Die Woche in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Diese Woche war für die Schweiz wohl die politisch wichtigste des Jahres: Die jahrelangen Verhandlungen mit der Europäischen Union kamen am Freitag zu einem Abschluss. Nun geht es aber erst richtig los: Mit den innenpolitischen Diskussionen im Parlament.
Ebenfalls am Freitag wurde der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission zum Kollaps der Schweizer Grossbank Credit Suisse veröffentlicht. Sie kam zum Schluss, die Ursache für den Untergang der Bank sei jahrelanges Missmanagement gewesen.
Unter der Woche gaben aber auch andere Themen zu reden. So rief die Glückskette zu Spenden für ihre Aktion gegen Gewalt an Kindern auf. Und eine Umfrage zeigte, dass ein Handyverbot an Schweizer Schulen gute Chancen hätte.
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Die Schwerpunkte der Woche
Die Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz sind beendet. Der Bundesrat spricht von einem breit abgestützten Verhandlungsergebnis, bei dem auch die Sozialpartner einbezogen worden seien.
«Um uns herum bildet sich ein förmlich spürbarer ring of fire – die Ukraine, der Nahe Osten, Afrika sind geprägt von Konflikten, Zerstörung und anhaltenden Migrationsabkommen», sagte Aussenminister Ignazio Cassis an der Pressekonferenz und zeichnete den grossen Rahmen, in welchem das Ergebnis präsentiert wird.
Die Abkommen mit der EU sind primär wirtschaftlicher Natur und im innenpolitischen Kampf, der bald losgehen wird, wird es vermutlich vor allem um Details gehen. Die einleitenden Worte des Aussenministers rufen aber in Erinnerung: Das Verhältnis zur EU ist vor allem eine Frage der Werte und der politischen Solidarität. Zudem, so Cassis: Stabile Beziehungen seien eine «strategische Notwendigkeit».
Bisher bestehen die bilateralen Verträge aus fünf Abkommen, nun liegen drei neue vor: Zum Strom, zur Gesundheit und zur Lebensmittelsicherheit. Neu zahlt die Schweiz ab 2030 jährlich 350 Millionen Franken als Kohäsionsbeitrag an die EU. Bis dahin sind es jährlich 130 Millionen Franken. Und ab 2024 erhält die Schweiz wieder vollen Zugang zum EU-Forschungsförderprogrammen (Stichwort Horizon Europe).
Was bedeutet das genau für die Fünfte Schweiz? In der nächsten Zeit werden die Details der Verträge bekannt, dann wird vieles klarer. Die Auslandschweizer-Organisation hat aber gestern bereits verlauten lassen: «Es sind erfreuliche Neuigkeiten für die über 466’000 in EU/EFTA-Staaten lebenden Auslandschweizer:innen: Die Schweiz und die EU haben sich über die Zukunft der bilateralen Verträge geeinigt. Das heute vorgestellte Projekt sichert die guten Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen, die diese Auslandschweizer:innen dank der Personenfreizügigkeit geniessen, auch weiterhin erhalten.»
Jahrelanges Missmanagement habe zum Zusammenbruch der Schweizer Grossbank Credit Suisse geführt. Zu diesem Schluss kommt die Parlamentarische Untersuchungskommission.
Kurz vor ihrem Ende stand die Credit Suisse (CS) vor allem in den Schlagzeilen, weil sich ihr Top-Management gegenseitig ausspionieren liess. Die Arbeit dieser mit Millionen entlöhnten Manager ist laut der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) Schuld daran, dass die CS im März 2023 kollabierte und ihre Konkurrentin UBS sie schliesslich übernehmen konnte.
Aber auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) kriegt im Bericht ihr Fett weg: Die Behörde habe ihre Aufsichtstätigkeit zwar intensiv ausgeübt. Das habe aber nur eine beschränkte Wirkung gezeigt. «So reihte die CS trotz zahlreichen Enforcementverfahren und entsprechenden Warnungen der Finma Skandal an Skandal«, heisst es im Bericht.
Schliesslich hält der Untersuchungsausschuss auch fest, der Informationsfluss zwischen den Behörden sei zum Teil ungenügend gewesen, und die «Too big to fail»- Gesetzgebung sei zu zögerlich weiterentwickelt worden. Zugute hält sie den Behörden, dass sie im März 2023 eine globale Finanzkrise verhindert haben.
- SRF News hat die wichtigsten PunkteExterner Link.
- Hier finden Sie unsere Analyse der Wintersession der Eidgenössischen Räte.
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Gesellschaftlich stand die Woche in der Schweiz unter dem Stern der Sammelaktion der Glückskette gegen Gewalt an Kindern auf der ganzen Welt.
Zum Beispiel Bangladesch. Es gehört zu den Ländern mit den höchsten Zahlen an Kinderehen. Auch Kinderarbeit ist weit verbreitet. Unser Reporter Giannis Mavris hat sich vor Ort ein Bild gemacht und mehrere Artikel geschrieben.
In dieser Woche hat die Spendensammelorganisation Glückskette eine Solidaritätswoche organisiertExterner Link. Die Glückskette ist der humanitäre Arm der SRG, zu der auch SWI swissinfo.ch gehört. Mit den gesammelten Spenden werden Projekte zum Schutz von Kindern vor Gewalt und Missbrauch finanziert – unter anderem jene Projekte, die Giannis besuchen konnte.
Das ist sein Fazit: «Trotz der beschriebenen Härten ist Bangladesch ein unglaubliches Land, und man kann viel von der Resilienz seiner Menschen lernen. Die von uns besuchten Projekte – das Ergebnis einer starken Zivilgesellschaft – sind der Beweis dafür: Die Menschen finden immer wieder Wege, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern.»
Hier drei Reportagen, die Giannis in Bangladesch realisieren konnte:
Eine Umfrage zeigt: Ein Handyverbot an Schweizer Schulen hätte gute Chancen.
Für Lehrerinnen und Lehrer ist es schon seit Jahren ein Ärgernis: Mobiltelefone im Unterricht. Frankreich und Italien haben bereits Verbote eingeführt. Eine Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag des Berner Generationenhauses zeigt nun, dass sich in der Schweiz 82% der Befragten für ein Handyverbot an Schulen aussprechen.
Die Autorinnen und Autoren deuten die breite Zustimmung zum Handyverbot an Schulen als wachsendes Bewusstsein für die Chancen und Risiken der digitalen Technologien: Besonders bei Jugendlichen stünden dabei Suchtverhalten, Konzentrationsprobleme und gestörte soziale Interaktionen im Vordergrund.
Viele würden gern auch gleich die Video-App Tiktok verbieten. Allerdings ist da die Zustimmung etwas geringer: 68% der Befragten würden ein Verbot von Tiktok befürworten. Interessantes Detail: Die Eltern von Teenagern sprechen sich weniger deutlich für ein Verbot aus.
- Der Bericht von SRF NewsExterner Link über die Umfrage zum Handyverbot.
Ungewöhnliche Schweiz
Kennen Sie die Schnabelgeiss? Oder das Huttenwybli? Nein? Dann ist es höchste Zeit, dass Sie einen urtümlichen Brauch kennenlernen, der schon seit Jahrhunderten Ende Jahr im Berner Oberländer Dorf Meiringen und seiner Umgebung stattfindet.
Der Ubersitz (keinesfalls mit einem Ü ausgesprochen!) ist unterdessen zu einem Publikumsmagneten für die Region geworden. Dabei trotzen die Menschen während mehreren Tagen und Nächten der Kälte und der Müdigkeit. Denn die Einheimischen machen in den Dörfern des Haslitals mit lauten Kuhglocken und Trommeln vom 25. bis 30. die Dezember die Nacht zum Tag.
Mehr über diesen Brauch erfahren Sie in unserem Artikel aus der Rubrik «Ungewöhnliche Schweiz»:
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Schweizer Brauch «Ubersitz»: Ein Tal im Ausnahmezustand
Das Bild der Woche
Bleiben wir doch gleich noch im Haslital. Um ganz hinten im Tal die neue Spitallamm-Staumauer in Betrieb zu nehmen, musste der Oberaarsee entleert werden. Eine gute Gelegenheit, die 30 Tonnen schwere Drosselklappe (Bildmitte) und die gesamte gepanzerte Wasserleitung zu kontrollieren, die vom Stausee zum Kraftwerk Grimsel 1 unter dem Grimselsee hindurch verläuft. Im Winter 2024-2025 werden alle Anlagen überprüft und repariert, die normalerweise unter Wasser stehen.
Nächste Woche
Nachdem die Session im Parlament abgeschlossen ist, steht die kommende Woche ganz im Zeichen der Feierlichkeiten unter dem Weihnachtsbaum.
Drei Jubiläen sind nächste Woche hervorzuheben:
Vor 90 Jahren wurde am 23. Dezember 1934 in Davos der erste Skilift der Welt in Betrieb genommen. Es war ein Bügellift mit J-förmigen Bügeln, an denen sich nur eine Person hochziehen lassen konnte. Bereits in der ersten Saison fuhr der Schlepplift 70’000 Personen den Berg hoch. Die Idee eines Skilehrers sorgte schliesslich dafür, dass die Leistung verdoppelt werden konnte – mit dem Nebeneffekt, dass sich künftig viele Paare auf Skiliften kennenlernten: der T-förmige Skiliftbügel, wie wir ihn heute noch an einigen Liften antreffen.
Am Mittwoch, dem 26. Dezember, jährt sich ein trauriges Ereignis zum 20. Mal: Der Tsunami in Südostasien. Ein Erdbeben der Stärke 9,3 hatte die verheerenden Riesenwellen im Indischen Ozean ausgelöst. Sie forderten in 13 Ländern über 230’000 Todesopfer. Darunter waren auch 113 Schweizerinnen und Schweizer. Jedes Jahr wird an diesem Tag in den betroffenen Ländern der Opfer des Tsunamis gedacht.
Ebenfalls am 26. Dezember, im Jahr 1999, fegte der Orkan Lothar über die Schweiz. 14 Menschen verloren vor 25 Jahren ihr Leben im Sturm. Zudem mähte er 14 Millionen Kubikmeter Holz zu Boden. Der Schaden wurde auf 1,35 Milliarden Franken beziffert.
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