Die Woche in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland,
man muss nicht lange suchen, um die wichtigste Schweizer Nachricht der vergangenen Woche auszuwählen. Es handelt sich dabei um die Ankündigung des Rücktritts von Verteidigungsministerin Viola Amherd, die den Bundesrat Ende März verlassen wird.
Unabhängig von diesem Rücktritt werden militärische Angelegenheiten in unserem Wochenbriefing einen grossen Raum einnehmen. Ansonsten geht es etwa auch um eine gute Nachricht für überschuldete Menschen und eine weniger gute Nachricht für Biber.
Viel Spass beim Lesen.
DIE SCHWERPUNKTE DER WOCHE
Viola Amherd, die seit dem 1. Januar 2019 an der Spitze des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) steht, wird Ende März von ihrem Amt zurücktreten. Die Bundesrätin gab ihren Rücktritt am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz bekannt, die sich mit der Erhöhung des Frauenanteils in der Armee befasste.
Der Rücktritt war seit einiger Zeit erwartet worden und Beobachtende der Bundespolitik gingen (zu Recht) davon aus, dass er am Ende von Viola Amherds Präsidialjahr bekannt gegeben werden würde. In letzter Zeit war der Druck auf sie gestiegen. Vor einigen Tagen forderte die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) öffentlich ihren Rücktritt, was in der Schweizer Politik eher selten vorkommt.
Viola Amherds grösster Erfolg als Leiterin des VBS war die erfolgreiche Kampagne für den Kauf neuer Kampfflugzeuge, den das Volk mit einer sehr knappen Mehrheit angenommen hatte. Doch die Schlamperei bei mehreren Projekten, insbesondere beim Kauf von sechs israelischen Beobachtungsdrohnen, brachte ihr Kritik ein. Auch ihre Bemühungen, die Schweizer Armee näher an die NATO heranzuführen, schürten den Zorn der konservativen Rechten.
Kaum war der Rücktritt bekannt, wurde bereits über ihre Nachfolge spekuliert. Der am häufigsten genannte Name ist jener von Gerhard Pfister. Vor einigen Tagen hatte der Nationalrat angekündigt, den Vorsitz der Mitte – der Partei von Viola Amherd – abzugeben, und in der Presse erklärt, dass er «die Tür zum Bundesrat nicht schliessen» wolle. Die Mitte wird den Auswahlprozess am Montag starten.
– Der TickerExterner Link zum Rücktritt von Viola Amherd auf der Website von RTS (auf Französisch).
– Wer wird Nachfolger von Viola Amherd? Das schreibt WatsonExterner Link (auf Französisch).
Vor genau zehn Jahren erlebte die Schweizer Wirtschaft einen echten Schock, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Mindestkurs aufgab. Zur Erinnerung: Mit dieser Massnahme sollte die Stabilität zwischen dem Franken und dem Euro mit einer Schwelle von 1 Euro für 1,20 Franken aufrechterhalten werden. Das Ziel der Massnahme bestand darin, zu verhindern, dass der Höhenflug der Schweizer Währung die Exportindustrie beeinträchtigte.
Die Aufhebung des Mindestkurses am 15. Januar 2015 hatte zunächst abrupte Folgen, insbesondere einen starken Rückgang der Spitzenwerte an der Schweizer Börse. Die Wirtschaftskreise äusserten damals Wut und Unverständnis über die Aufgabe des Mindestkurses. Für den Chef der Swatch Group, Nick Hayek, war es ein «Tsunami für die ganze Schweiz».
Zehn Jahre später muss man feststellen, dass die Schweizer Wirtschaft sehr gut standgehalten hat, nachdem der erste Schock überwunden war. Der Exportindustrie gelang es, sich anzupassen und schnell wieder auf den Wachstumspfad zurückzukehren. «Die Abschaffung des Mindestwechselkurses war ein sehr mutiger und richtiger Schritt. Die Bilanz spricht für sich», urteilt beispielsweise Fredy Hasenmeile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz.
Die Aufgabe des Mindestkurses war mit negativen Zinssätzen einhergegangen, den niedrigsten der Welt. Die Zinsen waren schliesslich im Juni 2023 auf 0% gesenkt worden. Die Stärke des Frankens und der rasche Rückgang der Inflation könnten nun jedoch zu einer Rückkehr der Negativzinsen führen, was für die SNB, die die Zinsen bereits im letzten Jahr stark gesenkt hat, eine offene Option ist. Die meisten Expert:innen sind jedoch der Ansicht, dass diese Massnahme nicht wieder in Kraft gesetzt werden sollte. Es sei denn, es kommt zu einer grösseren wirtschaftlichen oder politischen Krise.
– Beitrag von RTSExterner Link, zehn Jahre nach der Aufgabe des Mindestkurses (auf Französisch).
– Die Meldung zu diesem Thema auf SWI swissinfo.ch (auf Französisch).
Der Bundesrat will überschuldeten Personen eine «zweite Chance» geben. An seiner wöchentlichen Sitzung hat die Regierung neue Sanierungsverfahren vorgestellt. Diese sind jedoch an strenge Bedingungen geknüpft.
In der Schweiz ist es derzeit sehr schwierig – um nicht zu sagen unmöglich – der Spirale der Überschuldung zu entkommen. Es ist ein Klotz am Bein, den man in der Regel ein Leben lang mit sich trägt. Die Schweiz ist eines der wenigen Länder in Europa, in dem Menschen in ernsten finanziellen Schwierigkeiten nicht die Möglichkeit haben, ihre Schulden zu tilgen.
Die Regierung legt eine Gesetzesänderung vor, die den Ausstieg aus der Überschuldung erleichtern soll. Die wichtigste Massnahme: Personen, die ihre Schulden nicht zurückzahlen können, sollen ihre Finanzen durch einen Konkurs sanieren können. Aber es gibt Bedingungen: Drei Jahre lang müssen verschuldete Personen ihr gesamtes Vermögen, das über das Existenzminimum hinausgeht, zur Rückzahlung ihrer Schulden verwenden und nachweisen, dass sie sich um ein regelmässiges Einkommen bemühen. Wenn diese Verpflichtungen eingehalten werden, werden die Restschulden nach Ablauf der drei Jahre getilgt.
Selbsthilfeorganisationen hatten schon lange einen Mechanismus gefordert, um aus der Verschuldung herauszukommen. Nach Angaben der Behörden könnten jährlich zwischen 2000 und 10’000 Personen die neuen Verfahren in Anspruch nehmen. Nach der Schuldenbefreiung ist es für zehn Jahre nicht mehr möglich, das Verfahren erneut in Anspruch zu nehmen.
– Alle ErklärungenExterner Link zum neuen Entschuldungsverfahren auf RTS (auf Französisch).
– Aus dem Archiv: 2019 berichtete dieser Artikel von SWI swissinfo.ch über das Schuldenproblem in der Schweiz.
Für die geschützten Tiere in der Schweiz brechen harte Zeiten an. Nach dem Wolf soll nun auch der Biber abgeschossen werden, wenn er zu viel Schaden anrichtet. Die Regierung teilte diese Woche mit, dass die neuen Regeln für den Biber in der Jagdverordnung ab dem 1. Februar angewendet werden können.
Die Jagdverordnung legt fest, dass Abschüsse zur Regulierung nur dann möglich sind, wenn alle anderen möglichen Präventionsmassnahmen sich als unwirksam erwiesen haben. Diese Leitplanken überzeugen Tier- und Naturschutzkreise jedoch nicht, die eine Petition mit dem Titel «Keine unnötigen Biber-Abschüsse!» lanciert haben.
Der Biber, der wegen seines Fells, Fleisches und Bibergeils stark bejagt wurde, war Anfang des 19. Jahrhunderts in der Schweiz völlig ausgestorben. Seit seiner Wiederansiedlung in den 1950er-Jahren hat sich der Biber im Mittelland und in den grossen Alpentälern ausgebreitet. Derzeit gibt es rund 5000 Tiere.
– SRF-ArtikelExterner Link über die neuen Regeln zur Regulierung des Bibers.
– ArtikelExterner Link in Le Matin über die Petition (auf Französisch).
UNGEWÖHNLICHE SCHWEIZ
Touristen und sonstige Besucherinnen sind manchmal ein wenig überrascht, wenn sie in der Schweiz in Zügen oder Restaurants Armeeangehörige in Uniform sehen. Doch solche Szenen werden in Zukunft noch häufiger vorkommen, denn die Schweizer Armee verzichtet nun darauf, ihren Truppen Ausgangsanzüge zu verteilen. Von nun an werden Tarnanzüge die Regel sein.
Diese Sparmassnahme wurde erst vor wenigen Tagen angekündigt und bereits am vergangenen Montag zum Beginn der Winter-Rekrutenschule umgesetzt.
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Schweizer Armee: Lieber neue Waffen statt schnittiger Auftritt
DAS BILD DER WOCHE
Das politische Leben in Bern wurde mit der ersten Sitzung des Bundesrates im neuen Jahr wieder aufgenommen. Die wöchentliche Sitzung wurde zum ersten Mal von Karine Keller-Sutter geleitet, die seit dem 1. Januar neue Bundespräsidentin ist.
NÄCHSTE WOCHE
Nächste Woche wird viel über die Wirtschaft gesprochen werden, wenn vom 20. bis 24. Januar das Weltwirtschaftsforum in Davos stattfindet. Es ist aber auch ein sehr politisches Treffen mit der Anwesenheit der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski und sechs der sieben Mitglieder des Bundesrates. Nicht zu vergessen die Videoansprache von Donald Trump, der am Montag sein Amt als US-Präsident antreten wird.
In der Schweizer Politik ist das grosse Thema derzeit die Nachfolge der zurückgetretenen Bundesrätin Viola Amherd. Die erste Episode dieser politischen Serie, die uns wohl für Wochen in Atem halten wird, beginnt gleich am Montag, wenn die Mitte-Partei über den Auswahlprozess entscheiden wird.
Am Mittwoch haben wir zudem ein kulturelles Highlight, wenn die 60. Solothurner Filmtage – das Festival des Schweizer Films – beginnen.
Übertragung aus dem Französischen: Giannis Mavris
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards