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Nach dem Ärger die Erleichterung – so blickt die Fünfte Schweiz auf die 13. AHV-Rente

Zwei Personen sitzen auf einer Bank und geniessen das schöne Wetter und den See.
Die 13. AHV-Rente ist für viele Auslandschweizer:innen ein willkommener Zustupf. Keystone / Gian Ehrenzeller

Die Freude der Schweizer:innen im Ausland über die 13. AHV-Rente ist gross. Doch die Sorge über die Finanzierung hat auch zu Nein-Stimmen der Fünften Schweiz geführt.

In der Schweiz ist am Abstimmungssonntag vom 3. März ein historisches Resultat zustande gekommen: Zum ersten Mal wurde eine Initiative angenommen, die den Ausbau der Sozialwerke verlangt. Mit 58.2% Ja-Stimmen haben die Schweizer:innen an der Urne die Initiative der Gewerkschaften und Linken für eine 13. AHV-Rente angenommen.

Der Abstimmungskampf wurde äusserst emotional geführt. Die Schweizer:innen im Ausland wurden zur Zielscheibe der Nein-Kampagne. Es fielen Worte wie Profiteure und Luxusrenten.

Nun ist die 13. AHV-Rente angenommen und die Freude und Erleichterung der Fünften Schweiz ist gross. «Das Resultat ist perfekt, weil ein Zeichen gesetzt wurde für eine Verbesserung der unterprivilegierten Mitbürger», schreibt Henry Roth bei Swiss Community, dem Netzwerk der Auslandschweizer:innen.

«Ich finde es grossartig, dass eine Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten und der Kantone sich von einer millionenschweren Gegenkampagne nicht beeindrucken liessen und dem Anliegen zu einem bescheidenen Ausbau der AHV an der Urne zum Durchbruch verhalfen», schreibt an selber Stelle ein in Italien lebender Schweizer.

Auch in den sozialen Medien frohlocken die Schweizer:innen im Ausland über den Ausgang der Abstimmung. «Einfach freuen juppi», so ein User in der Auslandschweizer-Gruppe auf Facebook.

Viele erkennen im Resultat einen «Akt der Solidarität»

Ein Blick auf das Abstimmungsverhalten der Schweizer:innen im Ausland zeigt, dass sie der 13. Rente etwas stärker zugestimmt haben als die Inländer:innen: 65.3% waren für die Initiative. «Das erklärt sich unserer Meinung dadurch, dass immer mehr Leute im Rentenalter ins Ausland gehen, um dort ein würdiges Leben führen zu können», sagt ASO-Präsidentin Ariane Rustichelli zu SWI swissinfo.ch.

Die Gewinner:innen sehen im Abstimmungresultat einen «Sieg der Solidarität». Auch Politolog:innen rechneten vor, dass es für diese Annahme der Initiative mehr als die Ja-Stimmen der Pensionierten brauchte. Ganz im Sinne der Umverteilung, dem Mechanismus, welcher der AHV zugrunde liegt, haben auch Arbeitstätige für eine 13. AHV-Rente gestimmt.

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«Ich finde es gut. Auch ohne bereits im Rentenalter zu sein», schreibt Gabriele Geyer auf Facebook. «Diejenigen, die jetzt im Rentenalter sind, haben dazu beigetragen, dass es der CH im Allgemeinen gut geht.»

Auch in der Facebookgruppe der Swiss Abroad in Kanada schreibt eine Userin auf Englisch: «Ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat, auch wenn ich noch nicht pensioniert bin.»

Einer, der die Abstimmungsdebatte ganz genau mitverfolgt hat, ist Josef Schnyder. Er ist Vizepräsident der Swiss Society in Bangkok und Mitglied des Auslandschweizerrats. Die Medienberichte über die Schweizer:innen, die im Ausland im Luxus leben sollen, sorgten in den Expat-Facebookgruppen für Aufregung.

Die Annahme sei ein positives Signal. «Ich freue mich für alle, für welche die 13. Rente eine Erleichterung ist», sagt er am Telefon zu SWI swissinfo.ch. «Ich glaube, das Abstimmungsresultat ist ein Zeichen, dass ein gewisser Unmut herrscht. Wegen der Teuerung haben die Rentner immer weniger vom Geld, während für die Rettung der Credit Suisse Milliarden ausgegeben werden.» Er selbst habe die 13. Rente nicht nötig, er hat aber trotzdem dafür gestimmt.

Der Brief der Bundesräte verfehlte seine Wirkung

Was die Rentner:innen in Thailand ebenfalls beschäftig hat, waren die verspäteten Couverts mit den Stimmunterlagen. «Viele wollten abstimmen, konnten aber nicht. Das hat dieses Mal gleich doppelt wehgetan.» Zum Glück habe es trotzdem gereicht.

Nicht nur die negativen Medienberichte über die Fünfte Schweiz wurden in Thailand besprochen, auch der Brief mehrerer alt Bundesrät:innen gab zu reden.

In einem Schreiben warnten die ehemaligen Bundesrät:innen vor der 13. AHV und riefen zu einem Nein auf. «Der Brief der alt Bundesräte ist sehr schlecht angekommen hier», sagt Schnyder. «Diese beziehen jährlich über 200’000 Franken Rente während in Thailand viele Schweizer leben, die aus finanziellen Gründen ausgewandert sind.»

Auch Iris Weber, Auslandschweizerin in Deutschland, hat sich über den Brief geärgert. Sie hat trotzdem Nein gestimmt. «Damit bin ich wohl eine der wenigen im Ausland», sagt sie am Telefon. Und sie gehört nicht zu denjenigen, die eine 13. Rente nicht nötig hätten. Weber lebt mit ihrem Mann in bescheidenen Verhältnissen, auswärts essen gehen sie höchstens, wenn jemand Geburtstag hat.

«Ich habe Nein gestimmt, weil ich nicht den jungen Leuten die Kosten aufbürden will», sagt sie. Sie hofft nun sehr auf eine gute Lösung zur Finanzierung, welche den Mittelstand nicht zu sehr belastet.

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Auslandschweizer Leonardo Carena hat sich ebenfalls entschieden, die Initiative abzulehnen. Er wolle nicht von etwas profitieren, für das er nicht gearbeitet habe und im Ausland wohnend auch nichts nachzahlen müssen, schreibt er auf Swiss Community.

Durch die Medien habe er erfahren, dass es in der Schweiz Leute gebe, denen die steigenden Lebenskosten zu schaffen machen. «Diesen gönne ich die 13. AHV, uns ausgewanderten Trittbrettfahrern nicht.»

Ein Auslandschweizer auf Swiss Community hat Nein gestimmt, weil er die Altersvorsorge nicht aus dem Gleichgewicht bringen will. «Wenn man auf der einen Seite etwas gibt, muss man es auf der anderen Seite wieder zurücknehmen.»

Wieder mal nach Hause fliegen

Dass die Finanzierung der 13. Rente die Auslandschweizer:innen umtreibt, vermutet auch Rustichelli. Auch bei der Erhöhung des Rentenalters war die Zustimmung aus dem Ausland grösser als in der Schweiz. «Es könnte angenommen werden, dass die Unterstützung der Arbeit bis 66 für einige die Lösung zur Finanzierung der AHV ist.»

Neben der Finanzierung ist auch der Zeithorizont ein Thema bei den Schweizer:innen im Ausland. «Es ist unglaublich, dass die Regierung diese Entscheidung erst 2026 umsetzen will», schreibt ein französischsprachiger Auslandschweizer auf Swiss Community und auch ein anderer fragt «Warum warten bis im Dezember 2026?».

Beklagen tut sich niemand über eine zusätzliche Rente. Während es für einige finanziell keine grosse Rolle spielt, ist es für viele ein willkommener Zustupf. «Zum Beispiel, um wieder einmal nach Hause zu fliegen und Verwandte zu besuchen», sagt Josef Schnyder.

Auch Iris Weber könnte sich vorstellen, das zusätzliche Geld in einen Kurzurlaub zu investieren. «Wenn dann nach den Steuern und der Teuerung noch etwas übrigbleibt.»

Editiert von Marc Leutenegger

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