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Marschbefehl für Drohnen – auch in der Schweizer Armee?

Drhone
Drohnen können leicht modifiziert und für militärische Zwecke angepasst werden. Im Bild: eine Drohne des Zivilschutzes Appenzell Ausserrhoden. Keystone / Gian Ehrenzeller

Im Ukrainekrieg kommen hunderttausende Drohnen zum Einsatz, die auch Privatpersonen für ein paar hundert Franken kaufen können. Leicht umgebaut und aufgerüstet, sind sie tödliche Geschosse. Es sind Waffen, die es in dieser Art noch nie in einem Krieg gab. Darauf muss die Schweizer Armee reagieren.

«Ich bin geneigt, den Begriff ‹Disruption› zu verwenden», sagt Thomas Rothacher, stellvertretender Rüstungschef beim Bundesamt für Rüstung (Armasuisse).

Er meint damit die massiven Drohneneinsätze im Ukrainekrieg und wie diese das klassische Beschaffungswesen der Armeen über den Haufen werfen.

Klar seien Drohnen fürs Militär grundsätzlich nichts Neues, so Rothacher weiter. Erste Tests mit Drohnen-Erkennungssystemen gab es bereits 2016. Aber die schiere Menge und die heftige Wirkung der Drohneneinsätze in der Ukraine habe Fachleute dennoch überrascht.

Eine Million Drohnen pro Jahr

Die Rede ist von etwa einer Million Drohnen, welche die Ukraine pro Jahr modifiziert, teilweise selber baut und einsetzt. Angesichts dieser Dimension hat Armasuisse vor kurzem eine Taskforce gebildet. Sie soll Möglichkeiten aufzeigen, wie die Schweizer Armee sicherstellen kann, dass im Konfliktfall genug eigene Drohnen zur Verfügung stehen.

Das Schweizer Drohnen- und Robotik-Zentrum des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (SDRZ VBS) unterstützt die Schweizer Armee und weitere Behörden im Umgang mit der Robotik im Sicherheitsumfeld.

Es ist die Schweizer Fachstelle für Fragen zu Drohnen- und Robotertechnologie in deren Bedeutung für die nationale Sicherheit.

Eine grosse Herausforderung, denn die kurzen Entwicklungszyklen und schnellen Innovationsschübe bei den Drohnen laufen dem klassischen, eher trägen Beschaffungswesen diametral entgegen.

«Grosse Lager mit Drohnen auf Vorrat ergeben keinen Sinn», so Rothacher. Er sieht die Lösung in der Vernetzung agiler Firmen, die Drohnen herstellen, schnell anpassen, ergänzen und verändern könnten. Dafür sei die Schweiz sehr gut gerüstet.

Drohnenland Schweiz

Im Vergleich zur Bevölkerung gibt es kaum ein Land mit derart viel Drohnen-Kompetenz. Unzählige Startups der ETH, EPFL und Universitäten sind am Start, mit hoch spezialisierten Drohnen und ausgefeilter Steuerungssoftware. Einige der Flugobjekte sind im Showroom des Schweizer Drohnen- und Robotik-Zentrums in Thun ausgestellt.

Das Drohnen-Ökosystem müsse man unbedingt in der Schweiz behalten, ist der stellvertretende Rüstungschef überzeugt. So kann man in einem Konfliktfall flexibel eigene Drohnen herstellen oder handelsübliche Drohnen auf die eigenen Bedürfnisse umprogrammieren.

Drohnen-Wissen gegen Computerchips

Ein zentrales Problem bleibt trotzdem: Keine Drohne fliegt ohne Computerchips – und keine der vielen Schweizer Drohnen Firmen kann diese Chips selber herstellen.

Eine Lösung wäre eine sogenannte Pfandstrategie, meint Rothacher: der Tausch eines Schweizer Produkts gegen Mikrochips.

Man dürfe sich aber keine Illusionen machen. Auch diese Strategie sei keine Garantie, dass man wirklich an die begehrten elektronischen Schaltkreise komme.

Man überlege sich deshalb, langlebige und frei programmierbare Chips einzulagern. Ganz gelöst ist das Problem nicht – es bleibt ein grosses Fragezeichen.

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