Die Woche in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Willkommen zu unserer Auswahl der grössten – und spannendsten – Geschichten aus der Schweiz der letzten sieben Tage.
«Zu verkaufen: Babyschuhe, nie getragen», lautet das berühmte Beispiel für eine Kurzgeschichte mit fünf Wörtern, die oft fälschlicherweise Ernest Hemingway zugeschrieben wird. Als ich am Mittwoch in Bern mit dem Velo ins Büro fuhr, bemerkte ich auf dem Platz vor dem Bundeshaus eine farbenfrohe Sammlung von Kinderschuhen (siehe Bild). Es stellte sich heraus, dass sie Teil einer Kampagne im Vorfeld einer Ständeratsdebatte über Kinderbetreuung waren.
In diesem Wochenbriefing geht es um das Bundesbudget 2025, die horrenden Kosten für eine Tasse Kaffee in der Schweiz, gültige Führerscheine für Auslandschweizer:innen, die Reaktion der Schweizer Zeitungen auf die Begnadigung des Sohns von US-Präsident Joe Biden und die Worte des Jahres.
Zum Schluss noch ein Rätsel: Warum trug einer meiner Deutschschweizer Kollegen als Kind am 6. Dezember eine Schere in der Hose? Die Antwort – und noch viel mehr – finden Sie in meiner Kulturanalyse über den Schmutzli, den geheimnisvollen Begleiter des Samichlaus.
Die Schwerpunkte der Woche
Die Schweizer Parlamentarier:innen waren die ganze Woche über damit beschäftigt, das Budget auszugleichen und herauszufinden, wo sie Geld sparen können.
Am Montag wurde die Patrouille Suisse, die Kunstflugstaffel der Schweizer Luftwaffe, vom Ständerat mit einem Flugverbot belegt, weil die Kosten für den Unterhalt der F-5-Tiger-Jets als zu hoch erachtet wurden.
Am Donnerstag hat der Nationalrat das Budget 2025 verabschiedet. Er erhöht die Ausgaben für die Armee und schont die Landwirtschaft, kürzt aber das Budget für die Auslandhilfe um 250 Millionen Franken. Die politische Linke lehnte das Budget ab.
Das Parlament beschloss ausserdem, die Bedingungen für den Schutzstatus S für Ukrainer:innen zu verschärfen: Dieser soll nur noch Personen gewährt werden, die aus von Russland besetzten oder von den Kämpfen betroffenen Regionen stammen.
- Die Hauptpunkte des BudgetsExterner Link für 2025 bei RTS auf Französisch.
Wie viel zahlt man in einem Schweizer Café für einen Kaffee? «Zu viel», werden Sie vielleicht wohl sagen. Die schlechte Nachricht: Der Durchschnittspreis für eine Tasse ist das fünfte Jahr in Folge gestiegen.
Ein Café Crème kostet in der Deutschschweiz derzeit durchschnittlich 4.58 Franken, berichtete das Schweizer Fernsehen SRF am Montag. Während der billigste Kaffee im Kanton Aargau (CHF 2.50) zu finden ist, ist der durchschnittlich billigste Kaffee-Kanton Solothurn (CHF 4.45). Der teuerste Kanton ist Zug (CHF 4.84), während man in Zürich bis zu 6 Franken für eine einfache Tasse Kaffee hinblättern muss.
Angesichts solcher Preise würden die Italiener:innen auf die Strasse gehen: Unterbrechungen aufgrund des Klimawandels in der weltweiten Kaffeeversorgung könnten sie dazu zwingen, bis zu 2 Euro (1,85 CHF) pro Kaffee zu zahlen, berichtete die Financial Times kürzlich. «Für Londoner oder New Yorker ist das immer noch verlockend billig, aber für Römer ein Schock.» Ein Espresso kostet in Italien derzeit etwa 1,20 Euro und ein Cappuccino 1,50 Euro.
Im internationalen Vergleich zahlen nur die Dän:innen mehr für ihren Kaffee als die Schweizer:innen, so das Ergebnis dieser AnalyseExterner Link.
- Eine Tasse Kaffee kostet immer mehr – Artikel von SRFExterner Link.
- Steigende Kaffeepreise versetzen Italiener:innen in «Angst und Schrecken», der Artikel der Financial TimesExterner Link (Bezahlartikel, auf Englisch).
- Ihr Lieblingskaffee wurde vermutlich mit einer Schweizer Maschine gemacht, wie Sie in unserem Artikel lesen können.
Haben Sie noch einen Schweizer Fahrausweis aus blauem Papier? Wissen Sie, ob er noch gültig ist?
«Ich lebe seit Jahren im Ausland, habe aber immer noch einen Schweizer Pass und einen blauen Führerschein, der jetzt ungültig ist», schreibt ein Leser namens Felix an die Zeitung 20 Minuten. «Wer macht den Umtausch – die Botschaft oder das Schweizerische Strassenverkehrsamt?»
«Lieber Felix», antwortete die Zeitung am Mittwoch, «wenn Sie längere Zeit im Ausland gelebt haben, ist weder die Schweizer Botschaft noch ein Schweizer Strassenverkehrsamt für Ihren Führerausweis zuständig, sondern die lokale nationale Behörde. Wir erhalten derzeit viele Anfragen von Auslandschweizern, die noch den seit November ungültigen blauen Führerausweis haben. Anders als beim Pass ist aber nicht die Nationalität für den Führerausweis entscheidend, sondern der Wohnort: Sie müssen den neuen Führerausweis dort beantragen, wo Sie wohnen.»
Das Billett auf Papier entspricht nicht mehr den heutigen Sicherheitsstandards, so dass es jetzt im Kreditkartenformat vorliegen muss. «Übrigens», fügte 20 Minuten hinzu. «Wenn Sie in der Schweiz leben und immer noch mit einem ‹blauen Führerschein› fahren, haben Sie zwar rechtmässig einen Führerschein, werden aber wegen Fehlens eines gültigen Dokuments mit einer Geldstrafe belegt.»
- Wer tauscht im Ausland den alten Führerausweis um? – Artikel von 20 MinutenExterner Link.
- Die häufigsten Fragen zum Schweizer FührerausweisExterner Link.
- Unser Artikel: Alles, was Sie über das Autofahren in der Schweiz wissen müssen.
Die Schweizer Wörter des Jahres sind gewählt!
«Unterschriften-Bschiss» ist von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zum Deutschschweizer Wort des Jahres 2024 gekürt worden. Das Wort habe die Rangliste angeführt, weil die Fälschung von Unterschriften und Identitäten auf Initiativsammlungsbögen durch kommerzielle Unterschriftensammler:innen in diesem Jahr für viel Gesprächsstoff gesorgt habe, teilte das Departement Angewandte Linguistik am Dienstag mit. Das Vertrauen in das demokratische Schweizer Abstimmungssystem sei dadurch stark erschüttert worden, heisst es.
Auch in den drei anderen Schweizer Landessprachen wurden Wörter des Jahres gewählt. Im Französischen ging die Auszeichnung an «cessez-le-feu» (Waffenstillstand), im Italienischen an «non binario» (nicht binär) und im Rätoromanischen an «segundimorant:a» (Zweitheimisch:er; eine Person mit einer Zweitwohnung).
- Mitteilung der ZHAWExterner Link zum Wort des Jahres.
- Unterschriften-Bschiss zeigt Lücken im System – unser Artikel.
- «Brain rot» (Gehirnzerfall) ist gemäss dem Oxford DictionaryExterner Link das Wort des Jahres
Am Montag teilte das Weisse Haus mit, dass US-Präsident Joe Biden seinen Sohn Hunter begnadigt habe, um ihn vor künftiger Verfolgung durch politische Gegner zu schützen. Dieser Schritt stiess auf erhebliche Kritik – auch in der Schweiz.
«Joe Biden entlarvt seine politische Heuchelei» lautete die Überschrift des Leitartikels in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). Hunter Biden wurde wegen Steuerdelikten und Anklagen im Zusammenhang mit dem Besitz einer Schusswaffe strafrechtlich verfolgt, nachdem er jahrelang im Visier der Republikaner:innen im Kongress war.
«Präsident Biden sucht in seiner Mitteilung Verständnis bei den Bürgern zu wecken: Welcher Vater würde sich nicht ähnlich mitfühlend für seinen Sohn einsetzen, wenn er könnte? Doch das trifft die Sache in keiner Weise. Biden ist nicht irgendein Vater. Er ist der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Als solcher unterliegt er ganz anderen moralischen Anforderungen – und daraus folgenden Bürden – als jeder normale Bürger», schreibt die NZZ.
«Biden schädigt mit der Schwäche für seinen Sohn nicht nur sein eigenes, sorgfältig poliertes Image als Saubermann. Er liefert ausgerechnet seinem Nachfolger [Donald Trump] die Vorlage, um sich selbst eigennützig der Justiz zu bedienen.»
- Begnadigung des Präsidentensohns: Joe Biden entlarvt seine politische Heuchelei, Kommentar in der NZZExterner Link (Bezahlartikel).
- Joe Biden macht es auch nicht besser als Trump – Kommentar im Tages-AnzeigerExterner Link (Bezahlartikel).
- Biden könnte mit Begnadigungen so viel Gutes bewirken. Stattdessen hat er seinem Sohn geholfen – Kommentar im GuardianExterner Link (auf Englisch).
Ungewöhnliche Schweiz
Am Freitag war der Samichlaus-Tag, an dem der Samichlaus und sein finsterer Gehilfe Schmutzli von Haus zu Haus ziehen und den Kindern Lob, Leckereien und Albträume bringen.
Aber wer ist Schmutzli? Ich habe mir seine faszinierende Entwicklung vom Kindesentführer zum kuscheligen Leckereienverteiler angeschaut – und bin der Frage nachgegangen, ob seine schwarze Schminke problematisch ist.
Das Bild der Woche
Zu Ehren des neu gewählten Ständeratspräsidenten Andrea Caroni zieht am Montag ein Appenzeller Silvesterchlaus durch den Ständerat. Normalerweise ziehen diese Chläuse am Alten Silvester (13. Januar) von Hof zu Hof, um das neue Jahr einzuläuten.
Nächste Woche
Baufortschritt: Am Dienstag findet im Berner Münster ein Medienanlass statt, um den Abschluss der Arbeiten am Gewölbe des Kirchenschiffs zu feiern. Am Mittwoch wird der neue Bahnhof in Grindelwald eingeweiht, rechtzeitig vor dem Ansturm der Skifahrer:innen.
Am Donnerstag werden wir vom Bundesgericht hören, wie die Richter:innen über eine umstrittene landesweite Abstimmung im Jahr 2022 entscheiden, die das Rentenalter für Frauen anhebt. Im August stellte sich heraus, dass die Finanzprognosen des Bundes für das Rentensystem falsch berechnet wurden. Könnten die korrekten Zahlen das Ergebnis verändert haben? Wird die Abstimmung wiederholt werden müssen?
Editiert von Samuel Jaberg/ac, Übertragung aus dem Englischen mit der Hilfe von Deepl: Janine Gloor
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