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Ins Gefängnis wegen Schwarzfahren

Gefägnis
Keystone / Jean-Christophe Bott

In der Schweiz führen unbezahlte Bussen jährlich zu Tausenden Gefängniseinweisungen. In der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe landen häufig mittellose Menschen.

Marcel Brugger greift in seine Tasche und legt sieben SBB-Bussen auf den Tisch. Alle, weil er im Zug beim Schwarzfahren erwischt wurde – und alle innerhalb der vergangenen 14 Tage.

Insgesamt sind es aber viel mehr Bussen, die er während seiner jahrzehntelangen Drogengeschichte bekam und nicht bezahlte. Nicht weil er nicht wollte, wie er sagt, sondern weil er nicht konnte.

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Schwarzfahrt ins Gefängnis

Wer eine Busse oder Geldstrafe trotz Mahnungen nicht bezahlt, der landet irgendwann in der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe. Meist für einige Tage, es können aber auch Wochen oder Monate werden.

Wie oft Marcel Brugger wegen SBB-Bussen deshalb schon im Gefängnis war, das kann er nicht mehr sagen. «Bestimmt 50 oder 60 Mal, wahrscheinlich mehr», sagt er.

«Es ist nicht so, dass ich nicht zahlen will, ich kann es nicht. Mir fehlt das Geld dazu, wenn ich von meinem Wohnort im Aargau nach Zürich zur Drogenersatzabgabe fahre.»

Kann eine verurteilte Person eine Busse oder Geldstrafe nicht bezahlen und können die Behörden den Betrag auf dem betreibungsrechtlichen Weg nicht einfordern, tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe.

In der Schweiz entspricht ein Tagessatz Geldstrafe einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe (Art. 36Externer Link Schweizerisches Strafgesetzbuch StGB). Wird gemeinnützige Arbeit als Strafe verhängt, kann diese, wenn sie nicht erbracht wird, ebenfalls in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden. Dabei entspricht ein Tag Freiheitsentziehung vier Stunden gemeinnütziger Arbeit. Die Ableistung einer Ersatzfreiheitsstrafe als gemeinnützige Arbeit ist nicht möglich (Art. 79a Abs. 2Externer Link StGB).

Volle Gefängnisse und hohe Kosten

53 Prozent aller Gefängniseinweisungen im Jahr 2023 waren Ersatzfreiheitsstrafen, das sind 4964 Einweisungen. Die Zahl der betroffenen Personen ist nicht erfasst. Manche von ihnen sind mehrmals pro Jahr eingewiesen worden.

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Rund 200 Franken pro Tag und Insasse kostet dies den Steuerzahler, mindestens. Hochgerechnet ist das ein zweistelliger Millionenbetrag jährlich. Eine genaue Zahl fehlt auch hier.

Immer wieder sind in der Schweizer Gefängnisse bis an die Kapazitätsgrenze gefüllt. Es fehlen Zellen und bei Konflikten Ausweichmöglichkeiten innerhalb der Gefängnisse. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist einer der Gründe für dieses Problem.

Schwarzfahren, weil das Geld fehlt

Nicht alle, die ihre Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, sind wegen Bagatellen dort, manche auch wegen Geldstrafen durch schwerere Delikte wie Einbruchdiebstahl. Ein Grossteil jedoch wegen Schwarzfahrens.

Lorenz Bertsch ist Schuldenberater bei der Caritas. Er weiss, wie schnell es gehen kann; auch bei Working Poors, die sich das ÖV-Ticket nicht mehr leisten können.

«Ich hatte schon Fälle, von Menschen, die wegen des Gefängnisaufenthaltes die Arbeitsstelle verloren», sagt Lorenz Bertsch.

Strafvollzugs-Experte Benjamin Brägger sieht Reformbedarf. «Die Ersatzfreiheitsstrafe ist teuer, belastet das System ungemein, und sie ist für die Betroffenen in der Regel nur schädlich, sie kann desozialisierend sein», sagt Benjamin Brägger. «Und darum sollten wir hier eine Veränderung erreichen.»

Grundsatz der Gleichbehandlung

Warum hält die Strafjustiz an der Ersatzfreiheitsstrafe fest? Stefan Weiss ist Sekretär der Deutschschweizer Strafvollzugskonkordate.

Er betont, dass es wichtig sei, dass vor dem Gesetz alle gleich behandelt werden: «Wenn man die abschreckende Wirkung nicht hat, dann könnte das natürlich zur Folge haben, dass viel mehr Leute ebenfalls gegen das Gesetz verstossen.»

Es werde das Strafrechtssystem angewendet, das in der Schweiz so gewollt sei. Für eine Veränderung müssten Bundesparlamentarier aktiv werden.

Derweil geht der Teufelskreis mit den Gefängnisstrafen wegen Schwarzfahrens für Marcel Brugger und seine Ehepartnerin weiter.

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