Heute in der Schweiz
Lieber Schweizer, liebe Schweizerin
Der Herbst ist da. Ein junger Schweizer in Paris berichtet über seine Einsamkeit – da fliegen ihm die Herzen zu.
Einsam aber bleibt die Schweiz: Die EU-Länder haben keine Lust, ihr besondere Zugeständnisse zu machen. Und auch der ukrainische Premierminister sagt seinen Besuch kurzfristig ab.
Gute Lektüre
Die EU schliesst ihre Reihen. Keine Rosinen in letzter Minute, so die Botschaft an die Schweiz in den letzten Tagen der laufenden Verhandlung.
Die Schweiz und die EU verhandeln derzeit auf der Schlussstrecke über neue bilaterale Abkommen. Der Bundesrat will am 6. November das Verhandlungsresultat anschauen und darüber reflektieren. Die EU drängt auf einen Abschluss in diesem Jahr, die Schweiz aber will sich demonstrativ nicht unter Zeitdruck setzen lassen.
Gestern gab es nun einen Einblick in den Stand der Fortschritte. EU-Komissionspräsident Maroš Šefčovič (Bild) unterrichtete die EU-Staaten über die EU-Sicht der Dinge. Demnach ist die EU definitiv nicht bereit, dem Schweizer Wunsch nach einer Schutzklausel für die Zuwanderung nachzukommen. Diese aber ist für die Schweiz zentral. Denn Bern geht davon aus, dass ein neues Abkommen bei der Bevölkerung durchfällt, wenn nicht irgendein Mechanismus eingebaut wird, welcher der Schweiz eine eigenständige Steuerung der Zuwanderung erlaubt.
Weiterer, noch offener Knackpunkt: Wieviel Geld muss die Schweiz der EU jährlich überweisen? Die EU möchte endlich den Preis für das Schweizer Eintrittsticket in den EU-Binnenmarkt festsetzen. Die Schweiz aber ziert sich, sie will dies offenbar als letztes Pfand behalten. «Europa ist kein Menu à la carte», sagte Luxemburgs Aussenminister beim Treffen.
Der ukrainische Premierminister hätte heute in die Schweiz kommen sollen. Er sagt das Treffen kurzfristig ab. Warum, bleibt – zumindest offiziell – unklar.
Seit Russland die Ukraine angegriffen hat, sucht die Schweiz ihre Position im Verein der westlichen Staaten. Es ist eine knifflige Aufgabe. Wie sehr kann Sie auf der Seite der Ukraine stehen, ohne ihre Neutralität zu verletzen?
Nach über zwei Jahren Krieg schien die Schweiz zuletzt einen Umgang mit dem Dilemma gefunden zu haben. Auf der einen Seite stehen robuste Solidarität, unknausrige Zahlungen und die Organisation von internationalen Konferenzen. Auf der andern Seite: Keine Waffen aus Schweizer Produktion für diesen Krieg, egal wer sie liefern will. Zuletzt hat das Parlament sogar der Export von Schutzwesten in die Ukraine verboten.
Jetzt steht wieder eine Konferenz an. In Genf tagen morgen und übermorgen dutzende Staaten zur humanitären Minenräumung in der Ukraine. Die Schweiz hat die Konferenz mit der Ukraine organisiert. Zum Auftakt wurde heute der ukrainische Premierminister Denis Schmyhal zu einem Arbeitsbesuch in Bern erwartet (der Mann links im Bild, neben dem Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis). Alles war vorbereitet. Dann sagte Schmyhal kurzfristig ab. Gründe dafür nannte das EDA nicht.
Die Schweiz ist bisher das einzige westliche Land, das den «Friedensplan» von China und Brasilien für die Ukraine unterstützt. Dieser sieht keine Garantie für die territoriale Integrität der Ukraine vor. Dass die Schweiz diese Initiative unterstützt, sei «schwierig zu verstehen», schrieb das ukrainische Aussendepartement vor zwei Wochen.
Ein nach Paris ausgewanderter junger Schweizer fühlt sich einsam in der herbstlichen Millionenstadt. Sein Aufruf auf Social Media sorgt für Aufsehen.
Er heisst Serge und guckt ganz traurig in die Kamera in diesem Video, das er auf Tiktok gestellt hat. «Ich weiss nicht mehr, wie ich Freunde finden soll», sagt er mit wässrigen Augen. «Blick» und «20Minuten» haben über diese Sache berichtet.
Es gibt gewiss Relevanteres, doch fest steht: Der junge Schweizer Mann traf einen Nerv.
Über zwei Millionen Menschen haben seinen Aufruf angesehen, tausendfach wird der Beitrag kommentiert. «Ich bin seit drei Jahren Schweizerin in Paris, ich verstehe deine Situation total, die Pariser sind sehr wählerisch», kommentiert eine junge Frau. Der am meisten favorisierte Kommentar lautet: «Serge, dein Herz ist zu gross für Paris.»
Am Wochenende schliesslich stellte sich Serge dann einem Massen-Blinddate. Er hatte dazu aufgerufen, ihn beim Louvre zu treffen und kennenzulernen. Diesem Aufruf des jungen Manns folgten einige Dutzend Menschen, vorwiegend junge Frauen, die den sensiblen Schweizer offenbar ins Herz geschlossen hatten.
Die Einführung der OECD-Mindeststeuer führt in der Schweiz zu unerwartet hohen Mehreinnahmen für zahlreiche Kantone.
«Die OECD-Mindeststeuer beschert Tiefsteuerkantonen wie Zug enorme zusätzliche Steuereinnahmen», schreibt die Neue Zürcher Zeitung. Luzern erwartet statt 55 nun 400 Millionen Franken, und auch Zug und Basel-Stadt profitieren stark. Die Geldschwemme sei weit grösser, als vielerorts veranschlagt.
Doch für die Kantone hat dieser Segen auch eine Kehrseite. Sie befürchten, dass die höheren Steuern die Unternehmen zum Abwandern veranlassen könnten. Um den Standort attraktiv zu halten, planen sie deshalb Subventionen, besonders für Forschung und Entwicklung sowie für Klimaschutz.
Viele Subventionen sind so angelegt, dass sie in die Unternehmen zurückfliessen. Auch Elternzeit, Kindertagesstätten (Bild) und Privatschulen werden darum finanziell belohnt. Zug will bis zu 150 Millionen Franken jährlich investieren, Basel-Stadt über 200 Millionen, hiess es.
Die Schweiz im Bild.
Ein Schwarm von Staren fliegt über die Weinberge des Lavaux. Im Dörfchen Chardonne ist Weinlese. «Im Schwarm profitieren die Vögel voneinander, indem sie sich an die günstigen Nahrungsgebiete führen. In Weinbergen können Starenschwärme aber Schäden anrichten«, schreibt die Vogelwarte Sempach.
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