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Jugendverband baut kulturelle Brücke zwischen der Schweiz und Venedig

Bild der Luzerner Kapellbrücke in der Lagunenstadt Venedig
Was macht die Luzerner Kapellbrücke in der Lagunenstadt Venedig? tvsvizzera.it

Während der Schatten der Sparmassnahmen auf der kulturellen Präsenz der Schweiz in Venedig lastet, organisiert die italienische "Unione giovani svizzeri" eine "Artist Residency".

Was verbindet Venedig und die Schweiz, zwei Welten, die so weit voneinander entfernt zu sein scheinen? In erster Linie das Wasser, das Grün der Lagune, die nach Nordwesten blickt, und das Blau der Seen und Flüsse der Schweizer Täler zu umarmen scheint.

Auf diese Verbindung beziehen sich auch das Grün und Blau des Gemäldes von Elisabetta Agrelli, einer der Kunstschaffenden, die an der von der «Unione giovani svizzeri» (UGS) organisierten «Artist Residency» teilgenommen haben.

Vom 6. bis 8. September trafen sich im Palazzo Trevisan degli Ulivi, einem Vorposten der Schweizer Kultur in der Lagunenstadt, drei junge Kunstmalerinnen und -maler, welche die UGS ausgewählt hatte, um zum Thema «Glückliche Inseln: Venedig und die Schweiz, verbundene Welten» künstlerisch tätig zu sein.

«Wir haben die Kunstschaffenden aufgrund ihrer Herkunft ausgewählt, aber vor allem aufgrund ihrer Fähigkeit, Vielfalt und Komplementarität zum Ausdruck bringen zu können», sagt UGS-Präsident Raffaele Sermoneta. «Wir wollten interdisziplinäre Künstlerinnen und Künstler, um ein heterogenes Ergebnis zu erzielen; und das haben wir erreicht.»

Elisabetta Agrelli, geboren und aufgewachsen in Neapel, stammt aus einer Familie von Kunstschaffenden: die Grosseltern Maler, eine Kunstgiesserei in der Familie und ein Ururgrossvater, der aus Sent im Unterengadin nach Neapel auswanderte, wo alles begann.

Filippo Gori Knöpfli, dessen Vater aus der Toskana und dessen Mutter aus Winterthur stammt, besuchte die Kunstakademie in Florenz und wollte schon immer Kunstmaler werden.

Nathaniel Cartier wurde in Paris geboren, lebte im schottischen Edinburgh, verbrachte aber die meiste Zeit seines Lebens in Zug in der Schweiz.

Glückliche Inseln sind also auch diese Geschichten von Schweizerinnen und Schweizern, die anderswo leben oder geboren sind, die verschiedene Kulturen und Einflüsse in sich tragen und doch tief mit ihrem Heimatland verbunden sind.

Am Samstag, 7. September, malten sie auf den zwei Leinwänden, die ihnen in Venedig zur Verfügung standen. Agrelli und Knöpfli bevorzugten den grossen, hellen Saal des Palazzo Trevisan, von dem aus sie das Treiben der Boote und Fähren auf dem Giudecca-Kanal beobachten konnten.

Cartier stellte seine Staffelei entlang des Kanals mit Blick auf die Kirche San Trovaso auf und malte die Szene im Freien – mit einigen Passantinnen und Passanten in einem impressionistischen Gemälde.

Gemälde mit Wilhelm Tell
Auch Wilhelm Tell ist in Venedig angekommen. tvsvizzera.it

Cartiers zweites Gemälde zeigt die drei Kunstschaffenden im Saal des Palazzo Trevisan, wie sie malen, während vor ihnen der Wasserturm von Luzern am Giudecca-Kanal auftaucht, ein Spiel mit Bezügen zwischen der Schweiz und der Lagunenstadt.

In «Reflected World – Part One» verwendet Agrelli Silber, um einen Spiegel zu evozieren, der die Berglandschaft von der Lagunenlandschaft trennt, während Knöpfli auf der ersten Leinwand Wilhelm Tell mit der Schweizer Fahne in der Hand gemalt hat, der rittlings auf einer venezianischen Brücke sitzt und die Schweizer Mythologie mit der Architektur von La Serenissima verbindet.

Auf Knöpflis zweiten Bild sind zwei schwarze Silhouetten, Venedig und die Schweiz, durch ein Band (die Brücke) verbunden, während die Münder und Augen (der Schweizerinnen und der Venezianer) durch einen roten Faden im Hintergrund verbunden sind.

Am Sonntagmorgen, 8. September, stellten die Kunstschaffenden ihre Werke dem Publikum und Vertretenden der Institutionen im Rahmen einer Abschlussveranstaltung vor.

Im Publikum befanden sich auch der Honorarkonsul Leo Schubert, Nicolò Solimano, Mitglied der Schweizer Gemeinschaft in Italien und der Auslandschweizer-Organisation, sowie Jacqueline Wolf, die Koordinatorin des Palazzo Trevisan. Anschliessend wurden der Künstlerin und den Künstlern die Teilnahmezertifikate überreicht.

Das Damoklesschwert der Schliessung

Der Palazzo Trevisan war zweifellos ein wichtiger Ort für den Erfolg und die Wirksamkeit der Veranstaltung. Und es war eine gute Gelegenheit, daran zu erinnern, dass in etwas mehr als einem Jahr eines der wichtigsten Schaufenster der Schweizer Kultur im Ausland seine Türen schliessen könnte.

Bekanntlich hat die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia angekündigt, ihre Aktivitäten in Venedig ab 2026 einzustellen. Damit könnte es auch zum Verkauf des prestigeträchtigen Gebäudes kommen, das sich im Besitz der Eidgenossenschaft befindet. Dieser zweite Punkt ist jedoch weniger sicher.

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Für viele Persönlichkeiten aus Kultur und Politik wäre die Aufgabe des Palazzo durch Pro Helvetia «ein unverzeihlicher Fehler». Die Mitglieder der UGS stimmen dem zu, wenn auch mit weniger schrillen Tönen.

«Es ist ein Glücksfall, dass wir einen so schönen Raum in einem so prestigeträchtigen Viertel Venedigs zur Verfügung haben», sagt UGS-Vizepräsident Niccolò Francesco Campana. «Denn der Palazzo Trevisan ist ein Inkubator, und die hier organisierten Veranstaltungen haben eine einzigartige Ausstrahlung und Breitenwirkung.»

Übertragung aus dem Italienischen: Christian Raaflaub

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