Heute in der Schweiz
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Schweizer Politik geht nach rechts. Eine konservative Grundstimmung habe das Land erfasst, analysiert Politgeograf Michael Hermann.
Konkret heisst das zum Beispiel: Das Parlament bürdet Geflüchteten aus der Ukraine erstmal die Mühlen der Schweizer Bürokratie auf. "Die Schweiz will sich aus dem Geschehen rund um die Ukraine unsolidarisch verabschieden", mahnt die – durchaus konservative – Neue Zürcher Zeitung.
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Andreas Caminada, der Schweizer Sternekoch sagt: Die Schweiz wird kulinarisch unterschätzt.
In einem Interview mit der NZZ sagt Andreas Caminada (Bild) zur Schweizer Küche: «Sie zeigt sich in all den regionalen Spezialitäten. Ausser vielleicht Fondue gibt es aber kein typisches Schweizer Gericht, das fürs ganze Land steht.» Dies habe es schwierig gemacht, die Schweiz als Food-Destination international zu positionieren. Dennoch: «Wir haben in der Schweiz viele tolle Restaurants und die höchste Michelin-Stern-Dichte der Welt.»
Als Gründe dafür sieht er die Konstanz, die Qualität der Ausbildung, das duale System mit der Berufslehre. «Man kann heute in der Schweiz in eine Beiz gehen und erhält etwas Gutes. So eine Konstanz findet man im Ausland ausserhalb der Hauptstädte kaum, vielleicht noch in Südamerika oder in Italien», sagt Caminada. Zudem: «Wir sind in der Schweiz megagute Gastgeber.»
Auch der Zürcher Gastrokritiker Pascal Grob, der für Gault-Millau den Blog «Züri isst» betreibt, lobt die Qualität der Schweizer Küche. Grob sagt, Zürich sei international gesehen ein Geheimtipp. Man bekomme in Zürich zudem sehr viel für sein Geld.
- Interview mit Andreas CaminadaExterner Link in der NZZ (Paywall)
- Interview mit Pascal GrobExterner Link, ebenfalls NZZ (Paywall) und dessen Zürcher GastrotippsExterner Link.
Das Parlament hat sich zum Auftakt der Wintersession mit zwei starken Schweizer Symbolen auseinandergesetzt: Dem Schweizer Wappen und der Schweizer Kunstflugstaffel, der Patrouille Suisse (Bild).
Zum Wappen hat der Nationalrat entschieden, dass Schweizer Nationalmannschaften dieses verwenden dürfen. Die nationalen Fussball- und Hockeyteams, auch Mannschaften von anderen Sportarten, können also mit Schweizer Kreuz auf dem Trikot auflaufen. Man könnte das für eine Selbstverständlichkeit halten. Aber das Wappenschutzgesetz hatte es verboten.
Seit 2017 darf nur noch die Eidgenossenschaft das Wappen nutzen. Unternehmen oder Vereine konnten jedoch innert zwei Jahren eine Genehmigung für eine Weiterbenützung beantragen – wenn sie das Wappen seit 30 Jahren nutzten. Davon Gebrauch machten etwa Victorinox, der Turnverband und der Schweizer Alpenclub SAC.
Endgültig auf den Boden geholt ist dagegen die Patrouille Suisse in ihrer jetzigen Form. Die Luftwaffe will den Tiger F-5 2027 aus dem Betrieb nehmen. Weil dieser Jet aber Kernstück und Arbeitsinstrument der Kunstflugstaffel Patrouille Suisse bildet, verlangte eine Motion dafür eine Ausnahme, es war eine Rettungsaktion für die Patrouille Suisse. Der Ständerat hat diese am Montag als Zweitrat versenkt.
- Hintergrund zum Schweizer WappenExterner Link auf SRF.
- Bericht zum Ende der Patrouille SuisseExterner Link auf SRF.
Die Schweiz ist von einer konservativen Grundstimmung erfasst. Das verschafft der SVP mehr Zustimmung. Mitte-Links verliert.
Die rechtskonservative SVP (Bild) hat als einzige Schweizer Partei an Wählerstimmen zugelegt. Das zeigt das neuste Wahlbarometer der Forschungsstelle Sotomo. Die SVP klettert zwei Prozentpunkte auf 29.9 %, gefolgt von der SP mit knapp 18 %, die leicht eingebüsst hat. Verloren haben auch Grüne und Grünliberale.
Laut Politgeograf Michael Hermann, der die Studie geleitet hat, entspricht der anhaltende Rechtsruck einem europäischen Trend und einer konservativen Grundstimmung. Die Schweiz gehe bei diesen Trends immer mehr mit.
Als wichtigste Herausforderung sieht die Schweizer Bevölkerung gemäss der Befragung die hohen Krankenkassenprämien, gefolgt von Zuwanderung, Asylpolitik und Klimawandel.
Michael Hermanns Analyse über die Befragung: «Wenn die Politik in der Schweiz nach rechts geht, dann wollen die Menschen häufig eher eine konservative Politik. Sie kriegen aber eine wirtschaftsliberale Politik. Das korrigieren sie dann in den Abstimmungen, wo sie eher einen sozialeren Akzent setzen.»
- Vertiefender Artikel auf SRFExterner Link.
Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Schweiz Geflüchteten aus der Ukraine einen besonderen Schutzstatus gegeben. Das Parlament schränkt diese Praxis nun ein.
Der sogenannte Schutzstatus S gilt für Menschen aus der Ukraine nicht mehr ohne Einschränkung. Neu sollen nur noch jene automatisch Schutz erhalten, die in Gebieten gelebt haben, die umkämpft oder von Russland besetzt sind.
«Weil der Krieg in der Ukraine noch immer andauert und die vielen Flüchtlinge zu einer Belastung geworden sind, hat sich die Stimmung im Land verändert«, analysiert SRF diesen Entscheid. «Zudem schaden Fälle, in denen der Schutzstatus missbraucht worden ist, der Solidarität.»
Die NZZ schreibt: «Die Schweiz setzt damit auf eine härtere Linie als die meisten anderen europäischen Länder.» Sie kritisiert: «Die Last dieser Engherzigkeit werden erneut andere tragen. Jene Länder nämlich, die die in der Schweiz nicht mehr zugelassenen Ukrainerinnen und Ukrainer an ihrer Stelle aufnehmen.» Der Entscheid schade dem Ansehen der Schweiz, denn er «signalisiert gegen aussen: Die Schweiz will sich aus dem Geschehen rund um die Ukraine unsolidarisch verabschieden.»
Le Temps kommentiert: «Ein Jahr nach den eidgenössischen Wahlen ist nun klar, wie die nächsten Debatten unter der Bundeshauskuppel aussehen, vor dem Hintergrund eines wachsenden Misstrauens gegenüber jeder Person und jeder Flüchtlingsfamilie. Bundesrat und jene Parlamentsmitglieder, die einen Flüchtling nicht nur als Profiteur sehen, müssen ihre Strategien stark anpassen, wenn sie nicht wollen, dass die SVP in den nächsten Jahrzehnten das Bild der Schweiz prägt.»
Die Einordnungen von SRFExterner Link, RTSExterner Link, NZZExterner Link und Le TempsExterner Link.
Die Schweiz im Bild.
Was macht ein Appenzeller Silvesterchlaus im Bundeshaus? Er läuft zu Ehren des neu gewählten Ständeratspräsidenten Andrea Caroni durch den Ständeratssaal. Normalerweise ziehen diese Chläuse im Appenzellerland am alten Silvester (13. Januar) von Hof zu Hof, um das neue Jahr einzuläuten. Die Appenzeller:innen unterscheiden dabei die «Schöne», die «Wüeschte» und die «Schö-Wüeschte». Ins Bundeshaus kamen nur die reich verzierten schönen Chläuse.
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