So leben die Empfänger von Kinderrenten in Thailand
Schweizer Rentner bekommen Renten für Kinder – auch im Ausland. Ein Teil des Parlaments will das stoppen.
Rentner Hans Steinmann verbringt viel Zeit mit seinem zweijährigen Sohn Hans, genannt «Housi». Dass er im Rentenalter nochmals Vater geworden sei, habe er nicht geplant. Doch jetzt freue er sich über seinen Sohn, der ihn jung halte.
Hans Steinmann, seine laotische Ehefrau O, Housi und dessen Stiefschwester Jenny leben zusammen in einem Haus in einem Vorort der Provinzstadt Udon Thani, im Nordosten Thailands.
Monatlich 811 Franken pro Kind
Hans Steinmann bekommt für die beiden Kinder von der AHV monatlich je 811 Franken Alterskinderrente ausbezahlt, zusätzlich zu seiner AHV von rund 2000 Franken. Pro Kind ist dies fast dreimal so viel wie der Durchschnittslohn in dieser wirtschaftlich schwachen Region Thailands.
Wer als Schweizer Rentner ein minderjähriges Kind hat oder eines, das noch in Ausbildung ist, erhält dafür aus dem AHV-Topf bis zu 980 Franken monatlich – egal, ob es das leibliche Kind, ein Stiefkind oder ein Pflegekind ist.
Das ist dem Nationalrat ein Dorn im Auge. Er will die Kinderrenten streichen, zugunsten von Ergänzungsleistungen. Aktuell erhalten 25’000 Pensionäre eine solche Rente.
Ein Drittel davon geht ins Ausland – zu einem kleinen Teil auch in Länder, wo es sich mit dem Geld besonders gut leben lässt – zum Beispiel eben in Thailand.
Privatschule für Chancengleichheit
Dass der Nationalrat diese Rente streichen will, ist für Hans Steinmann unverständlich: «Ohne dieses Geld wäre ich hier am Anschlag. Dann könnte ich die Kinder nicht in eine Privatschule schicken. Nur dort lernen die Kinder genug für die Zukunft», sagt er.
Am Stadtrand von Udon Thani treffen sich Schweizer Auswanderer in einem Hotel bei Wurst-Käse-Salat, Schwingen im Fernsehen und Donnschtig-Jass: ein Stück Heimat.
Das Hotel führt der Schweizer Jan Schefer zusammen mit seiner Schwester. In eineinhalb Jahren ist er AHV-berechtigt. Dann dürfte auch er Kinderrente für seinen Sohn beantragen – sofern sie bis dahin noch nicht abgeschafft ist.
«Ich hatte die Möglichkeit, auszuwählen, ob ich in Thailand oder der Schweiz leben will. Mein Sohn soll das später auch, dank einer guten Schule hier», sagt Schefer.
Kritik bei Pflegekindern
Doch Kritik an der Kinderrente aus der AHV-Kasse kommt auch aus den eigenen Reihen. Manfredo Spillmann ist Chef einer Pizzeria im Zentrum von Udon Thani.
Der Tessiner stört sich daran, dass die Kinderrente auch für Pflegekinder bezahlt wird: «Das Geld kommt von der Schweizer Bevölkerung, deshalb müsste es auch für die Schweizer Bevölkerung verwendet werden. Und nicht für die Tochter der Tochter der Tochter».
Missbrauchsfälle: nicht erfasst
Lädt das Kinderrenten-System der AHV dazu ein, Geld für die gesamte Grossfamilie zu beantragen? Immerhin gibt es in Thailand kein ausgebautes Sozialsystem.
Von einem höheren Missbrauchspotential in Thailand sei nicht auszugehen, schreibt das Bundesamt für Sozialversicherung der «Rundschau».
Allerdings würden sogenannte Missbrauchsfälle auch gar nicht speziell erfasst, «unter anderem, weil nicht klar definiert werden kann, ab wann es sich um Missbrauch handeln könnte».
Auch Jürg Riser bezieht für seine zwei leiblichen Kinder Renten. Die Tochter hat Trisomie 21, ist körperlich und geistig stark beeinträchtigt – und auf die Hilfe der ganzen Familie angewiesen. «Wenn sie die Kinderrente streichen, dann müsste ich zurück in die Schweiz. Und dann zahlt es der Steuerzahler.»
Noch dieses Jahr will sich der Ständerat mit der Abschaffung der Alterskinderrente – im In- und Ausland – beschäftigten.
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