Schweizer:innen im Ausland: Hoffen und Warten auf E-Collecting
Schweizer Bürger:innen im Ausland wollen bei Unterschriftensammlungen einfacher teilnehmen können. Der Bundesrat sieht dafür aber wenig Handlungsbedarf. Das verrät seine Antwort auf eine entsprechende Interpellation.
Eine Interpellation Externer Link von Mitte Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter lenkt die Aufmerksamkeit auf ein Defizit im Schweizer Demokratiebetrieb.
Schweizer:innen im Ausland können theoretisch zwar mitmachen beim Erstellen von Referenden und Initiativen. In der Praxis aber gestaltet sich das Setzen seiner Unterschrift auf einen entsprechenden Sammelbogen als Hürde.
Einerseits bekommen die Schweizer:innen mit Wohnsitz im Ausland oft nicht aktiv mit, wenn in der Heimat eine Unterschriftensammlung läuft. Andrerseits bleiben das Organisieren und das Zurücksenden eines Unterschriftenbogens aus dem Ausland mit einigem Aufwand und mit Kosten verbunden.
Zusätzliche Infos in der «Schweizer Revue»
Elisabeth Schneider-Schneiter ist auch Co-Präsidentin der Parlamentarischen Gruppe Auslandschweizer und Vorstandsmitglied der Auslandschweizer-Organisation. Sie wollte darum vom Bundesrat erfahren, wie Bürger:innen im Ausland bei der Lancierung von Initiativen und Referenden besser mitmachen könnten.
In seiner Antwort von Ende November schlägt der Bundesrat nun vor, dass Informationen über hängige Volksinitiativen und Referenden in der «Schweizer Revue» publiziert werden könnten. Zudem sieht er im E-Collecting neue Möglichkeiten, «da die Unterzeichnung ortsunabhängig und ohne Rückgriff auf die lokalen Postdienstleister erfolgen könnte».
Keine Aufgabe der Auslandvertretungen
Einer Idee der Interpellantin erteilt die Landesregierung allerdings eine Absage. Schneider-Schneiter erkundigte sich auch nach der Möglichkeit, die Schweizer Konsulate und Botschaften in den Prozess einzubeziehen.
Auslandschweizer:innen könnten ihre Unterschriftenbögen ja an Schweizer Vertretungen zur Bescheinigung senden, so ihre Idee.
«Dafür wären rechtliche und organisatorische Anpassungen erforderlich», antwortet der Bundesrat. Und fügt an: «Es ist allerdings fraglich, ob die Massnahme einen messbaren Effekt auf die politische Teilnahme der Auslandschweizer:innen haben würde.»
Ausserdem schreibt der Bundesrat, dass eine Sammelfrist von 100 Tagen auch für die Teilnahme im Ausland genügen müsste.
«Dem Bundesrat fehlt der Wille»
«Ich habe diese Antwort erwartet», sagt Schneider-Schneiter dazu. «Der Wille, hier etwas zu ändern fehlt beim Bundesrat und im Parlament.» Immerhin: Die Idee zur Veröffentlichung von hängigen Initiativen und Referenden in der Schweizer Revue sei zu begrüssen.
Für Ariane Rustichelli, Direktorin der Auslandschweizer-Organisation, ist diese Massnahme auch einfach umsetzbar. Die «Schweizer Revue» fungiere bereits als amtliches Publikationsorgan des Bundes. «Es spricht also nichts dagegen, die Informationen über Referenden und Volksinitiativen in unseren Publikationen weiter zu verstärken», sagt sie.
Im Moment befasst sich eine Arbeitsgruppe der Auslandschweizer-Organisation speziell mit der Frage, wie die politische Beteiligung von Auslandschweizer:innen in der Schweiz erhöht werden könnte. «In diesem Rahmen arbeiten wir eng mit dem Aussendepartement EDA zusammen. Dieses prüft nun eine Reihe von Problemstellungen, die wir ihm unterbreitet haben», ergänzt Rustichelli.
E-Collecting braucht Geduld
In der Herbstsession wurden noch weitere Vorstösse eingereicht, die den Schweizer Bürger:innen das Unterschreiben von Volksanliegen erleichtern könnten. Zwei gleichlautende Motionen von FDPExterner Link und GrünenExterner Link verlangen eine rasche Einführung der digitalen Unterschriftensammlung. Eine weitere MotionExterner Link schlägt spezifisch einen Pilotbetrieb für E-Collecting mit der E-ID-Vertrauensinfrastruktur vor.
«Die Einführung eines E-Collecting-Systems würde es den Schweizer:innen im Ausland erlauben, Volksinitiativen und Referenden zu unterstützen, ohne dafür teure Versandkosten auf sich nehmen zu müssen», schreibt die Auslandschweizer-Organisation dazu.
Aber auch diesbezüglich zeigt sich der Bund zurückhaltend. «Es stellen sich zahlreiche Fragen, die eine staatspolitische Dimension haben», schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf erwähnte Motionen.
Seiner Ansicht nach sollen «zunächst in begrenztem Umfang Erfahrungen mit E-Collecting gesammelt werden». Dennoch hat der Bundesrat der Bundeskanzlei den Auftrag gegeben, beschränkte, praktische Versuche mit E-Collecting Externer Linkauszuarbeiten.
Festhalten am Bestehenden
Das Vertrauen der Schweizer Bevölkerung in das System der Unterschriftensammlungen wurde im September 2024 erschüttert. Eine Recherche brachte ans Licht, dass kommerzielle Unterschriftensammler in der Schweiz im grossen Stil Unterschriften gefälscht haben könnten. Man sprach vom «Unterschriften-Bschiss».
In der Folge kamen sowohl Forderungen nach der Einführung von E-Collecting sowie nach einem Verbot bezahlter Unterschriftensammlungen auf.
Mehrere Vorstösse im Parlament hat der Bundesrat inzwischen beantwortet. Wie aus seinen Antworten hervorgeht, sieht er keine Dringlichkeit, am bestehenden System etwas zu ändern. Gleichzeitig verweist er auf die Risiken der digitalen Möglichkeiten zur Partizipation.
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