ursprünglich aus der Schweiz stammt. Es wird wohl eher in den Steppen Zentralasiens erfunden worden sein. Und das berühmte kleine Schwyzerörgeli, der Star der Schweizer Folkloregruppen, stammt aus Österreich.
Ich lasse Sie noch etwas zappeln… Könnte es dann vielleicht die Zither sein, werden Sie sich fragen? Nein, auch dieses Instrument wurde nicht in der Schweiz erfunden. Dann muss es wohl das in der appenzellischen Volksmusik oft eingesetzte Hackbrett sein! Leider nochmal Fehlanzeige: Hier ist sich die Musikwissenschaft einig, dass dieses ursprünglich aus Osteuropa stammt.
Nun also genug herumgedruckst: Das einzige erwiesen in der Schweiz erfundene Instrument der Volksmusik ist eine einfache Tonschüssel. Erst zusammen mit einem Fünfliber wird ihr ein Ton entlockt, der sie zum Musikinstrument macht. Das geschieht dann, wenn der Taler darin regelmässig geschwungen wird. Daraus wurde das Talerschwingen, zu dem meistens mehrstimmig gejodelt wird.
Übrigens: Gewisse Fünfliber sind besser dafür geeignet als andere!
Mehr über diese schweizerische Erfindung erfahren Sie in unserem Artikel:
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Auf der Suche nach dem «authentischen» Instrument der Schweizer Musik
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Das Bild der Woche
Eine berittene Blaskapelle marschiert in Kostümen beim traditionellen Grand Cortege der 553. Martinsmesse am Dienstag, den 12. November 2024, in Vevey.
Nächste Woche
Der Abstimmungskampf für den Urnengang vom 24. November wird wohl die kommende Woche in der Schweiz beherrschen. Vier Vorlagen stehen zur Diskussion: Der Ausbau des Autobahnnetzes, eine einheitliche Finanzierung der Gesundheitsleistungen und zwei Änderungen des Mietrechts.
Mit der ersten Vorlage wollen der Bundesrat und eine Mehrheit des Parlaments Engpässe im Autobahnnetz beseitigen und die Autobahn A1 auf gewissen Abschnitten zwischen Bern und Zürich sowie Lausanne und Genf auf mindestens sechs Spuren ausbauen.
Mit der Reform des Krankenversicherungsgesetzes sollen ambulante Behandlungen gefördert und die Prämienlast für die Versicherten gesenkt werden. Neu soll für alle drei Bereiche der Grundversicherung (ambulant, stationär, Pflege) der gleiche Verteilschlüssel gelten.
Vorlagen drei und vier betreffen Änderungen des Mietrechts. Einerseits sollen Vermieterinnen und Vermieter mehr Spielraum erhalten, um eine Untervermietung ihrer Immobilie zu verhindern. Auf der anderen Seite geht es um den Eigenbedarf an einer Immobilie.
Gegen alle vier Vorlagen, die Gesetzesänderungen betreffen, wurde das fakultative Referendum ergriffen, weshalb die Stimmberechtigten im In- und Ausland nun über diese Themen befinden können.
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